„Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
#37541
08.10.2024 09:47
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Turbo
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Hallo liebe Helden der Gefahrgutwelt,
kann mir jemand helfen, ob und wie der Einsatz von Elektro-Hubwagen/ E-Ameisen im ADR geregelt ist? Leider habe ich über die Web- und Forensuche nichts Konkretes zu dieser Fragestellung finden können und mein eigenes Fachwissen als Gefahrgutbeauftragter endet hier.
Im expliziten Fall erwäge ich einen sogenannten „Mitnahmestapler“ zur Auslieferung und Entladung von Gefahrgut (inklusive entzündlicher Flüssigkeiten) in einem Kleintransporter mitzuführen und einzusetzen.
Das gesamte Gerät wiegt ca. 200kg und die verbaute Hydraulikpumpe wird von einer sogenannten „AGM-Batterie“ (12V, 5Ah, ca.16kg) betrieben. Eine geprüfte Ex-Schutz-Bauweise ist nicht gegeben.
Nach meiner Recherche könnte die Batterie einzeln als UN 2800 deklariert werden. Demnach könnte die Batterie alleine mit diversen Gefahrgütern zusammen verladen und auch für die 1000-Punkte Berechnung berücksichtigt werden. Bei der vorliegenden Fragestellung ist diese aber verbaut und ich habe noch nie davon gehört, dass Fahrer in einem LKW ein eigenes Beförderungspapier für vergleichbare E-Hubwagen/ E-Ameisen mitführen.
Als mögliche Begründung könnte noch SV 598 zum Tragen kommen. Hier wäre aber einige Interpretation nötig. Folgende Batterien unterliegen nicht den Vorschriften des ADR: a) Neue Batterien, wenn: – sie gegen Rutschen, Umfallen und Beschädigung gesichert sind; – sie mit Trageeinrichtungen versehen sind, es sei denn, sie sind z. B. auf Paletten gestapelt; – sie aussen keine gefährlichen Spuren von Laugen oder Säuren aufweisen; – sie gegen Kurzschluss gesichert sind.
Ferner ist mir zu Ohren gekommen, dass im ADR 2025 batteriebetriebene Fahrzeuge konkreter unterschieden werden sollen. Auf das neue Regelwerk habe ich allerdings aktuell noch keinen Zugriff.
Gibt es hier jemanden mit entsprechender Erfahrung?
Vielen Dank.
Zuletzt bearbeitet von Turbo; 08.10.2024 09:47.
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: Turbo]
#37542
08.10.2024 11:03
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M.A.T.
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Hallo, und willkommen. Wäre die Beförderung nach 1.1.3.1 c) hier nicht argumentierbar? Der Stapler wird ja zu nichts anderem als dem Zweck der Haupttätigkeit des Unternehmens mitgeführt, und er begleitet Fahrzeug hin und zurück, wird nicht irgendwo ausgeliefert. Für mich ist das dem Sinn der Vorschrift nach das, was in dieser Bestimmung gemeint ist (auch wenn man 1.1.3.2 e) oder 1.1.3.3 ansieht). Das wäre aus meiner Sicht der eleganteste Weg. Rein sachlich sehe ich hier übrigens praktisch kein Gefährdungspotential, das signifikant in der Nähe von echter Ladung liegt, schon alleine durch die Bauart und den dadurch gegebenen Schutz der Energieträger. Habe auch noch nie gesehen oder gehört, daß für die mitgeführten Stapler Gefahrgutdiskussionen geführt wurden oder gar gekennzeichnet wurde. Da Sie in Nds. wohnen wäre vielleicht ein Anruf bei der WSP HH hilfreich. Die sind zwar nicht formal zuständig (außer Sie fahren auch mal in den Stadtstaat), aber sehr kompetent und hilfsbereit und würden wahrscheinlich sagen, wie sie als Behörde das einschätzen. Die neuen Fahrzeuge werden erst ab 1.7.2025 verpflichtend, und ein 2025er ADR gibt es noch nicht, nur die Entwürfe, welche nicht Rechtskraft besitzen. Vielleicht aber melden sich hier Kollegen, die formal anders argumentieren.
Daß die Lasi unabhängig von der Gefahrgutbetrachtung richtig gemacht wird ist klar.
Viel Erfolg M.A.T.
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: M.A.T.]
#37543
08.10.2024 11:40
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Hallo M.A.T.,
besten Dank für deine schnelle Einschätzung. Mir gefällt die Argumentation über die „Handwerkerregelung“ sehr gut, da sie vermutlich den größten Umfang an Freistellungen beinhaltet ohne weiter ins ADR-Detail gehen zu müssen. Ein gewisser Interpretationsgrad bleibt hier allerdings nicht aus.
Außerdem nehme ich den Hinweis zur Wasserschutzpolizei gerne zur Kenntnis und prüfe ergänzend meine Kontakte in dieser Richtung.
In meinem konkreten Fall soll der „Mitnahmestapler“ innerhalb des Laderaums mitgeführt und nicht außen am Fahrzeug „angehängt“ werden. Falls dies den Richtlinien des Forums nicht widerspricht, kann ich gerne den Hersteller benennen oder einen Hyperlink nachtragen.
Eine angemessene Ladungssicherung setze ich natürlich ebenfalls voraus.
Grüße Turbo
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: Turbo]
#37544
08.10.2024 11:44
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M.A.T.
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Nachtrag: wenn Sie die Bem. 1-8 in der RSEB anschauen, dort ist aus meiner Sicht erkennbar, daß der Gesetzgeber auch Ihr Einsatzprofil im Hinterkopf hatte. Ich halte es da mit einem langjährigen Fachmann, der immer dafür war, den Sinn einer Vorschrift zu beachten. Ob die Mitführung innen oder außen erfolgt ist m.E. für die gefahrgutrechtliche Bewertung nicht relevant, da die Vorschrift in diesem Fall darauf nicht abstellt. Und selbst wenn: innen wäre der Schutz vor Beschädigung sogar noch besser als außen. Übrigens wäre es vielleicht interessant, ob der Staplerhersteller zu dieser Frage eine Argumentation hat, oder Erfahrungswerte von Kunden? Viel Erfolg und Gruß M.A.T.
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: M.A.T.]
#37548
08.10.2024 14:16
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Hallo M.A.T., nochmals vielen Dank für deine hilfreichen Anregungen. Deine Grundeinstellung zur Interpretation nach dem Sinn einer Vorschrift teile ich ebenfalls.
Punkt 1-8 in der RSEB kommentiert 1.1.3.2 des ADR und betrifft direkt lediglich Gase. Nach meiner Einschätzung könnte der Inhalt dennoch als eine Art „Präzedenzfall“ herangezogen werden.
Beim Hersteller habe ich im Vorwege angefragt. Allerdings konnte er mir unmittelbar keine Argumentation oder Erfahrungswerte weitergeben. Er hat allerdings seinerseits Kontakt mit der BG-Verkehr aufgenommen. Demnach sieht die BG keine Ausschlussgründe, verweist aber darauf „einen Gefahrgutbeauftragten“ zu konsultieren und den Stapler ggf. im Beförderungspapier als „Beiladung“ aufzuführen. Letzteres habe ich als Gefahrgutbeauftragter (seit ca. 5 Jahren) noch nicht gehört und zum Anlass für die aktuelle Recherche genommen.
Grüße Turbo
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: Turbo]
#37553
08.10.2024 15:53
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Claudi
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Demnach sieht die BG keine Ausschlussgründe, verweist aber darauf „einen Gefahrgutbeauftragten“ zu konsultieren und den Stapler ggf. im Beförderungspapier als „Beiladung“ aufzuführen. Das ist eine schlaue Art zu sagen "Wir haben keine Antwort" - und ja, die BGen sind nicht die Spezis in Sachen Gefahrgut (müssen sie ja auch nicht sein). Im Beförderungspapier aufführen: ähm, nein außer man hat sehr viel Langeweile Ein Gabelstapler oder ein motorbetriebener Hubwagen od. ähnl. (Batterie, egal was für eine Art) etc. sind Fahrzeuge oder batteriebetriebene Geräte im gefahrgutrechtlichen Sinn - siehe SV388 (UN3166, UN3171 oder UN3536). Dann kommen wir über die UN-Nummern zu SV666 und sind freigestellt. - (Als Ladung beförderte Fahrzeuge oder batteriebetriebene Geräte, auf die in der Sondervorschrift 388 Bezug genommen wird...) 1.1.3.2 e): nein, da der Stapler nicht während der Fahrt in Betrieb ist (anders als die dort aufgeführten Beispiele, dafür ist die Freistellung gedacht) 1.1.3.3: nein, da mit dem Stapler keine Beförderung durchgeführt wird sondern mit dem LKW 1.1.3.1 c) finde ich etwas abwegig und muss auch nicht herangezogen werden, da SV 666 freistellt SV 598: nein, da keine losen Batterien transportiert werden, sondern Fahrzeuge (ggf. batteriebetriebene Fahrzeuge, aber die haben ne eigene UN-Nummer und keine SV598 zugeordnet) ADR 2025 ändert nur das Detail, dass Fahrzeuge mit Lithium-Batterie-Antrieb ab 2025 UN3556 sind und UN3171 nur noch Fahrzeuge und Geräte umfasst, die mit anderen Batteriesorten betrieben werden. Die Änderungen 2025 sind z. B. hier zu finden: https://www.astra.admin.ch/astra/de/home/fachleute/fahrzeuge/gefaehrliche-gueter/revision.html
Zuletzt bearbeitet von Claudi; 08.10.2024 15:54.
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: Claudi]
#37556
09.10.2024 11:48
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Hallo Claudi, vielen Dank auch für deine Einschätzung.
Die benannten UN-Nummern waren mir bisher nicht bekannt und ich habe diese scheinbar übersehen oder überlesen. UN 3171 scheint hier am ehesten zu passen, da es sich meines Wissens bei einer AGM-Batterie nicht um eine klassische Lithium-batterie handelt. Ferner sehen SV388 und SV666 sehr vielversprechend aus, obwohl diese Freistellungen jeweils noch an technische Details der Batterie (siehe auch 2.2.9.1.7) geknüpft sind. Vorausgesetzt, dass die eingesetzte Batterie diesen Anforderungen genügt, schein mir dies bisher die Lösung mit der geringsten Interpretationsnotwendigkeit zu sein.
Der Freistellungsansatz per „Handwerkerregelung“ wirkt da im Vergleich deutlich unpräziser, aber auch einfacher.
Beste Grüße Turbo
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: Turbo]
#37557
09.10.2024 12:09
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M.A.T.
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Der Freistellungsansatz per „Handwerkerregelung“ wirkt da im Vergleich deutlich unpräziser, aber auch einfacher. Beste Grüße Turbo
Hallo, beides ist möglich und mit unterschiedlichen Fallen verknüpft. Beim Handwerker muß eventuell bei einer Kontrolle grundsatzdiskutiert werden, was nicht immer klappt; bei der weitgehend freigestellten Beförderung aufgrund einer SV muß zunächst fakten- und argumentationsfest klassifiziert werden, was bei der Kontrolle aber schneller gehen kann. Je nach Aufwänden und Detailkenntnis / -informationen kann das eine oder andere günstiger sein. Ich neige immer mehr zur Lösung wie vorgeschlagen; hängt auch von der Einschätzung der Haltung möglicher Kontrollorgane ab, denke ich. Viel Erfolg M.A.T.
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: Turbo]
#37558
09.10.2024 12:33
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Claudi
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Hallo Claudi, vielen Dank auch für deine Einschätzung.
Die benannten UN-Nummern waren mir bisher nicht bekannt und ich habe diese scheinbar übersehen oder überlesen. UN 3171 scheint hier am ehesten zu passen, da es sich meines Wissens bei einer AGM-Batterie nicht um eine klassische Lithium-batterie handelt. Ferner sehen SV388 und SV666 sehr vielversprechend aus, obwohl diese Freistellungen jeweils noch an technische Details der Batterie (siehe auch 2.2.9.1.7) geknüpft sind. Vorausgesetzt, dass die eingesetzte Batterie diesen Anforderungen genügt, schein mir dies bisher die Lösung mit der geringsten Interpretationsnotwendigkeit zu sein.
Der Freistellungsansatz per „Handwerkerregelung“ wirkt da im Vergleich deutlich unpräziser, aber auch einfacher.
Beste Grüße Turbo 2.2.9.1.7 gilt für Lithiumbatterien (ab 2025 auch Natrium-Ionen, Nummerierung wird angepasst), nicht für Nicht-Lithium-Nassbatterien (bzw. auslaufsichere UN2800). UN3171 sind aber nicht nur Li-Batterie-Fahrzeuge sondern auch andere Batteriebetriebene Fahrzeuge und Batteriebetriebene Geräte außer Li-Batterie-Geräte (die sind UN3481, UN3091). Wenn in der SV388 + 666 Anforderungen für Li-Batterien stehen, man aber eine andere Art Batterie im Fahrzeug/ Gerät hat, gelten diese Anforderungen nicht. Mitnahmestapler/ Mitnahme-Flurförderzeuge manuell und/ oder irgendwie angetrieben sind doch Alltag - warum sollte da ein Kontrollorgan plötzlich ein Fass aufmachen? Ladungssicherung ist da ein Ding, wenn auf der Ladefläche untergebracht, aber Gefahrgut? Das dürfte eher eine theoretische Diskussion sein. Bleibt aber: batteriebetriebenes Gerät nach SV 388, führt zu SV 666 - Freistellung.
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Re: „Mitnahmestapler“ im Gefahrguttransport
[Re: Claudi]
#37559
09.10.2024 13:29
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Turbo
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Hallo M.A.T., Hallo Claudi,
ich habe mit beiden Ansätzen eine gute Grundlage für meine Entscheidung bekommen und danke herzlich für eure Unterstützung.
Zusätzlich habe ich vergleichbare Informationen aus einer weiteren Quelle erhalten und sehe hier persönlich keine Hürde mehr für einen Einsatz.
Eine Diskussion auf theoretischer Grundlage muss also von meiner Seite nicht betrieben werden.
Beste Grüße Turbo
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