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ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" #29802 26.10.2020 13:55
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matbrueck Offline OP
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hat jemand eine weitergehende Info?: habe einen Gefahrgut-Kunden im Kosmetikbereich, ca. 80 % der Produkte sind Gefahrgut / LQ, man verwendet IMMER beim Verpacken / zur Beförderung mit (korrektem) LQ-Andruck versehene Papp-Verpackungen, auch wenn mal KEIN Gefahrgut / LQ verpackt ist.

RSEB (30.04.2019) sagt hierzu:

"Zu Abschnitt 3.4.7 und 3.4.8

Sofern Versandstücke zusätzlich zu dem in Abschnitt 3.4.7 oder 3.4.8 geforderten Kennzeichen mit den jeweils zutreffenden Gefahrzetteln oder auch anderen zutreffenden gefahrgutbezogenen Aufschriften (z.B. aus Kapitel 3.3 Sondervorschrift 625) versehen sind, besteht kein öffentliches Interesse an einer Verfolgung dieses Verstoßes als Ordnungswidrigkeit (§47 Absatz 1 des OWiG)."

Ist das in einem solchen Fall ebenfalls anwendbar, also für den Verpacker keine "Gefahr im Verzug" / drohende Ordnungswidrigkeit?

Danke im Voraus!

Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: matbrueck] #29803 26.10.2020 14:33
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Claudi Online
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Das Problem ist hier nicht ein zusätzlicher, nicht geforderter Aufkleber (also z. B. Gefahrzettel 3 zusätzlich zur LQ-Raute) sondern hier wird ja etwas als Gefahrgut deklariert, was gar kein GG ist.

Daraus folgt doch auch, dass das SDB nicht zum Produkt passt (weil laut SDB kein GG). Hat das dann nicht auch zur Folge, dass keine schriftliche Info an Spedition/ Beförderer über LQ erfolgt, ggf. keine Fahrzeugkennzeichnung ab 8 Tonnen erfolgt, im Seeverkehr keine IMO-Erklärung erstellt und Fahrzeug/Container gekennzeichnet, Fahrzeugbeladerklärung/ Containerpackzertifikat ausgestellt werden?
-> Ware ist im LQ-Karton aber wird ansonsten als harmloses nicht-GG behandelt

Und wenn man mal weiter denkt: wenn Kunden jetzt dieses nicht-GG bekämen, aber da steht GG drauf, dann müssten die ja eigentlich nach Kapitel 1.3 ADR etc. geschult sein. Beim Weiterversand/ Rückversand müsste man LQ-Spielregeln einhalten. Würde bei einem z. B. Lasi-Verstoß dann nach GG-Recht bebußt mit deutlich höherem Bußgeld? Bei einem Unfall würde dann die Feuerwehr das große Gefahrgut-Programm durchziehen, weil ja von den Packstücken ein etwas höheres Gefahrenpotential ausgehen muss, da GG?

Könnte das ein Verstoß gegen https://www.gesetze-im-internet.de/ggvseb/__17.html §17 Abs. 1 Nr. 1 GGVSEB sein?

"(1) Der Auftraggeber des Absenders im Straßen- und Eisenbahnverkehr sowie in der Binnenschifffahrt hat
1. sich vor Erteilung eines Auftrags an den Absender zu vergewissern, ob die gefährlichen Güter nach Teil 2 ADR/RID/ADN klassifiziert sind..."

Mir fällt es schwer, da eine Rechtsgrundlage zu finden, aber es kann nicht richtig sein, einfach für alles LQ-Verpackungen zu nutzen, weil es bequemer ist. Andere Firmen müssen sich diese Arbeit auch machen, Prozesse zu finden, korrekt zu kennzeichnen. Sonst könnte man (ich übertreibe mal) einfach überall alle möglichen Gefahrgutsymbole drauf machen, irgendwas davon kann schon stimmen...

Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: Claudi] #29806 26.10.2020 15:09
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aw_ Offline
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Wir sollten mal die Kirche im Dorf lassen. RSEB, Anl. 2, 3-14 bezieht sich auf Gefahrgut in Begrenzten Mengen und es befindet sich neben der LQ-Raute auch der ZUTREFFENDE Gefahrzettel auf dem Versandstück oder jemand möchte unbedingt die UN-Nummer mit angeben, dann muss diese ZUTREFFEND sein. Alles andere ist aus der Luft gegriffen und sollte unterbunden werden. Warum, dazu hat Claudi hat ja bereits einiges geschrieben.
Normalgefahrgut: RSEB, Anl. 2 5-2 bezieht sich auch auf Zusatzmarkierungen, welche auf eine Gefahr bezüglich des GG-Rechts hinweisen.

Das was ihr da macht, LQ Raute ohne LQ ist nicht Rechtens.
gruss..aw

Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: aw_] #29807 26.10.2020 15:53
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matbrueck Offline OP
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Erst mal danke für das Feedback.

Habe bei der Sache auch kein gutes Gefühl, habe aber eben bisher auch nichts "Sauberes" gefunden, das die Vorgehensweise verbietet. GGVSEB § 17 sagt ja eben " ... ob die gefährlichen Güter nach Teil 2 ADR/RID/ADN klassifiziert sind ..."; es sind ja aber ggf. gar keine gefährlichen Güter, also besteht dann auch ggf. keine Kennzeichnungsverpflichtung; was i'wo stehen müsste, wäre so etwas wie: "Kennzeichnungsverbot, wenn keine gefährlichen Güter" ...

RSEB 5-2 sagt zusätzlich: "Versandstücke, Tanks, Container, MEGC, MEMU und Beförderungseinheiten/Wagen, die zusätzliche, nicht geforderte Kennzeichen und Bezettelungen tragen, die jedoch auf eine vorhandene Gefahr im Sinne des Gefahrgutrechts hinweisen, begründen keine Ordnungswidrigkeit."; zusätzlich wären die Bezettelungen hier, aber sie weisen eben NICHT auf eine Gefahr hin ...

Das mit dem "vollen Programm" der FW bei einem Unfall sehe ich nicht; wenn nach LQ gekennzeichnet ist, dann können die Kollegen das einordnen. Fälschliche LQ-Kennzeichnung des Trägerfahrzeugs bei > 8 t kann natürlich auftreten, wenn LQ teilweise "kein LQ" ist.

Die Schulungsverpflichtung beim Empfänger nach 1.3 sehe ich auch, aber es werden in aller Regel Friseur-Salons beliefert, die ja immer wieder auch LQ (von diesem Lieferanten und / oder anderen) erhalten, müssen also sowieso geschult sein, dto. bzgl. Rückversand bei Reklamation o.ä.

SDB ist hier schwierig, da Kosmetik-VO greift, keine Mitgabeverpflichtung besteht, wenn die Produkte gem. "Gruppen-Datenblättern" des IKW kein Gefahrgut im Sinne von ADR / RID sind.

Ich werde auf jeden Fall mal mitteilen, dass das nicht korrekt sein KANN - das Argument von Claudi kann ich nachvollziehen: dann könnte man ja grundsätzlich für alles und jedes eine LQ-Raute verwenden, nur so zur Sicherheit, falls auch mal i'wann LQ drin ist ...

Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: matbrueck] #29808 26.10.2020 19:36
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Für mich ist das keine Überkennzeichnung sondern eine Falschkennzeichnung. Es geht bei den Vorschriften immer um "gefährliche Güter". Und wo kein Gefahrgut ist, kann ich auch keine Gefahr herbei zaubern.

Wir hatten kürzlich hier eine ähnliche Diskussion für Leerverpackungen ohne Gefahrgut im Rücklauf. Dort hatte ich einige Möglichketen einer flexiblen Kennzeichnung aufgezeigt.

Hier fände ich das deutlich schärfer, weil die Verpackungen ja das Gefahrgut nicht mal gesehen haben und trotzdem gekennzeichnet sind.

Der zitierte RSEB Eintrag bezieht sich nach meiner Auffassung auch nur auf eine Überkennzeichnung, wenn Gefahrgut beteiligt ist.

Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: matbrueck] #29810 27.10.2020 07:27
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Hallo Gefahrgutgemeinde,

im dargestellten Fall kommen überhaupt keine Gefahrgutvorschriften zur Anwendung. Das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) und die darauf beruhenden weiteren Rechtsvorschriften greifen nicht. Es wird kein gefährliches Gut zur Beförderung übergeben. Auch wenn es zu Problemen kommen kann, weil eine Falschdeklarierung vorliegt, greifen nicht plötzlich die Gefahrgutvorschriften. Auf andere Problematiken in Zusammenhang mit der Falsch- bzw. Überdeklarierung von "Nichtgefahrgut" wurde ja schon in ähnlichen Beiträgen ausreichend hingewiesen.Deshalb brauchen wir uns im dargestellten Fall über Vorschriften wie ADR, GGVSEB, RSEB keine Gedanken machen, die greifen hier einfach nicht. Und wenn der Gesetzgeber will, das solche wie der dargelegte Fall den Gefahrgutvorschriften unterliegen, muss das so im Gesetz stehen. Ich habe im GGBefG noch nichts gefunden.

Gruß Wolfgang

Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: Wolfgang] #29816 29.10.2020 15:15
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Wolfgang hat vollkommen recht, wird gern auch beim Schließen der Tafel fehlerhaft angewendet. Hier muss ich denjenigen ermitteln, der zuletzt GG mit dem Fahrzeug beförderte.


Freundliche Grüße
Thomas Damm
Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: TDamm] #29820 29.10.2020 23:41
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Was bedeutet das jetzt im geschilderten Fall? Überhaupt keine Sanktionierung und damit ein Freifahrtsschein, das so zu machen?

Oder die Sanktionierung über ein anderes Rechtsgebiete (ich wüsste nicht welches)?

Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: DJSMP] #29825 30.10.2020 11:17
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Hallo Gefahrgutgemeinde, Hallo DJSMP,

nicht jedes Problem ist gesetzlich genauestens geregelt oder bisher erkannt, da es eventuell noch keinen Streitfall zu diesem Thema gab, der gerichtlich geklärt werden musste. Oder von Seiten der Verantwortlichen für die Gesetz- bzw. Vedrodnungsgebung Erkenntnisse vorlagen, aus denen eine Notwendigkeit gesehen wurde, diese Problematik in die Gefahrgutvorschriften einzubringen.
Rechtsquellen, welche im dargelegten Fall zum Tragen kommen könnten, wären doch unter Umständen haftungsrechtlicher Natur, falls in einem Gefahrenfall falsche oder keine Maßnahmen eingeleitet werden.

Freundliche Grüße

Wolfgang

Re: ADR-Falschkennzeichnung durch "Überkennzeichnung" [Re: Wolfgang] #29826 30.10.2020 12:04
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Wäre schon eine interessante Diskussion wer die Kosten für den Gefahrgutzug der Feuerwehr bezahlt, wenn aufgrund der Missdeutung solcher Kartonagen das große Kino aufgefahren wird....

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