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schwefelwasserstoffhaltige Schlämme #10032 03.12.2009 18:41
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Mark Offline OP
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Hallo zusammen,

ich habe ein Klassifizierungsproblem:

Es Abwasserschlamm bildet bei Tranportbewegungen Schwefelwasserstoff. Eine Schüttelprobe hat mit Drägerröhrchen ein Gehalt von ca. 1.000 ppm (berechnet auf Norm-m³) ergeben.

Ansonsten sind keine Stoffe enthalten, die als Gefahrgut einzustufen sind.

Aufgrund der hohen Toxizität von Schwefelwasserstoff tue ich mich mit der Klassifzierung und dem damit verbundenen Vorschriften bzgl. des Transportes (möglichst Tankwagen) etwas schwer, kann mir jemand Tipps geben?

Grüße

Mark

Re: schwefelwasserstoffhaltige Schlämme [Re: Mark] #10033 04.12.2009 08:54
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Gandalf Offline
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Hallo Mark,
zum Verständnis: H2S bildet sich erst durch die Bewegung, sprich der Stoff gast aus? Wie ist der Abwasserschlamm klassifiziert, bzw. woher kommt das H2S (Fällung mit anorganischen Sulfiden)? Wenn das entstehende H2S das einzige Gefahrgutkriterium ist, dann würde ich in Richtung Klasse 4.3 prüfen, also mehr als 1 l Gas pro kg und Stunde (2.2.43.1.5 ADR).
Gruß Gandalf

Re: schwefelwasserstoffhaltige Schlämme [Re: Gandalf] #10034 04.12.2009 10:00
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Mark Offline OP
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Hallo Gandalf,

Ganz genau, der Stoff gast aus! Woher das H2S stammt können wir nicht sicher sagen, es ist ein Becken, wo Industrieabwasser druchgeht (keiner kann sagen was alles). Da das Becken alle paar Jahre mal entsorgt wird, vermuten wir, dass das H2S (bzw. Vorprudukte davon) von Fäulnisbakterien gebildet werden.

Eine Klassifizierung in die Klasse 4.3 fällt aus zwei Gründen aus: 1. Liegt bereits ein wässriges Medium vor und 2. bildet sich nicht ausreichend H2S, so dass das entstehende Gemisch als "entzündbar" eingestuft werden kann (UEG 4,3%). Die Menge H2S ist auch eindeutig weit unterhalb von 1 ltr/kg.

Ich habe hier ganz andere Bedenken, gemäß GESTIS können H2S-Konzentrationen von mehr als 1.000 ppm zu einer sofortigen Atemlähmung führen, die schnell zum Tod führt. Es gibt ausreichend Berichte von Todesfällen aufgrund der Einatmung von H2S-Ausgasungen. Insbesondere, da die Geruchswahrnehmung bereits ab 100 ppm ausfällt.

Nominell liegt die Toxizität bei 712 ppm (LC50-Wert), wenn ich das H2S jetzt als toxischen flüchtigen Stoff einer Flüssigkeit ansehe, dann komme ich auf die VG II der Klasse 6.1. Nach dieser Klassifizierung dürfte ich den Schlamm im Saugwagen transportieren. Und genau hier habe ich aufgrund der hohen Toxizität am Menschen meine Probleme. Ich frage mich, ob ich irgendetwas übersehen habe.


Grüße

Mark
Re: schwefelwasserstoffhaltige Schlämme [Re: Mark] #10035 07.12.2009 08:45
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Gandalf Offline
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Hallo Mark,
mit Saugwagen kenn ich mich jetzt nicht so aus. Worin liegt da das Problem bzw. warum ist dir das nicht geheuer? Wie gut ist das Ergebnis der Dräger-Röhrchen? Messung nah an der Oberfläche und somit das "konzentrierte" H2S-Gas gemessen?
Gruß Gandalf

Re: schwefelwasserstoffhaltige Schlämme [Re: Gandalf] #10036 07.12.2009 13:07
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Mark Offline OP
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Hallo Gandalf,

im Normalbetrieb eines Saug-Druck-Fahrzeugs wird zum Ansaugen der Flüssigkeit im Kessel ein Unterdruck erzeugt. Hierzu wird permanent die Gasphase nach draußen gedrückt. Es besteht zwar die technische Möglichkeit die Abluft an einem Pendelsystem oder einer separaten Filteranlage anzuschließen, doch stellt dies nicht den Normalbetrieb dar.

Die Probe zeigt zwar ein Konzentrat an, doch kann die Abluft aus dem Saugwagen auch H2S in konzentrierter Form enthalten. Während die Toxizitätsrate bei Tieren von 712 ml/cbm bedeutet, dass bei dieser Konzentration 50 % der Tiere innerhalb von 1 Stunde sterben, erwiest sich bereit 1.000 ppm beim Menschen schon innerhalb weniger Minuten als tödlich. Wenn jetzt jemand sich dummerweise in der Abluftwolke aufhält, wird er zunächst bewustlos und stirbt dann weinige Minuten später infolge der Atemlähmung.

Die Hydrogensulfidkonzentration wird im Schlamm (Sedimente) höher sein als in der überstehenden wässrigen Phase, so dass die Probenahme auch nur eine Momentaufnahme darstellt. Im ungünstigen Fall kann daher die Konzentration in der Abluft deutlich höher ausfallen. Laut Literaturangaben können sich im stehenden Abwasserschlamm solch hohen Konzentrationen (und noch höher) im Schlamm ansammeln. Wenn jetzt der Schlamm aufgewirbelt wird (z.B. beim Saugen), verändert sich das Gleichgewicht an der Oberfläche und Schwefelwasserstoff wird frei. Bei einem pH-Wert von 7 gast nur 50% des H2S aus (pH < 6 fast 100 %; pH > 9 fast 0 %), was bedeutet, dass im Saugwagen noch erhebliches Ausgasungspotential vorhanden ist.

Zu Genauigkeit der Drägerröhrchen und der Probenvorbereitung bestehen hier sicherlich schwankungsbereiche, die sich zusätzlich auch aus der Probenahme selbst ergeben. Aus der Probe selbst ergibt sich eine Schwankungsbreite von etwa 700 - 1.300 ppm (zwei Messungen ergaben erst 600 mg und dann 800 mg => entspricht ca. 850 ppm und ca. 1.150 ppm) , eine andere Probe aus dem selben Becken kann dann wesentlich niedrigere oder auch erheblich höhere Werte ergeben.


Grüße

Mark

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