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Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi #35868 13.10.2023 09:25
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NAWI Offline OP
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Hallo zusammen,

ich bin relativ neuer Gefahrgutbeauftragter in einem mittelständigen Unternehmen.
Nun habe ich ein Problem und finde keinen Lösungsansatz im Gefahrgutrecht.

Sachverhalt: Ein Gefahrstoff wird nun als Gefahrgut eingestuft (klassifiziert), laut RECH gibt es eine Übergansfrist bis zum erste Quartal 2024 aber im Gefahrgutrecht muss diese neue Sachlage unverzüglich , sofort umgesetzt werden .
Da wir noch "ältere" Lagerware haben stellt sich folgende Frage:

Ein Sicherheitsdatenblatt ist noch in der Erstellung, laut Abschnitt 14 wird der Stoff so eingestuft:

UN 3077 UMWELTGEFÄHDENDERSTOFF,FEST, N.A.G (XXXXXXXXXX), 9. III, (-) (XXXXXX) die technische Bezeichnug darf ich nicht nennen.

Gibt es hier auch eine Übergangslösung um den "alten"Lagerbestand abzuverkaufen?
Oder müssen wir zum Beispiel die Big. Bac`s und die palletierte Sackware ( Netto 25 Kg pro Sack) einzeln Kennzeichnen mit UN 3007 , Gefahrenzettel 9 , "Fisch und Baum"
und mit einer zugelassenen gekennzeichneten Umverpackung versehen?

Über eine Antwort würde ich mich freuen
Mit freundlichen Grüßen
Jörg

Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: NAWI] #35869 13.10.2023 09:49
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Phi_l Offline
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Hallo Jörg,

ich bin mir nicht sicher ob hier vielleicht ein Irrtum vorliegt.

Im Gefahrgutrecht haben sich die Klassifizierungskriterien für umweltgefährdende Stoffe meines Wissens in den letzten 5-6 Jahren nicht geändert. Da das Gefahrgutrecht eine eigenständige Klassifizierung vornimmt sind Änderungen in REACH etc. ersteinmal egal und die Ware wäre entweder schon immer UN 3077 gewesen, oder sie ist es jetzt auch nicht. In beiden Fällen besteht aus Gefahrgutsicht also kein Grund für eine Übergangsregelung, denn es hat sich hier ja nichts geändert.

Ich bin allerdings auch kein Experte für die Klassifizierung umweltgefährdender Stoffe und im ADR stehen hier einige Bezüge zum GHS, vielleicht hat es etwas mit einer Änderung dort zu tun? Dann wäre es wichtig genauere Infos darüber zu bekommen, welche konkrete Änderung in welcher Vorschrift genau dafür verantwortlich ist, dass euer Produkt nun mutmaßlich neu als Gefahrgut der Klasse 9 zu Klassifizieren wäre. (Ich kenne lediglich das Problem der Farbindustrie, die von organischen Lösemitteln jetzt auf Wasserbasis mit neuen Konservierungsmitteln umsteigen und deren Produkte dadurch von der Klasse 3 in die Klasse 9 wandern, jedoch ohne die entsprechenden Sondervorschriften mitzunehmen weshalb hier keine geeigneten Verpackungen verfügbar waren. Aber das scheint mir ein anders gelagertes Problem zu sein)

LG Phil

Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: NAWI] #35870 13.10.2023 10:43
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M.A.T. Offline
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Hallo, NAWI,
eine Übergangsregelung für Altklassifizierungen gibt es m.W. im GG-Recht nur in der Klasse 1, und nur für militärische Güter. Übergangsfristen gibt es zwar, die laufen in der Regel aber zum 1.7. des ungeraden Jahres aus.
Ihr "nun" lese ich so, daß der Stoff bislang kein GG war oder nicht eingestuft. Wie der Kollege schon sagte, die Einstufungskriterien nach GG-Recht haben sich in den letzten Jahren nicht signifikant verändert. Schauen Sie, ob vielleicht ADR 2.2.9.1.10.2 f. etwas hergibt.
REACH-Bezugnahmen sind m.W. im ADR auf Flammpunkt beschränkt, siehe aber die aktuelle RSEB zu 2.2.9.1.10 (in 2-17.1 und 2-18.1).

Ja, nach GG-Recht muß jedes Versandstück respektive Umverpackung gemäß der Klassifizierung korrekt gekennzeichnet sein. Umverpackung alleine reicht nicht; stellen Sie sich vor, ein einzelner Sack platzt auf und war nicht gekennzeichnet, und Hilfsdienste gehen von Nicht-Gefahrgut aus und spülen die Reste in den Bach.
Viel Erfolg
M.A.T.

Nachtrag: eine Übertragung einer Ü-Frist aus einem anderen Rechtsgebiet, soweit sie nicht explizit im GG-Recht vorgesehen ist, scheitert m.E. schon an der allgemeinen Sorgfaltspflicht des § 4 GGVSEB. Wenn ich weiß, daß ein Stoff jetzt schärfer als zuvor eingestuft ist, und dennoch die Nichteinstufung zugrundelege, dann treffe ich eben nicht die "nach Art und Ausmaß der vorhersehbaren Gefahren erforderlichen Vorkehrungen". Bei einem Schadenfall möchte ich nicht in der Haut desjenigen stecken, der eigenmächtig die Entscheidung getroffen hat.

Zuletzt bearbeitet von M.A.T.; 13.10.2023 11:46. Bearbeitungsgrund: Nachtrag
Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: NAWI] #35871 13.10.2023 10:58
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Peter06 Offline
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Guten Tag,

leider fehlen in der Anfrage ein paar hilfreiche Details.
Im Zusammenhang würde ich es so interpretieren:

ADR hat sich bezüglich den Beziehungen zu Gefahrstoffvorschriften nicht geändert.
2.2.9.1.10.5 und 2.2.9.1.10.6 bezieht sich auf EG 1272/2008 (CLP-Verordnung).

Wenn ein Stoff / Gemisch demnach mit H400, H410, H411 eingestuft ist (aquatisch gefährdend), dann wird er als Feststoff UN 3077 nach ADR transportiert.

Im Gefahrstoffbereich wird die Zuordnung durch den Hersteller/Inverkehrbringer oder die ECHA festgelegt.
Das hat sich in diesem Fall vermutlich geändert, eventuell hatte der Stoff bisher H412 und wird nun zukünftig mit H411 eingestuft.
Solange im Gefahrstoffrecht die "Übergangsvorschrift" gilt würde ich es auch für den Transport so sehen.
Wie kommen Sie zu der Feststellung, dass es im Gefahrgutrecht "unverzüglich" anzuwenden ist?

Nach dieser Übergangsfrist wäre für den Transport alles nach Verpackungsvorschrift P002 oder PP12 zu verpacken.
Der Sack muss dann z,B, die Zulassung 5H1 oder 5H3 haben.
Für Großpackmittel gilt IBC08.
Wenn die alte Verpackung das bisher nicht erfüllt: umpacken oder eben eine zulässige Außenverpackung / Umverpackung verwenden.


Jeder einzelne Sack ist gefahrgutrechtlich nicht zwingend zu kennzeichnen, nur wenn die begrenzte Menge (hier 5 KG) überschritten wird.

Gefahrstoffrechtlich ist allerdings zu beachten, dass die CLP-Vorgaben für jedes Gebinde die entsprechende Markierung fordert (Piktogramm GHS 09) und auch die korrekten H-Sätze auf dem Etikett.

Grüße, Peter

Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: NAWI] #35872 13.10.2023 11:41
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matigol Offline
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Also wenn es vom Hersteller des (Roh)-Stoffs neue Erkenntnisse gibt bzw eine neue Zusammensetzung oder es sind Daten erhoben worden, die nun zu einer Gefahrgutklassifikation führen, dann war das Material welches sich noch auf Lager befindet, noch nicht als Gefahrgut klassifiziert und muss somit auch nicht als solches befördert werden. Dafür habt ihr ja eine Dokumentation des Herstellers(SDB oder alte Lieferscheine)

Aber ab dem Zeitpunkt wo ihr selbst das klassifizierte (Roh)Material vom Hersteller bekommt, müsst ihr dann euer neues Produkt klassifizieren. Alles was schon gefertigt war und zu dem Zeitpunkt nicht eingestuft, darf mMn auch dann noch ohne Gefahrgut-Label transportiert werden. Man muss das aber durch Dokumentation nachweisen können.

Aber evtl. ist auch vorher einfach nur falsch eingestuft worden? Dann muss natürlich auch Lagerware nachgelabelt werden und als Gefahrgut transportiert werden.


So sehe ich das

Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: Peter06] #35873 13.10.2023 11:58
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Hallo zusammen,
herzlichen Dank für die schnelle Hilfe allerseits.
Im Entwurf des neuen SDB als H400 eingestuft und somit Gefahrgut.
Vorher:Keine gefährliche Substanz oder Mischung.

Da die Säcke 25 Kg Netto haben müssen wir diese dann einzeln Kennzeichen, GHS und Gefahrgut

Als Umverpackung werden wir dann zugelassene Verpackungen verwenden und diese wiederum mit Umverpackung, UN 3077 und Gefahrenzettel, 9, und "Fisch und Baum an zwei gegenüberliegenden Seiten kennzeichnen.

So sollten wir dann alle Vorschriften erfüllt und eingehalten haben.

Gruß
Jörg

Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: NAWI] #35874 13.10.2023 12:08
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Hallo Peter,

ich habe gerade deine Antwort nochmal gelesen.

Wen ich das richtig verstehe könnten wir die Lagerware abverkaufen und nach er Übergangsfrist dann alle Vorschriften anwenden.
Die Angabe unverzüglich wurde so durch unsere F+E Abteilung so aus den vorliegenden Unterlagen übersetzt.

Laut P002 / PP12 können wir Säcke 5H1, 5L1 und 5M1 verwenden. Richtig

Gruß
Jörg

Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: NAWI] #35875 13.10.2023 12:44
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Hallo Nawi,

die Handhabung des Abverkaufs in "alter Verpackung und Kennzeichnung" kann man so pauschal nicht beantworten.
Ich habe ja geschrieben, dass Details von dir fehlen.

Wie auch andere Antworten beschreiben ist zu klären, durch welche Maßnahme bisher kein H-Satz zugeordnet war und jetzt H400 zugeordnet ist / wird...
Bisher fehlerhaft?
Was heißt "SDB-Entwurf"?
Festlegung durch ECHA ab Datum xx.xx.xxxx?

Wenn das geklärt ist, dann kann die Frage beantwortet werden.

Der Lieferant des Stoffs / Gemisches müsste dazu mehr wissen, er hat sicher auch noch andere Kunden die sich mit dem Thema beschäftigen müssen.
Oder seid ihr selbst der Hersteller?

Grüße, Peter

Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: Peter06] #35883 16.10.2023 19:37
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Hallo Peter06, Hallo zusammen,
ich habe noch einige fehlende Angaben erfragt.
Der registrierte Stoff wurde in einer neuen Studie durch die REACH neu eingestuft. H400
CAS-No.: 106-14-9
EC-No:: 203-366-1
Aus diesem Grund wurde ein neues SDB in Auftrag gegeben, dieses ist aber noch nicht in allen Abschnitten erstellt.
Ich hoffe, dass es jetzt etwas besser für alle zum einschätzen ist.

Grüße, Jörg

Re: Gefahrstoff wird jetzt auch als Gefahrgut klassifi [Re: NAWI] #35885 17.10.2023 11:51
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Hallo Nawi,

ich finde das Thema interessant weil sich hier die etwas diffuse Gefahrstoffwelt mit dem relativ klaren Gefahrgutrecht mischt.
Als Praktiker habe ich leider nicht die klare Lösung, aber ein paar Ansätze.
Mich würde es freuen, wenn es im Forum noch Teilnehmer zur weiteren Diskussion gäbe die es besser wissen.

Im CLP-Helpdesk gibt es dazu nichts (www.reach-clp-biozid-helpdesk.de).
Du könntest ja dort mal anfragen mit deinem konkreten Problem.
Hinweis: aber auch die Helpdesk-Antworten sind unter Ausschluss jeglicher Haftung, die Auslegung liegt immer bei den zuständigen Behörden......

Fakten zum Umfeld aus meiner Sicht:
Änderungen in der harmonisierten Einstufung nach Anhang VI Teil 3 von 1272/2008 CLP haben lange Übergangsfristen für Altbestände (z.B. 17.ATP von 16.06.2021 bis 17.12.2022).
Bei z.B. Bioziden gibt es im Gefahrstoffrecht Übergangsfristen von 180 Tagen für den Abverkauf von Altbestand ohne die Notwendigkeit neuer Etiketten.

Der Stoff 203-366-1 ist nicht über die harmonisierte Einstufung, sondern über die Selbsteinstufungen der Anmelder zur REACH-Registrierung klassifiziert. Der Abruf der ECHA-Daten scheint so zu sein, dass nur 15 % der Anmelder mit H400 klassifiziert haben (echa.europa.eu/de/brief-profile/briefprofile...). Es gibt folglich viele Produkte die objektiv die gleiche Zutat haben, aber nicht mit H400 eingestuft sind!

Im Prozess könnte es so sein, dass mit der neuen Einstufung auch eine neue UFI-Nummer für euer Produkt sinnvoll/nötig ist. Damit gäbe es zum Zeitpunkt X das neue SDB mit Gültigkeit. Ab diesem wäre auch die Ware neu zu kennzeichnen (die neu produzierte). Diese ist wegen H400 auch UN 3077 und muss entsprechend korrekt verpackt sein.

Die alte Ware hat den alten UFI-Code, altes Etikett, das alte SDB ist maßgeblich und wäre somit auch kein Gefahrgut... (innerhalb z.B. 180 Tagen Abverkauf).

Für eventuelle Kontrollen wäre dann zumindest ein nachvollziehbarer Umstellungsprozess belegbar.
Bei Verstößen in solchen Gefahrstoffthemen habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Behörden dann eine Stellungnahme wollen und bei plausibler Begründung (siehe oben) auch keine Bußgelder erheben.

Grüße, Peter

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