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kombinierte Ladung bei Tankzug

Geschrieben von: rondennis

kombinierte Ladung bei Tankzug - 01.09.2015 10:54

Hallo liebes Forum
Folgender Fall trug sich die Tage bei uns zu:
Es sollten zwei flüssige Materialien in einen Tankzug mit mehreren Kammern verladen werden, wovon ein Material ein Gefahrgut (Kl.8) ist, beim zweiten Material handelt es sich nicht um Gefahrgut. Es standen 3 Kammern zur Verfügung, zwei kleinere für das Gefahrgut, die größere für das Nicht-Gefahrgut.
Aufgrund des vorgeschriebenen Füllgrads (max. 20%/min. 80% > 7500 ltr.) und der angeforderten Menge kam es zu einer unglücklichen Konstellation, zu der die Frage auftauchte: Darf das Nicht-Gefahrgut in eine Kammer > 7500 ltr. verladen werden ohne das der Füllgrad eingehalten werden muss?
Hierfür ließ sich gemeinsam mit unserem Gefahrgutbeauftragten keine Vorschrift auf die Schnelle aus der ADR herauslesen.
Meiner Meinung nach muss bei einem Gefahrguttransport immer der Füllgrad eingehalten werden, auch wenn es sich bei dem zusätzlich zu befüllenden Material um ein Nicht-Gefahrgut handelt.
Durch die Vorschrift zur Einhaltung des Füllgrads will man doch ein unerwünschtes Schaukeln des Fahrzeugs vermeiden.
Die kombinierte Verladung habe ich trotz Einwands des Spediteurs aufgrund des "gesunden Menschenverstands" abgelehnt.
Wie seht ihr das?
Gibt es für einen solchen Fall eine Rechtsvorschrift oder ähnliches auf das man sich künftig berufen kann?
Gruß r.
Geschrieben von: Gerald

Re: kombinierte Ladung bei Tankzug - 01.09.2015 18:30

Hallo rondennis,

Antwort auf
zwei flüssige Materialien in einen Tankzug mit mehreren Kammern verladen werden, wovon ein Material ein Gefahrgut (Kl.8) ist


Ich gehe mal davon aus, das der Tankzug im kennzeichnungspflichtigen Bereich war, und damit kommt für mich das ADR zur Anwendung.

Antwort auf
Aufgrund des vorgeschriebenen Füllgrads (max. 20%/min. 80% > 7500 ltr.)


Die steht unter Absatz 4.3.2.2.4 und zwar: "Stoffen in flüssigem Zustand ..., die nicht durch Trenn- oder Schwallwände in Abschnitte von höchstens 7500 l Fassungsraum unterteilt sind, müssen entweder zu mindestens 80 % oder höchstens 20 % ihres Fassungsraums gefüllt sein."

Das Problem ist doch, das in dem Tankfahrzeug mit Kammern größer 7500 L ohne Trenn- oder Schwallwände ein Fassungsraum zwischen 20% und 80% nicht gestattet ist. Denn gerade bei halbvollen Kammern, kann der Schwall das Fahrzeug zum Kippen bringen. Und das Besonders bei Kurvenfahrten, denn hier wirken die Flieh- oder Zentrifugalkraft, und dann kommt die Flüssigkeit schnell über die Kippkante und das war es dann.

Dabei spielt es keine Rolle ob es Gefahrgut oder kein Gefahrgut ist, die Kräfte sind die Gleichen.

In Euren Fall greift das ADR, wenn Ihr Kennzeichnungspflichtig seid. Und wenn Ihr die Kammer größer 7500l (ohne Schwall- bzw. Trennwand) eben nur bis zur Hälfte befüllt, dann kann es zum Unfall kommen. Es geht in Deinem Fall nicht ob oder ob nicht Gefahrgut, sondern um die Flüssigkeit.
Geschrieben von: Hunter

Re: kombinierte Ladung bei Tankzug - 02.09.2015 08:13

Habe mal im Internet ein bisschen gesucht und eine BGI 857 dazu gefunden. Web Seite

Denke das Trifft es.
Geschrieben von: rondennis

Re: kombinierte Ladung bei Tankzug - 02.09.2015 10:32

Hallo Gerald,
Vielen Dank für deine Erläuterung. Dies bestärkt meine Meinung, das dieser angestrebte Transport nicht stattfinden durfte. Ein Schwappen der halbvollen Kammer würde unweigerlich zur Gefährdung des kennzeichnungspflichtigen Transports führen. Die Physik kennt da keine Unterschiede.

Vielleicht nochmal zur Verdeutlichung des Vorgangs:
Kammer 1+2 kennzeichnungspflichtig Klasse 8 (nach Vorschrift geladen)
Kammer 3 nicht kennzeichnungspflichtig (wäre nur halbvoll geworden)

Bei einem kompletten nicht kennzeichnungspflichtigen Transport darf ich die Kammern so füllen wie es der Fahrer toleriert; aber halt nicht bei einem Transport bei dem ein Gefahrgut zusätzlich transportiert wird.

Leider sind hier Kollegen im Werk die einen Glauben machen wollen, das (bezogen auf den obigen Fall) die nicht kennzeichnungspflichtige Kammer gefüllt werden darf wie man möchte. Diese Kollegen beziehen sich darauf, das es sich hier nicht um ein Gefahrgut handelt und daher die ADR 4.3.2.2.4. keine Anwendung findet.
Sie lassen meiner Meinung nach völlig außer acht, das man hier in diesem Fall immer den gesamten Transport zu beachten hat.
Für mich wichtig für die interne "Überzeugungsarbeit" ist dein erster Satz:
Antwort auf
Ich gehe mal davon aus, das der Tankzug im kennzeichnungspflichtigen Bereich war, und damit kommt für mich das ADR zur Anwendung.

Und genau darum geht es: Durch die Beladung mit einem Gefahrgut wurde der Transport kennzeichnungspflichtig; daher muss die ADR für diesen Transport angewendet werden.

Gruß r.
Geschrieben von: Gerald

Re: kombinierte Ladung bei Tankzug - 02.09.2015 18:33

Hallo Ullrich,

Antwort auf
eine BGI 857 dazu gefunden.


Diese Information ist leider aus dem Jahr 2003 und dürfte so nicht mehr ganz Zeitgemäß sein. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/frown.gif" alt="" />

Aber unter dem Link http://www.mwv.de/upload/Gefahrgut/Freies_Exemplar_Fahrerhandbuch_DE_Retail_kN0wGQ9b8J67BKW.pdf findest Du ein Handbuch für Tankwagenfahrer in Deutschland Mineralölwirtschaftsverband Deutschland, in welchem auf Seite 20 unter der Ziffer 11, was zu diesem Thema steht.

Dann stehen noch Hinweise in der TRGS 509, 720 und 751, denn die TRbF wurde durch die BetrSichV §27 (4) aufgehoben.

Weitere Hinweise sind in der Technische Regel wassergefährdender Stoffe (TRwS) 791 Teil 1 Anhang C.
Geschrieben von: King_Louie_21

Re: kombinierte Ladung bei Tankzug - 03.09.2015 05:15

Antwort auf
Bei einem kompletten nicht kennzeichnungspflichtigen Transport darf ich die Kammern so füllen wie es der Fahrer toleriert; aber halt nicht bei einem Transport bei dem ein Gefahrgut zusätzlich transportiert wird.
Hallo RonDennis,

auch diese Aussage halte ich für etwas gewagt. Es ist allgemein anerkannter Stand der Ladungssicherung, dass Tanks mit zu mindestens 80% gefüllt sein sollten bzw. weniger als 20% Flüssigkeit enthalten sollten. Siehe hierzu z.B. Abschnitt 5.1.1 im neuen CTU-Code. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Gefahrgut handelt oder nicht. Bei Füllungsgraden zwischen 20% und 80% würde ich vom Tankbetreiber/Beförderer/Befüller ein Gutachten fordern, aus dem hervorgeht, dass derartige Füllungsgrade unter normalen Beförderungsbedingungen nicht zu gefährlichen Zuständen führen, die Einfluss auf die Stabliltät haben. Ein Umkippen des Fahrzeugs durch Verlagerung des Schwerpunkts aufgrund von Schwallbewegungen der Flüssigkeit muss immer ausgeschlossen sein.

Selbst wenn das Gefahrgutrecht nicht greift, so gelten dennoch die Ladungssicherungsvorschriften der Straßenverkehrsordnung.

Schöne Grüße.
Geschrieben von: rondennis

Re: kombinierte Ladung bei Tankzug - 03.09.2015 05:35

Hallo King_Louie,

Danke für deine Hinweise.
Diese werde ich mal mit den geeigneten Stellen bei uns im Werk ansprechen.
Mit der Hilfe aus diesem Forum sind wir auf jeden Fall eine Schritt weiter.
Gruß r.
Geschrieben von: Hunter

Re: kombinierte Ladung bei Tankzug - 03.09.2015 06:01

Danke Gerald <img src="/ubbthreads/images/graemlins/wink.gif" alt="" />
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