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Klassifizierung Feuchttücher #28373 19.02.2020 14:20
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Claudi Online OP
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Hallo,

mir sind Hygienetücher "über den Weg gelaufen", die mit einer entzündbaren Flüssigkeit, UN 1987, 3, VG III, getränkt sind - soweit nicht ungewöhnlich.

Nun sind diese Tücher laut Sicherheitsdatenblatt auch als UN 1987 eingestuft, was mich sehr stutzig gemacht hat, denn es handelt sich um einen Feststoff und da käme z. B. UN 3175 in Frage.

Rückfrage beim Hersteller ergab folgende Aussage:

Antwort auf
Es gab eine Klärung zwischen den nationalen REACH-Helpdesks. Hier wurde auf EU Ebene abgestimmt, dass feuchte Tücher aufgrund ihrer intrinsischen Eigenschaften als Flüssigkeit zu bewerten sind. Das Tuch fungiert lediglich als Trägermaterial und ist somit als „Verpackung“ der Flüssigkeit anzusehen. Da Transportrecht und CLP auf UN-GHS basieren, sollte daher eine einheitliche Klassifizierung stattfinden. Eine Einstufung unter CLP als entzündliche Flüssigkeit, würde der Einstufung in UN 3175 als entzündbarer Feststoff wiedersprechen. Ein Produkt kann nicht gleichzeitig 2 Aggregatzustände besitzen. Dies ist auch der BAM bekannt.


Es ist ja schön und klingt auch vernünftig, gefahrstoffrechtlich nur die gefährliche Flüssigkeit zu betrachten und nicht das Tuchmaterial, aber schon die Aussage, dass das Transportrecht auf UN-GHS basiert, lässt mich zweifeln. Ich bin mir auch nicht sicher, ob man wirklich die BAM meinte oder eher die BAuA.

Im Netz findet man sehr wohl derartige Tücher als UN 3175 eingestuft. Außerdem ist es mir recht egal, ob man gefahrstoffseitig die Flüssigkeit betrachtet. Gefahrgutrechtlich ist das Produkt fest (mit ggf. flüssigen Anteilen), es ist ein Tuch, durch welches die entzündbare Flüssigkeit über eine große Oberfläche Kontakt mit Sauerstoff hat.
SV 216 beschreibt ja auch genau diesen Fall (wobei die Freistellung mit den Päckchen in meinem Fall nicht nutzbar ist).

Ist jemandem dieses Thema schon mal begegnet?

Re: Klassifizierung Feuchttücher [Re: Claudi] #28374 19.02.2020 14:35
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DJSMP Offline
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Ich führte diese Diskussion schon einmal...

Die UN 1987 ist definitiv die falsche Einstufung für das komplette getränkte Tuch. Und du hast mit UN 3175 den Finger drauf.

Nun ist fraglich, ob es für das getränkte Tuch ein SDB geben kann. Das ist ja kein gefährlicher Stoff/ gefährliche Zubereitung im Sinne der REACH VO. Demnach verält sich das ähnlich wie für Lithiumbatterien. Da muss es nach meiner Auffassung kein SDB für geben.

Wenn aber ein SDB existiert, dann muss da auch die korrekte Einstufung drin stehen. Die Herleitung, die dir genannt wurde, sind in meinen Augen Ausreden, die von Unwissenheit ablenken sollen. Erklär dem Hersteller mal, dass für UN 1987 die Verpackungsanweisung P001 /IATA 353 bzw. 355 gilt und dann bin ich auf die Herleitung der Innenverpackung gespannt. Selbst bei LQ müsste es ja eine zusammengesetzte Verpackung sein.

Eine Einstufung als UN 1987 ist, diplomatisch formuliert, mehr als unklug. Bei einer Einstufung der Putztücher als UN 3175 schaust du kurz in SV 216 ADR bzw. A46 IATA und schlägst alle Bücher zu.

"Dicht verschlossene Päckchen und Gegenstände, die weniger als 10 ml eines in einem festen Stoff absorbierten entzündbaren flüssigen Stoffes der Verpackungsgruppe II oder III enthalten, unterliegen nicht den Vorschriften des ADR/RID, vorausgesetzt, das Päckchen oder der Gegenstand enthält keine freie Flüssigkeit."

"Kleine Innenverpackungen, die dichte Päckchen und Gegenstände mit weniger als 10 mL einer entzündbaren Flüssigkeit der Verpackungsgruppe II oder III aufgesaugt in einem festen Stoff enthalten, unterliegen nicht diesen Vorschriften vorausgesetzt, dass sich keine freie Flüssigkeit in den Päckchen befindet."

Edit: Ich sehe gerade, dass du die Sondervorschriften ja bereits erwähnt hattest. wink

Zuletzt bearbeitet von DJSMP; 19.02.2020 14:36.
Re: Klassifizierung Feuchttücher [Re: DJSMP] #28376 19.02.2020 14:44
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Claudi Online OP
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Als Innenverpackungen würden sie die Dose oder die "Plastiktasche (Spender)" betrachten, in der die Tücher halt verpackt sind.

Ich habe ihnen jetzt mal die Klassifizierung Klasse 3 und Definition von flüssig genannt, vielleicht hilft es was. Die Freistellung aus SV216 habe ich gar nicht so im Auge, weil die zwar bei einzelnen Päckchen zutrifft (Erfrischungstücher) aber bei Reinigungstüchern in Spenderboxen/ Spenderbeuteln eher nicht, da dort in Summe sicher >10 ml Flüssigkeit aufgesogen sind.

Am Ende läuft es in meinem Fall sowieso auf LQ raus, egal wie man klassifiziert, aber irgendwie wäre es schon gut, wenn auch das SDB richtig wäre.

Re: Klassifizierung Feuchttücher [Re: Claudi] #28377 19.02.2020 14:58
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M.A.T. Online
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Hallo, meine Stimme für 3175.
Eine Frage zu der behaupteten Abstimmung zwischen Helpdesks, unabhängig davon, daß das m.E. für Gefahrgut keine Relevanz hat: Ist das irgendwo dokumentiert, oder gibt es eine Quellenangabe dafür, so daß man nachlesen kann?
Bei der dt. Seite gibt es unter anderem eine Leitlinie, die auf Seite 84 das Thema anreißt und auf S. 89 ein paar Antworten gibt. Natürlich nicht zur Gefahrguteinstufung. Solche Feuchttücher werden wenig überraschend als Kombi aus Erzeugnis und Stoff angesehen.
Gruß
M.A.T.

Re: Klassifizierung Feuchttücher [Re: Claudi] #28378 19.02.2020 15:08
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Hallo Claudi,

Antwort auf
Ist jemandem dieses Thema schon mal begegnet?


jep, ich kenne für solche Tücher auch nur die UN 3175 als richtige Einstufung, da ansonsten der Klassifizierungscode ja gar nicht passt... Für das Umgangsrecht mag es ausreichend sein, zu wissen welcher Stoff aufgesogen wurde, im Transportrecht reicht das aber nicht.

Genau dieser Fall ist auch einem Gefahrgutkollegen eines großen Pharmakonzerns untergekommen und wird von ihm seitdem auch in Schulungen gebracht. Er hat sich für seinen Transport vom Hersteller der Tücher letztlich schwarz auf weiß geben lassen, wieviel Isopropanol (in seinem Fall) jeweils in den Innenverpackungen enthalten ist (Es waren ca. 380 ml Isopropanol und 160 ml Wasser, also weit mehr als 10 ml...).

LQ bietet sich hier an.

Grüße
Phil

Re: Klassifizierung Feuchttücher [Re: Claudi] #28384 19.02.2020 18:02
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DJSMP Offline
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Ursprünglich geschrieben von: Claudi
Als Innenverpackungen würden sie die Dose oder die "Plastiktasche (Spender)" betrachten, in der die Tücher halt verpackt sind.

Ich habe ihnen jetzt mal die Klassifizierung Klasse 3 und Definition von flüssig genannt, vielleicht hilft es was. Die Freistellung aus SV216 habe ich gar nicht so im Auge, weil die zwar bei einzelnen Päckchen zutrifft (Erfrischungstücher) aber bei Reinigungstüchern in Spenderboxen/ Spenderbeuteln eher nicht, da dort in Summe sicher >10 ml Flüssigkeit aufgesogen sind.

Am Ende läuft es in meinem Fall sowieso auf LQ raus, egal wie man klassifiziert, aber irgendwie wäre es schon gut, wenn auch das SDB richtig wäre.


Es geht meiner Meinung nach nicht als UN 1987. Die Verpackungsanweisungen P001 ADR /IATA 353 bzw. 355 und auch die LQ Menge 1L bzw. 5 L behandeln, wie Flüssigkeiten umschlossen werden, nicht Tücher, an denen die Flüssigkeiten anhaften. Zudem heisst die Einstufung UN 1987 "ALKOHOLE..". und nicht "PUTZTÜCHER MIT ANHAFTENDEN ALKOHOLEN". Grundlage der Klassifizierung: Es ist die Benennung zu verwenden, die das Gefahrgut am genauesten beschreibt. Das ist mit einer Eintragung für reine Flüssigkeiten nicht gegeben. Und wie beschrieben passt auch der Klassifizierungscode nicht.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Barbara_Salesch
"Sie dürfen nichts hinzu dichten und nichts weg lassen."
Spaß wink

Wenn die in den Sondervorschriften genannten Mengen überschritten sind, wäre mein Vorschlag ebenfalls LQ.

Re: Klassifizierung Feuchttücher [Re: DJSMP] #28385 19.02.2020 19:18
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Claudi Online OP
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Rumm wie numm ist es LQ, daher ist es eher eine akademische Diskussion, ob man nun so oder so einstuft.


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