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AVV 120118 ein Gefahrgut?

Geschrieben von: Biorta

AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 10:43

Hallo alle zusammen,
ich bin neu hier bei euch, und muss mich erst mal in alles reinfinden :-)
Ich habe aber bereits schon eine Frage. Es handelt sich um ölhaltige Metallschlämme ohne Vlies, AVV 120118
Ist dieser Abfall ein Gefahrgut oder nicht. Ich habe beides schon gehört.
Im Beförderungspapier ist die UN 3175, Abfall feste Stoffe, N.A.G
Nun sagte mir der Fahrer der das Material bei uns abholt, ich solle den Text noch ergänzen mit ABFALL NACH 2.1.3.5.5
Das Problem ist, jeder Fahrer der kommt erzählt was anderes.
Kann einer von euch Licht ins Dunkle bringen und mir weiter helfen?

Grüße
Biorta
Geschrieben von: M.A.T.

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 10:51

Grüß Gott und willkommen in den Foren.
Zum Abfall kann man generell sagen, daß ein Schluß von Schlüsselnummer auf Gefahrguteinstufung nicht machbar ist. Die Schlüsselnummern bezeichnen die Herkunft, die GG-Klassifizierung die Gefahren beim Transport.
Ob die UN 3175 zutrifft kann nur entschieden werden, wenn der Abfall nach Teil 2 ADR eingestuft wird. Mit den Angaben, die Sie hier machen, ist eine Klassifizierung nicht durchführbar.
Der Hinweis des Fahrers ist korrekt; siehe 2.1.3.5.5 und dort den Verlagshinweis auf 5.4.1.1.3 ADR.
Kleiner Hinweis: schauen Sie mal, ob Ihre Mengen/Umschließungen evtl. die Anwendung von GGAV 20 ermöglichen.
Gruß
M.A.T.
Geschrieben von: ATHI

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 11:07

Moin,
der Abfall wird bestimmt in Containern oder Mulden transportiert, richtig? Dann fällt die Ausnahme 20 raus. In den meisten ölhaltigen Metallschlämmen sind ja diverse Öle und Zusatzstoffe, Schmiermittel u.ä. mit drin. So dass der Abfall zumindest als umweltgefährdend eingestuft werden müsste. Dazu müsste man sich erstmal alle Sicherheitsdatenblätter der eingesetzten Stoffe raussuchen und durchgucken. Meistens reicht das schon aus. Eine Analyse und Prüfung steht meist in keinem Wirtschaftlichen Verhältnis, dann lieber auf Nummer Sicher gehen und als Gefahrgut einstufen.
Geschrieben von: M.A.T.

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 11:16

Ursprünglich geschrieben von: ATHI
Moin,
der Abfall wird bestimmt in Containern oder Mulden transportiert, richtig? Dann fällt die Ausnahme 20 raus. In den meisten ölhaltigen Metallschlämmen sind ja diverse Öle und Zusatzstoffe, Schmiermittel u.ä. mit drin. So dass der Abfall zumindest als umweltgefährdend eingestuft werden müsste. Dazu müsste man sich erstmal alle Sicherheitsdatenblätter der eingesetzten Stoffe raussuchen und durchgucken. Meistens reicht das schon aus. Eine Analyse und Prüfung steht meist in keinem Wirtschaftlichen Verhältnis, dann lieber auf Nummer Sicher gehen und als Gefahrgut einstufen.


Sehe ich genauso. Für Umweltgefährdung kann evtl. auch die Einstufung als WGK von Ausgangsstoffen als Argumentationshilfe herangezogen werden. Vielleicht bringt auch eine Anfrage bei der nach Landesrecht zuständigen Sammelstelle / Entsorger etwas; die haben in der Regel einen guten Überblick, welche Abfälle wie eingestuft sind.
Eine Umweltgefährdung (UN 3077/3082) ist aber nur dann als Klassifizierung ausreichend, wenn keine Gefahren der Klassen 1 bis 8 vorliegen; ansonsten ist es eine Zusatzangabe.
Gruß
M.A.T.
Geschrieben von: Claudi

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 11:18

Es könnte, wenn nicht UN3175, auch UN3077 zutreffen. Schau mal in 2.1.3.5.5 ADR. Wenn man mittels 2.1.3.5.5 ADR klassifiziert (also so gut es geht anhand der Eigenschaften), dann hat der Fahrer recht und im Bef.Papier muss "ABFALL NACH ABSATZ 2.1.3.5.5" dem Gefahrgutdatensatz hinten angehängt werden - dafür lässt man bei n.a.g.-Eintragungen den/ die Gefahrenauslöser weg, da man die ja nicht genau kennt... würde man sie genau kennen, würde man nach denen klassifizieren und nicht nach 2.1.3.5.5 ADR.

Auf Eigenschaften der Klasse 4.1 kann man testen lassen, d.h. wenn der Abfall immer gleichartig zusammengesetzt ist, lohnt sich das und man diesbezüglich Klarheit. Ich hatte auch schon mit solchen Abfällen zu tun, die selbsterhitzungsfähig waren, allerdings in Verbindung mit Vlies bzw. sehr feinen Spänen, fast staubartig.
Das könnte man mal vor Beförderung mittels Temperaturmessung beobachten - wird das Material warm?

Umweltgefährdung analysieren zu lassen ist wohl ziemlich teuer (hörte ich), daher im Zweifel lieber UN3077. Es gibt Containermulden mit Ablaufhahn am Boden, so dass man abtropfendes Öl/ Flüssigkeit vor Beförderung ablassen kann (natürlich auffangen, fachgerecht entsorgen, AwSV einhalten etc.).





Geschrieben von: ATHI

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 11:54

Ursprünglich geschrieben von: Claudi


Umweltgefährdung analysieren zu lassen ist wohl ziemlich teuer (hörte ich), daher im Zweifel lieber UN3077. Es gibt Containermulden mit Ablaufhahn am Boden, so dass man abtropfendes Öl/ Flüssigkeit vor Beförderung ablassen kann (natürlich auffangen, fachgerecht entsorgen, AwSV einhalten etc.).



ich wollte vor 3 Jahren eine Spülflüssigkeit die relative geringe Anteile hatte von gefahrgutrelevanten Stoffen oxidierend, ätzend und umweltgefährdend) von einem Labor einschätzen lassen.
oxidierend = 2.400€ , ätzend = 1440€, umweltgefährdende Eigenschaft 12.400,00€
Geschrieben von: M.A.T.

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 12:19

Ursprünglich geschrieben von: ATHI

oxidierend = 2.400€ , ätzend = 1440€, umweltgefährdende Eigenschaft 12.400,00€


Hallo, ATHI,
ein durchgreifendes Argument für vorsorglich-pragmatische Einstufung. Danke!
Gruß
M.A.T.
Geschrieben von: Biorta

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 12:20

Hallo,
vielen Dank für die vielen Hinweise. Da das Material tatsächlich in Mulden verladen wird,
werde ich es wirklich lieber als Gefahrgut laufen lassen.
Eine Analyse zu erstellen macht in meinen Augen keinen Sinn, da wir von mehreren Kunden
das Material erhalten, und da die Mischung immer unterschiedlich ist.

Danke, ihr habt mir sehr geholfen

Gruß
Biorta
Geschrieben von: Claudi

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 23.11.2022 12:23

Ursprünglich geschrieben von: ATHI


ich wollte vor 3 Jahren eine Spülflüssigkeit die relative geringe Anteile hatte von gefahrgutrelevanten Stoffen oxidierend, ätzend und umweltgefährdend) von einem Labor einschätzen lassen.
oxidierend = 2.400€ , ätzend = 1440€, umweltgefährdende Eigenschaft 12.400,00€




In meinem Umfeld geisterte für Umweltgefährdung auch immer ein Betrag um 10.000 € herum - danke für die "Hausnummern", sehr interessant.
Geschrieben von: Ste_Ze

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 25.11.2022 10:38

Hallo an alle,

auch ich bin neu in meinen Ämtern als GB sowie Betriebsbeauftragter für Abfall. Ins kalte Wasser geworfen hinterfrage auch ich gerade, ob Metallschlämme bei uns als Gefahrgut versendet werden müssen. Sie werden grundsätzlich als Gefahrgut transportiert. Aus wirtschaftlicher Sicht dürfte der Preisunterschied zwischen Gefahrguttransport und normalem Transport jedoch nicht ganz unrelevant sein, oder? Wenn ich hier allerdings sehe, dass eine Analyse auf eine Konzentration umweltgefährdender Stoffe u.U. >10TEUR kostet, frage ich mich natürlich, wie oft ich da einen LKW mit orangefarbener Tafel z.B. von Freiburg nach Werfen/Österreich schicken kann. Hat jemand eine grobe Hausnummer, oder muss ich da unseren Einkauf verrückt machen? So ein Transport kommt bei uns nur sehr selten vor, genaugenommen ca. 1x pro Quartal.

Grüße Ste_Ze
Geschrieben von: ATHI

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 25.11.2022 11:39

Moin, Ihr habt ja anscheinend einen bestehenden Entsorgungsweg. Und ob der Transporteuer das nun als Gefahrgut fährt oder nicht wird sich für ihn kostentechnisch nicht großartig auswirken, es sei denn er muß einen riesigen Umweg fahren weil er irgendwelche Tunnel meiden muß. Und einen anderen Transporteur einsetzen, der vllt. ein bißchen günstiger ist...halte ich für sinnlos. Bei der Strecke sind das vllt. 200-300€ (vllt auch nicht). Auf die Tonne runtergebrochen wirkt sich das nicht viel aus, vor allem bei 4 Fahrten im Jahr. Wenns gut läuft würde ich da nicht dran drehen.
Geschrieben von: Claudi

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 25.11.2022 12:35

Grenzüberschreitende Abfallverbringung?
Ist das formell geklärt - gefährlicher Abfall wird es vermutlich sein, Notifizierungsverfahren - gibt es das oder wurde das mal hinterfragt?
Geschrieben von: DJSMP

Re: AVV 120118 ein Gefahrgut? - 28.11.2022 09:03

Ursprünglich geschrieben von: Biorta
Hallo alle zusammen,
ich bin neu hier bei euch, und muss mich erst mal in alles reinfinden :-)
Ich habe aber bereits schon eine Frage. Es handelt sich um ölhaltige Metallschlämme ohne Vlies, AVV 120118
Ist dieser Abfall ein Gefahrgut oder nicht. Ich habe beides schon gehört.
Im Beförderungspapier ist die UN 3175, Abfall feste Stoffe, N.A.G
Nun sagte mir der Fahrer der das Material bei uns abholt, ich solle den Text noch ergänzen mit ABFALL NACH 2.1.3.5.5
Das Problem ist, jeder Fahrer der kommt erzählt was anderes.
Kann einer von euch Licht ins Dunkle bringen und mir weiter helfen?

Grüße
Biorta


Hallo zusammen, wenn ich den Faden richtig lese, dann ging es ursprünglich um zwei Gefahrgutfragen, nämlich ob
- die UN 3175 für ölhaltige Metallschlämme unter AVV 120118* (ölhaltige Metallschlämme (Schleif-, Hon- und Läppschlämme) korrekt ist und
- der Eintrag "ABFALL NACH 2.1.3.5.5" nun ins Beförderungspapier muss oder nicht

Als erstes möchte ich vorweg schicken, dass wir von hier aus nur Vermutungen anstellen können. Letztlich ist das Unternehmen des Threaderstellers für die Klassifizierung verantwortlich, nicht der Entsorger/Beförderer. Das Unternehmens des Threaderstellers ist abfallrechtlich Abfallerzeuger und gefahrgutrechtlich Auftraggeber des Absenders oder Absender (je nach Handhabung durch den Entsorger ;-)). SOmit besteht die Pflicht der Deklaration/Klassifizierung bei diesem Unternehmen. Und da hat der Fahrzeugführer erstmal gar nichts damit zu schaffen. Die Grundfrage ist also: Sind die Mitarbeiter des Unternehmens ausreichend geschult, um eine solche Klassifizierung (ggf. in Abstimmung mit dem Entsorger) vornehmen zu können oder nicht und ist bekannt, was 2.1.3.5.5 überhaupt bedeutet? Die Art der Fragestellung nährte da Zweifel in mir.

Ob man nun als UN 3175 einstuft oder doch als UN 3077 hängt von den Eigenschaften des Schlamms (Viskosität,...) ab. Am Ende ist es "nur" ein Abfall und da wird bei der Klassifizierung viel Schindluder getrieben (was mir der Hinweis auf 2.1.3.5.5 auch schon wieder bestätigt). EIne Einschätzung kann nur das Unternehmen des Threaderstellers vornehmen, Hierzu kann man natürlich den Input des Entsorgers dazu nehmen.

Genauso verhält es sich bei der Frage, ob man nun den Schlamm als "Zusammensetzung nicht genau bekannt" deklariert und den 2.1.3.5.5 nutzt oder nicht. Das entscheidet nicht der Fahrzeugführer. Das entscheidet der Absender. Und der einleitende Satz in 2.1.3.5.5 kling mir nicht so, dass der Entsorger hier als Absender auftreten soll. Denn der hat die Daten ja gar nicht. Aus der Praxis kann ich sagen, dass mich der Eintrag "ABFALL NACH 2.1.3.5.5" eigentlich bei jeder Überwachung mit Gefahrgut-Abfällen anlächelt, obwohl die Zusammensetzung sehr sicher bekannt ist. Da muss dann jeder selbst entscheiden, ob da interveniert wird oder nicht. Ich lasse es meistens laufen. Wie gesagt: Am Ende ist es "nur" Abfall. Und das höhere Gefahrenniveau mit VG II und der fehlende technische Name machen das in meinen Augen nicht unsicherer. Da ist die richtige UN-Nummer und Benennung das Maß der Dinge.
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