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Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV #17664 07.10.2013 17:29
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Claudi Offline OP
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Hallo liebe Gefahrgut-Spezis, ich brauche mal eure Hilfe:

Dioxin- und furanhaltige Filterstäube, Analyse liegt vor.

FALL 1:
Wenn die Mengengrenzen nach Anlage 2 Nr. 1 GGVSEB nicht erreicht sind, gibt es erstmal kein Beförderungsverbot. Ich brauche also die GGAV Ausnahme 19 nicht heranzuziehen - schaue aber trotzdem rein und sehe eine Freistellung:
"Lösungen und Gemische, die die Werte nach der Anlage 2 der GGVSEB erreichen oder unterschreiten, unterliegen nicht den Vorschriften der GGVSEB, sofern sie auf Grund ihrer Eigenschaften nicht einer anderen Klasse zuzuordnen sind. Dies gilt jedoch nicht für 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin."

Die Werte sind nicht erreicht, also könnte ich ganz aus dem Gefahrgutrecht heraus (wobei ich vllt doch in die Klasse 9 komme wegen Umweltgefährdung bzw. das nicht ausschließen mag). Leider ist 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (TCDD) enthalten, damit nützt die Freistellung nichts und ich bleibe wohl im Gefahrgutrecht und muss als giftig einstufen? TCDD hat einen LD50 (oral Ratte) von 0,02 mg/kg, ich habe aber nur 4 Nanogramm/kg im Staub... aber mit all den anderen Dioxinen/Furanen fühlt sich Klasse 6.1 VG III doch ganz gut an. Oder ist dieser Staub am Ende doch so harmlos, dass man aufgrund der Freistellungen aus Ausnahme 19 und des minimalen Anteils TCDD doch aus der Klasse 6.1 heraus kommt (Umweltgefährdung sehe ich weiterhin als potentiell möglich an, da Blei und Zinkverbindungen im Staub sind).

FALL 2: Die Mengengrenzen nach Anlage 2 GGVSEB sind überschritten, d.h. eigentlich Beförderungsverbot, aber es gibt Ausnahme 19 GGAV. Die würde ich auch gerne anwenden und in Gruppe A, B oder C einstufen (Klasse 6.1, VG I, II oder III) nur es steht immer wieder da "ausgenommen 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin". Was bedeutet das nun? Die GGAV sagt mir zwar, das TCDD ausgenommen ist von der Zuordnung zu den Gruppen A, B oder C, aber was soll denn mit dem TCDD geschehen? Soll keine Festlegung der VG nach Gruppen ABC erfolgen sondern anhand des LD50-Wertes des Staubes (der nicht bekannt ist)? Oder Abschätzung der VG anhand Zuordnung zu Gruppen und Betrachng des LD50-Wertes von TCDD als Anteil im Gesamtstaub? Darf dieser Filterstaub (mit 29 ng/kg TCDD) nicht befördert werden, weil nach GGVSEB verboten und GGAV TCDD ausschließt? Bleibt hier nur eine Einzelausnahme nach §5 GGVSEB? <img src="/ubbthreads/images/graemlins/confused.gif" alt="" />

Freue mich sehr über Anregungen oder Erfahrungen. Im Übrigen wäre eine Zuordnung zu 6.1 VG II oder I für die Branche ziemlich problematisch, da diese Filterstäube idR in loser Schüttung gefahren werden, was nur mit VG III möglich ist.

Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: Claudi] #17665 08.10.2013 08:43
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Gandalf Offline
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Hallo Claudi,
soweit ich das bisher immer verstanden habe, bezieht sich dieser Zusatz auf das reine 2,3,7,8-TCDD, heißt wenn mehr als 1 µg/kg enthalten ist, wird hier jetzt nicht nach Ausnahme 19 "runtergerechnet", sondern dann ist immer VG I.
Für deinen Filterstaub gelten die jeweiligen Grenzen nach Anlage 2 Nr. 1.1 a, b und c der GGVSEB. Erst wenn einer oder mehrere dieser Werte überschritten sind, gehts zur GGAV 19 und der Feststellung der UN-Nummer und der VG anhand der Umrechnung in TE. Wichtig bei der ganzen Sache ist immer, die Erfahrung habe ich gemacht, dass man zuerst mal genau schauen muss, welche Einheit ist bei der Analyse angegeben (µg oder ng). Weiterhin zu beachten ist, dass die I-TE nur für die GGAV 19 gelten, die Grenzwerte in Anlage 2 Nr. 1 GGVSEB beziehen sich auf den tatsächlichen Gehalt.
Die Prüfung nach umweltgefährdend wg. Zn und/oder Pb ist, wie du schon geschrieben hast, separat zu prüfen.
Gruß Gandalf

Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: Gandalf] #17666 08.10.2013 10:26
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Claudi Offline OP
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Danke für den Input.

Es sind von TCDD 4 bzw. 29 Nanogramm pro kg Staub enthalten (das mit den Einheiten passt). Damit liegt man weit unter den Grenzen der Anlage 2 GGVSEB, leider sind noch andere Stoffe der Anlage 2 Nr. 1.2 a) enthalten, was in Summe dazu führt, dass die Grenzen nach GGVSEB überschritten sind und ich in die Ausnahme 19 rein muss.
Ich könnte mir vorstellen, dass TCDD aus der Ausnahme 19 ausgenommen ist, weil dieses eine Dioxin im ADR namentlich erwähnt wird (Transportverbot bei Konzentration "sehr giftig" - siehe 2.2.61.2.2 ADR bzw. SV 614) und nicht doppelt geregelt werden sollte.
Nun liegt es in den Stäuben in so geringen Konzentrationen (4 bzw. 29 nanogramm/kg) vor, dass sich rein auf das TCDD ein LD50-Wert ergibt, der meilenweit von der Klasse 6.1 entfernt ist. Aber auch hier würde ich wegen der Summe aller Dioxine und Furane eine Einstufung in 6.1 für notwendig erachten, jedoch auch in der VG III (diese ergibt sich für alle anderen Furane und Dioxine nach der Berechnung aus Ausnahme 19).

Bin ich irgendwie total auf dem Holzweg? Würde ich wegen einer hohen Konzentration von TCDD in VG I gehen, gäbe es nach ADR ein Beförderungsverbot.

Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: Claudi] #17667 09.10.2013 11:15
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Gandalf Offline
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Hallo Claudi,
nach einer Nacht drüber schlafen und mehrmaligem lesen bin ich ehrlich gesagt keinen Deut schlauer was dieser letzte Satz unter Nr. 2 in GGAV Nr. 19 nun genau bedeuten soll. Ich gestehe, dass ich ihn bisher so auch nicht zur Kenntnis genommen habe.
Wenn ich das richtig sehe, ist der Grenzwert für die Freistellung in Anlage 2 GGVSEB für 2,3,7,8-TCDD deutlich niedriger, als dass daraus eine Einstufung nach ADR als sehr giftig resultiert. Das kann es also meiner Meinung nach nicht sein.
Wenn der Satz sich auf den 1. Satz bezieht, würde das ja heißen, dass 2,3,7,8-TCDD immer unter die Vorschriften der GGVSEB fällt, unabhängig von der Konzentration. Ein bisschen 2,3,7,8-TCDD findet sich immer. Wenn das beabsichtigt war, warum dann überhaupt die Nennungen von 2,3,7,8-TCDD in Anlage 2 und Zuordnung zur Gruppe a mit einem Grenzwert in der GGVSEB? Das macht doch keinen Sinn, bzw. dann hätte man das in der GGVSEB schon klarstellen können. Wer schaut denn noch, ob es eine Ausnahme gibt, wenn er die Freistellung der GGVVSEB einhält?
Wenn es sich auf Lösungen und Gemische bezieht, die nur aus dem Reinstoff 2,3,7,8-TCDD hergestellt wurden, dann ist mir aber nicht klar, warum diese auch beim Unterschreiten des Grenzwerts unter die GGVSEB fallen sollen und die anderen nicht. Die Gefährlichkeit wird doch nicht dadurch erhöht, dass es ein Gemisch aus einem Reinstoff ist, statt eines Sammelsuriums: 0,5 µg/kg 2,3,7,8-TCDD sind 0,5 µg/kg TCDD, egal wo und wie es vorliegt, alleine oder mit anderen. Das eine wäre dann freigestellt und das andere nicht?
Ich frage mich zwischenzeitlich schon, ob das hier vielleicht ein handwerklicher Fehler sein kann?
Wir sind bisher jedenfalls so verfahren: Wenn die GW in Anlage 2 GGVSEB überschritten sind, dann befördern wir nach GGAV Nr. 19, ansonsten nicht.
Gruß Gandalf

Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: Gandalf] #17668 09.10.2013 15:59
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Eine Rechenbeispiel aus der österreichischen Norm S2105:
Der Abfall enthält 1 mg/kg (1 ppm) TCDD; der Verdünnungsfaktor ist somit 1000000; der LD50-Wert von TCDD ist 0,000002 g/kg (Körpergewicht); die Toxizität des Abfalls (LD 50) beträgt daher 0,000002 g pro kg x 1000000 = 2 g pro kg, der Abfall ist daher kein Gefahrgut im Sinne des ADR, jedoch gefährlicher Abfall gemäß Abfallverzeichnisverordnung.

Man müsste also schon fast ein viertel kg (für 100 kg Körpergewicht) essen um eine lethale Dosis zu bekommen, bei Kochsalz genügt ein Esslöffel.

Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: DFK] #17669 09.10.2013 18:28
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GG1 Offline
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Antwort auf

Man müsste also schon fast ein viertel kg (für 100 kg Körpergewicht) essen um eine lethale Dosis zu bekommen, bei Kochsalz genügt ein Esslöffel.


Sicher, daß ein Eßlöffel für 100 kg Körpergewicht reicht? Ich habe was mit um 1 g pro kg Körpergewicht im Kopf.

Grüße
GG1

Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: GG1] #17670 10.10.2013 14:56
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Gandalf Offline
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Hallo zusammen,
ich noch mal. Hab noch mal eine wenig gegoogelt und soweit ich das sehen konnte, ist dieser besagte 2. Satz unter Nr. 2 "Freistellungen" der Ausnahme 19 bei der Änderung der GGAV im Dezember 2011 auf Grund einer redaktionellen Änderung hinzugefügt worden.
Bei redaktionellen Änderungen erwarte ich ja eigentlich mehr eine Klarstellung. In diesem Fall jedoch verschließt sich mir das aber etwas. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smirk.gif" alt="" />
Gruß Gandalf

Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: Gandalf] #17671 10.10.2013 16:18
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Gerald Offline
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Hallo Gandalf,

Antwort auf
der Ausnahme 19 bei der Änderung der GGAV im Dezember 2011 auf Grund einer redaktionellen Änderung hinzugefügt worden.


In Anlage 2 GGVSEB Nr. 1.1 a) steht z.B. " insgesamt mehr als 1 µg/kg (ppb) der polyhalogenierten Dibenzodioxine ...", das Bedeutet für mich, wenn der Wert unter "1 µg/kg" oder genau "1 µg/kg", dann kann ich die Ausnahme 19 -2 Freistellung- nutzen, außer für 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin, weil hier zu eine eigene Tabelle unter Ziffer 3 steht.


Gruss aus Unterfranken

Gerald
Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: Gerald] #17672 11.10.2013 08:05
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Gandalf Offline
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Hallo Gerald,
dem möchte ich ein wenig widersprechen. Die Tabelle unter 3 in der Ausnahme 19 ist keine Tabelle für 2,3,7,8-TCDD sondern eine Umrechnungshilfe in I-TE, welche die anderen Dioxine/Furane ins Verhältnis zur Gefährlichkeit von 2,3,7,8-TCDD setzt. Wenn für 2,3,7,8-TCDD eine Freistellung gem. 2 nicht möglich sein soll, käme ja folgendes zum Tragen:
Eine Lösung/Gemisch welches nur 1 ng/kg 2,3,7,8-TCDD enthält muss gem. Ausnahme 19 befördert werden (mit allem drum und dran), weil die Freistellung nach 2 nicht greift.
Eine Lösung/Gemisch welches nur 1,2,3,7,8-PCDD in einer Konzentration von 1 µg/kg enthält, muss ebenfalls nach Ausnahme 19 befördert werden, fällt aber dann unter die Freistellung nach Nr. 2.
Ein Vergleich der I-TE zeigt, für Gemisch 1 ein I-TE von 1 ng/kg (Umrechnungsfaktor 1), für das zweite Gemisch ein I-TE von 0,5 µg/kg (Umrechnungsfaktor 0,5). Das zweite Gemisch hat also eine vergleichbare Giftigkeit wie 0,5 µg/kg 2,3,7,8-TCDD und fällt unter die Freistellung während Gemisch 1, dessen Giftigkeit um den Faktor 500 niedriger ist, komplett nach GGAV 19 befördert werden muss?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies tatsächlich mit der redaktionellen Änderung beabsichtigt war?
Gruß Gandalf

Re: Filterstäube TCDD und die Ausnahme 19 GGAV [Re: GG1] #17673 11.10.2013 10:12
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DFK Offline
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Das stimmt schon, dass man normaler Weise etwas mehr Salz benötigt für einen Todesfall, aber wir hatten in Österreich vor nicht allzulanger Zeit einen Todesfall mit Kochsalz als Brechmittel. Jedenfalls sollte Kochsalz nicht zum Gefahrgut werden und auch Abfälle mit ähnlicher Toxizität nicht. Übrigens hatten wir eine Vergiftung mit TCDD und die betreffende Person hatte noch bei einer späteren Kontrolle eine 10-fach lethale Dosis intus ohne in Lebensgefahr zu sein.
Die LD50-Werte sind ja bestenfalls Richtwerte und nicht so genau zu nehmen. Die Skala der Werte geht ja über sehr viele Zehnerpotenzen:
Bereich der LD50 (g/kg Körpermasse):
Botulinum toxin: 0,000000001
Sarin: 0,0001
Zyankali: 0,005
Salz: 3

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