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Propangastank

Geschrieben von: Galvaniseuse

Propangastank - 19.12.2018 15:43

Hallo liebe Gefahrgutbeauftragte,
ich habe folgendes Problem:
Mein Kunde hat einen gemieteten Propangastank (4.000 L) auf seinem Gelände stehen, der 1 x monatlich von einem namhaften Lieferanten automatisch befüllt wird. Ich habe jetzt für die Pflicht als Empfänger einen einfachen Sicherungsplan erstellt (ja, ich habe hier schon gelesen, das einige meinen, man müsste dann keinen erstellen, allerdings steht mein Kunde im Lieferschein als Empfänger und ich denke darüber ist er dann auch drin).
Ich habe dann beim Lieferanten angefragt, ob sie auch einen Sicherungsplan haben und wurde fast ausgelacht dafür. Davon hätte er ja noch nie etwas gehört.
Und jetzt bin ich echt irritiert, weil er, wie gesagt ein namhafter Lieferant ist und ich, in meiner Naivität :-), davon ausgehe, das große Firmen da auch entsprechend gut beraten werden und den Vorschriften entsprechend handeln! (OK, ein bischen auf den Boden der Tatsachen hat mich der Lieferschein gebracht, auf dem zwar Propan, bzw. Treibgas steht, aber mit keinem Wort Gefahrgut erwähnt wird, geschweige denn eine UN-Nummer!)
Ich seh das doch nicht falsch, das zumindest der Lieferant auf jeden Fall einen Sicherungsplan benötigt? Propan fällt doch unter Kapitel 1.10, oder nicht?!
Geschrieben von: Wolfgang

Re: Propangastank - 19.12.2018 16:22

Hallo Gefahrgutkollegen/innen,

Im vorliegenden Beispiel sehe ich die Kriterien für die Pflicht zur Erstellung eines Sicherungsplans nach 1.10 ADR sowohl beim Beförderer als auch beim Empfänger als erfüllt.
Man kann sich kaum vorstellen, wie viele gewerbliche Empfänger diese Thematik eigentlich betrifft. Aber wie dargestellt, scheint ja der Beförderer auch keine Kenntnis von seiner Verpflichtung zur Erstellung des Sicherungsplans zu besitzen. Gerne würde ich andere Meinungen dazu hören.

Freundliche Grüße

Wolfgang
Geschrieben von: Udo Freitag

Re: Propangastank - 19.12.2018 17:50

Hallo,

ich bin ganz bei Dir Wollgang. Sowohl der Beförderer (Entlader) als auch der Empfänger müssen einen Sicherungsplan erstellen. Gemäß der Tabelle in 1.10.3 ADR sind entzündbare Gase mit nur dem Klassifizierungscode F in Tanks mit mehr als 3000 Liter Inhalt Gefahrgüter mit hohem Gefahrenpotenzial. Ein nicht erstellter Sicherungsplan wird mit 500€ Geldbuße bedacht.

Gruß

Udo
Geschrieben von: M.A.T.

Re: Propangastank - 21.12.2018 13:41

Hallo, Galvaniseuse (schöner Nick),
ich stimme Wolfgang und Udo Freitag absolut zu, mit UN 1965.
Zur Ausgangslage möchte ich bemerken, daß nach meinen Erfahrungen auch Namhaftigkeit nicht vor GG-Unwissen schützt. Da kennen wir alle wohl Beispiele. Speziell im Bereich Sicherung scheint mir ohnehin, daß in D zwischen Vorschriftenanspruch und gelebter (auch Kontroll-)Praxis eine wahrnehmbare Diskrepanz besteht. Die mag einen Grund in der Wahrnehmung der tatsächlichen Gefährdungslage haben.
Ganz ähnlich auch bei Fahrwegbestimmungen der Klasse 1, nur mal so nebenbei bemerkt, seit 2017.
Schöner Gruß
M.A.T.
Geschrieben von: Galvaniseuse

Re: Propangastank - 03.01.2019 08:19

Vielen Dank für eure hilfreichen Antworten!

Dann bin ich ja beruhigt, das ich nicht auf dem falschen Dampfer bin! laugh

Ich wünsche euch allen ein gutes, erfolgreiches und vor allem gesundes neues Jahr!

@M.A.T.: Danke! Bin gelernte Galvaniseurin und das hat damals ein Freund gesagt, als ich erklärt habe, was ich mache! grin
Geschrieben von: DJSMP

Re: Propangastank - 04.01.2019 08:15

Ein breites Thema, an dem wir uns bisher die Zähne ausgebissen und keine Lösung gefunden haben.

Ein paar Stichpunkte:
- Die Gaslieferanten ignorieren die Thematik und behindern unsere Umsetzung der Vorschriften für die Sicherung.
- Neben dem BMVI ist bei der Sicherheit ein zweites Ministerium, nämlich das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, involviert.
- Bis vor kurzem wusste das eine Ministerium nicht, was das andere tat.
- Unternehmen mit einem Sicherungsplan gelten als eine "lebenswichtige Einrichtung" im Sinne des §11 Sicherheitsüberprüfungsverordnung (SÜFV) / §1 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG).
- Damit gilt in einem Unternehmen mit Sicherungsplan nach 1.10.3.2 ADR als "lebenswichtige Einrichtung" die Pflicht, einen vobeugenden Sabotageschutz vorzunehmen.
- Es muss unter anderem ein Sabotageschutzbeauftragter bestellt werden.
- Ähnlich wie im Luftverkehr muss Personal, welches Sicherungspläne erstellt oder Vollzugriff auf Sicherungspläne hat, sicherheitsüberprüft sein (Überprüfungen aus dem Luftverkehr werden anerkannt).
- In einem Schreiben, welches wir vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erhielten, werden zwei Fälle diskutiert.

Fall 1: Gastank ist eine eigene Anlage des beliefernden Gasunternehmens. Hier wird davon gesprochen, dass das Gasunternehmen als Empfänger auftritt. Voraussetzung sei, dass das Gasunternehmen unbeschränktes Zutrittsrecht zu seiner Anlage hat. Damit wäre das vebrauchende Unternehmen aus der Pflicht zur Erstellung des Sicherungsplanes raus.

Fall 2: Empfänger ist das verbrauchende Unternehmen mit eigenen Lagertanks. Damit wäre das Unternehmen im Sicherungsplan drin.

Problem bei unseren Kunden: Eigentlich trifft mehrheitlich Fall 1 zu. Der Fahrer hat einen Schlüssel. Teilweise wird nachts geliefert, also außerhalb der Geschäftszeiten. Aber in den Lieferpapieren, die als ADR-Beförderungspapiere eingesetzt werden, steht das verbrauchende Unternehmen als Empfänger drin. An der Stelle sind wir bisher gescheitert und kommen nicht weiter. Mit keinem Gastransportunternehmen konnte bisher eine zufriedenstellende Lösung erzielt werden. Man ignoriert in der Branche diesen Sachverhalt genauso wie die in Anlage 2 der GGVSEB geforderte Einweisung des Fahrzeugführers in die Tankanlage.

Fazit: Die Einführung des Sicherungsplans (die nur im ADR/RID verbindlich gefordert ist; im IMDG-Code und in den ICAO T.I./IATA-DGR steht ein "sollte") ist in meinen Augen die sinnloseste Vorschrift, die je im Gefahrgutrecht eingeführt wurde. Die Vorschrift wird in der Praxis nach unseren Erfahrungen nicht gelebt. Sie Sicherungspläne sind mehrheitlich das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Das für Gefahrgut zuständige Ministerium wusste jahrelang nicht, dass die Erstellung eines Sicherungsplans zusätzliche Maßnahmen über SÜG /SÜFV nach sich ziehen. Auch der Mehrheit der Sicherungsplanpflichtigen Unternehmen scheint dieser Sachverhalt vollkommen unbekannt zu sein. Bei der Belieferung von Lagertanks durch Gasunternehmen wird die Thematik nach unseren Erfahrungen komplett ignoriert.

Ich würde mich freuen, wenn jemand weiter gekommen ist und uns an seinen Erfahrungen teilhaben lassen würde.
Geschrieben von: Galvaniseuse

Re: Propangastank - 04.01.2019 17:00

Hallo DJSMP,

bei meinem Kunden ist eben genau das Problem. Tank gehört Lieferant, unbeschränkter Zugang, aber im Papier steht als Empfänger mein Kunde.
Deshalb habe ich als Sicherungsplan aufgenommen, was da ist. Sie werden vielleicht noch ein paar organisatorische Änderungen einführen, aber wenn ich sage, dass die Mitarbeiter nach SÜG überprüft werden müssen, keine Chance.
Der gehört dann auch in die Kategorie "das Papier nicht wert auf dem er steht", aber meine Erfahrung ist, das es besser ist, wenn man etwas vorzuweisen hat, als nichts zu haben.
Geschrieben von: UHeins

Re: Propangastank - 14.01.2019 15:28

Eine kleine "Hintergrund-Ergänzung":

Die 2005 erfolgte Einführung von Vorschriften in Europa im Zusammenhang mit dem Thema Security war notwendig, um den in dieser Hinsicht nach 9/11 und Djerba 2002 am Rad drehenden Amerikanern zu zeigen, dass auch Good Old Europe Aktivitäten zur Sicherung gegen terroristische Angriffe unternimmt. Kapitel 1.10 ADR und damit die Vorschriften für Sicherungspläne waren in dieser Form ein genialer Kunstgriff, um die Amerikaner zufriedenzustellen und gleichzeitig den zusätzlich zu betreibenden Aufwand für die Wirtschaft so gering wie möglich zu halten.

Über einen sicherheitlichen Effekt sollten wir hier nicht weiter diskutieren. Aber auch nicht auf die rechtsetzenden Gremien schimpfen - das haben sie in diesem Zusammenhang wahrlich nicht verdient!
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