Hallo Marco,
in Deinem Beitrag sprichst Du von «Versender». Diesen Begriff gibt es im Gefahrgutrecht nur beim See- und Lufttransport; das Handelsrecht (HGB) kennt den «Versender» auch im Rahmen von Speditionsgeschäften. Bei Beförderungen im Binnenland gibt es den «Absender» und die GGVSEB ist nur für die Verkehrsträger Straße, Schiene und Binnenwasserstraße anwendbar. Ich frage deshalb so genau nach, um zu klären, welche Vorschrift gilt. Oder geht es um den Vorlauf zum See-/Flughafen, wo dann wieder die GGVSEB greifen könnte?
Am 01.01.2013 ist die
Verordnung zur Änderung gefahrgutre...srechtlicher Vorschriften vom 19.12.2012 in Kraft getreten. Insbesondere wurde die
GGVSEB (Stand: 01.01.2013) geändert mit der Folge, dass sich auch manche Bezüge in § 37 geändert haben. Wie beim ADR gibt es allerdings auch für die GGVSEB eine Übergangsfrist. Gemäß § 38 Abs. 1
GGVSEB (Stand: 01.01.2013) darf die Beförderung gefährlicher Güter bis zum 30.06.2012 noch nach den Vorschriften in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung der GGVSEB durchgeführt werden.
Der von Dir erwähnte § 37 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe h
GGVSEB (Stand: 01.01.2013) verweist auf § 21 Absatz 1 Nummer 8
GGVSEB (Stand: 01.01.2013) (Maßnahmen bei der Verwendung von unverpacktem Trockeneis). Das trifft doch nicht zu, oder? In der alten Fassung ging es in § 21 Absatz 1 Nummer 8 um das Beförderungspapier und ich vermute mal, dass Du Dich darauf beziehst.
Gehen wir mal davon aus, dass es sich um einen Gefahrguttransport auf der Straße gehandelt hat. In § 1 Abs. 1
OWiG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten) ist festgelegt, dass die Behörde nur dann ein Bußgeld verhängen kann, wenn neben der Rechtswidrigkeit auch die Vorwerfbarkeit gegeben ist. Nachdem Beförderer, Fahrzeugführer, Empfänger und Entlader anscheinend nicht erkennen konnten, dass es sich um Gefahrgut handelte, wird man diesen Beteiligten aus meiner Sicht keinen Vorwurf machen können. Es spielt insofern keine Rolle, ob diese Beteiligten überhaupt irgendwelche Pflichten hätten wahrnehmen sollen.
Wie sah denn der Speditionsvertrag aus? Gibt es einen Auftraggeber des Absenders? Und wurden die Absenderpflichten dann vom Spediteur wahrgenommen? Konnte der Spediteur erkennen, dass es sich um Gefahrgut handelte, weil er vom Auftraggeber des Absenders über die Gefahrguteigenschaften informiert wurde?
Handelte es sich beim Absender, Verpacker und Verlader um ein und dasselbe Unternehmen oder waren dies unterschiedliche Unternehmen? Um eine genauere Beurteilung vornehmen zu können, müsste die Konstellation des Falls besser bekannt sein. Vielleicht kannst Du ja noch etwas mehr Input liefern.
Erste Hinweise zu den Vorwürfen finden sich im Protokoll, dass bei der Kontrolle erstellt wurde; der Fahrzeugführer erhält normalerweise eine Kopie davon. Im nächsten Schritt wird dann von der Behörde ein Anhörbogen verschickt; hier werden die Vorwürfe präziser formuliert. Ohne den Anspruch einer vollständigen oder fehlerfreien Liste erheben zu wollen, könnten aus meiner Sicht bei einem Straßentransport folgende Pflichtverletzungen gem.
GGVSEB (Stand: 01.01.2013) relevant sein:
- Auftraggeber des Absenders:
- § 17 Abs. 1 Nr. 2 (§ 37 Abs. 1. Nr. 3 Buchstabe b) - Absender:
- § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a (§ 37 Abs. 1. Nr. 4 Buchstabe a)
- § 18 Abs. 1 Nr. 8 Buchstabe (§ 37 Abs. 1. Nr. 4 Buchstabe h)
- evtl. auch § 18 Abs. 1 Nr. 12 (§ 37 Abs. 1. Nr. 4 Buchstabe l) - Verpacker:
- § 22 Abs. 2 Nr. 1 (§ 37 Abs. 1. Nr. 11 Buchstabe f) - Verlader:
- § 21 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 (§ 37 Abs. 1. Nr. 10 Buchstabe i)
- evtl. auch § 29 Abs. 1 (§ 37 Abs. 1. Nr. 21 Buchstabe a)
- § 21 Abs. 2 Nr. 3 (von Dir genannt) wäre nur anwendbar, wenn es sich um ungereinigte leere Verpackungen handelt. Trifft das zu?
Zur möglichen Bußgeldhöhe kann ich keine qualifizierten Angaben machen. Da wäre ggf. Anlage 7 RSEB heranzuziehen; die RSEB 2013 liegen derzeit noch nicht vor. In Anlage 7 RSEB sind in der rechten Spalte Kategorien (I, II, III) aufgeführt. Diese Kategorien sind in Anlage 3 (zu § 3 Abs. 7)
GGKontrollV beschrieben. Die Beförderung von Gefahrgütern ohne Hinweis auf ihr Vorhandensein (z. B. Dokumente, Kennzeichnung und Bezettelung der Versandstücke, Anbringen von Großzetteln (Placards) und Kennzeichnung am Fahrzeug) ist in Kategorie I (Verstoß gegen die einschlägigen ADR-Bestimmungen mit einer hohen Lebensgefahr bzw. der Gefahr schwerer gesundheitlicher Schäden oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt) eingestuft. In der Regel werden dann von den Ordnungskräften unverzüglich geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr ergriffen, z. B. Untersagung der Weiterfahrt, Stilllegung des Fahrzeugs.
Hinweispflichten auf Gefahrgut finden sich außerdem in § 410 HGB (Absenderpflicht im Frachtgeschäft) und § 455 HGB (Versenderpflicht im Speditionsgeschäft). Bußgelder sind mir hier aber nicht bekannt.
Schöne Grüße.