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Freistellung ? #18020 16.12.2013 09:01
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Udo Freitag Offline OP
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Moin, moin,

ein Handelsvertreter für "Malerzubehör" besucht in der vorweihnachtlichen Zeit seine Kunden. Hierzu transportiert er in seinem PKW u.a. alkoholische Getränke und Feuerwerkskörper (1.4G). Der Kunde kann dann wahlweise zwischen Champus und Böllern wählen. Nun meine Frage. Kann der Vetreter eine Freistellung vom ADR nutzen? Ich meine nein. Bedeutet 2kg Feuerlöschgerät und Unterweisung des Verteters wären Pflicht. Auf das Beförderungspapier könnte man nach Ausnahme 18 verzichten.

Wie seht Ihr das?

Gruß

Udo

Re: Freistellung ? [Re: Udo Freitag] #18021 16.12.2013 09:09
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Stefan82 Offline
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Dem würde ich mich ebenfalls anschließen.

Nach 1.1.3.6 und Ausnahme 18


Grüße aus der Hauptstadt

Stefan
Re: Freistellung ? [Re: Udo Freitag] #18022 16.12.2013 18:43
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King_Louie_21 Offline
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Kann der Vetreter eine Freistellung vom ADR nutzen? Ich meine nein.

Hallo Udo,

Freistellungen sind in Abschnitt 1.1.3 ADR geregelt. Deine Frage lässt sich aus meiner Sicht auf die Beförderung von Gegenständen mit 1.4G-Explosivstoffen fokussieren.

Champus mit Flammpunkt > 35°C, der selbständig eine Verbrennung unterhält, ist atypisch und es würde mich schon sehr überraschen, wenn der Champus entgegen der Bemerkung 1 in Abs. 2.2.3.1.1 ADR doch der Klasse 3 zuzuordnen wäre. Das gilt auch für andere alkoholische Getränke (UN 3065). Sollten die Kunden des Handelsvertreters tatsächlich mit hochprozentigem Melissengeist begünstigt werden, dann würde ich eine zusammengesetzte Geschenk-Verpackung mit weihnachtlichem Motiv empfehlen und die Beförderung gemäß der Freistellung für begrenzte Mengen (Abs. 1.1.3.4.2 ADR) in Erwägung ziehen. Die vorgeschriebene Kennzeichnung der Versandstücke wäre in kontrastierender Form vorzunehmen.

Für die Beförderung der Gegenstände mit 1.4G-Explosivstoffen empfiehlt sich die Freistellung in Zusammenhang mit Mengen, die je Beförderungseinheit befördert werden (Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR). Gegenstände mit 1.4G-Explosivstoffen fallen in die Beförderungskategorie 2 und die freigestellte Menge beträgt 333 kg. Die in Abs. 1.1.3.6.2 ADR aufgeführten Vorschriften müssen dann nicht beachtet werden; alle anderen Vorschriften des ADR jedoch schon. U.a. muss der von Dir erwähnte Feuerlöscher (2 kg) mitgeführt werden und der Fahrer sowie ggf. die sonstige Fahrzeugbesatzung müssen nach Kapitel 1.3 ADR in Verbindung mit Abschnitt 8.2.3 ADR geschult sein. Die Ausnahme 18 darf zusätzlich angewendet werden.

Gemäß Abs. 1.1.3.6.5 ADR sind Mengen, die nach Abs. 1.1.3.4.2 ADR freigestellt sind, bei der Berechnung der Mengen im Rahmen des Unterabschnitts 1.1.3.6 ADR ausdrücklich nicht zu berücksichtigen. Gegebenenfalls bleiben also die gesamten 333 kg (Nettomasse des explosiven Stoffes) als Freimenge für die Böller übrig. Und damit kann man es schon krachen lassen!

Sollten die 1.4G-Explosivstoffe dazu verwendet werden, um mit innovativen Methoden alten Putz von vergilbten Wänden zu sprengen, damit die Wände anschließend mit dem Malerzubehör behandelt werden können, dann käme für diese Muster-Böller auch die Anwendung der sogenannten Handwerker-Freistellung (Unterabschnitt 1.1.3.1 c) ADR) unter Berücksichtigung der Mengenobergrenze in Anlage 2 Nr. 2.1 c) aa) GGVSEB in Frage. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/cool.gif" alt="" /> Ich bin mir sicher, dass Dein Handelsvertreter ein geborenes Verkaufsgenie ist. Mithin sollte es ihm ein Leichtes sein, diese Sichtweise der Dinge auch eventuellen Kontrollorganen verständlich zu machen.

Der gewerbliche Kunde sollte darüber hinaus nicht vergessen, die Empfängerpflichten zu beachten, wenn ihm der Handelsvertreter die Geschenke überreicht. Sollte eine private Nutzung der weihnachtlichen Gaben durch Mitarbeiter des Kunden vorgesehen sein, dann können diese die Beförderung unter Inanspruchnahme der Freistellung für Privatpersonen (Unterabschnitt 1.1.3.1 a) ADR) durchführen. Hier drohen aber andere Fallstricke: Insbesondere, wenn der Handelsvertreter im Raum Hannover tätig ist, dann sollte dringend vorab eine juristische Expertise zu strafrechtlichen Aspekten der Begünstigung, Vorteilsgewährung und versuchten Bestechung eingeholt werden. Die Staatsanwaltschaft Hannover ist bundesweit als Spaßbremse bekannt! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smirk.gif" alt="" />

Schöne Grüße.

_________________
[i]P.S. Als Anerkennung für diesen kleinen Tipp würde ich es nicht ausschließen, dass sich der Verfasser dieses Beitrags über eine Flasche Champus freuen könnte. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Zuletzt bearbeitet von King_Louie_21; 17.12.2013 08:11.
Re: Freistellung ? [Re: King_Louie_21] #18023 27.12.2013 07:12
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King_Louie_21 Offline
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Hallo Udo,

auch wenn Dein Handlungsvertreter womöglich schon den gesamten Champus an seine Klientel verteilt hat, so muss ich mich doch in Bezug auf die UN-Nr. 3065 (ALKOHOLISCHE GETRÄNKE) korrigieren:
  • Die Alkoholkonzentration von Champus beträgt < 24%. Unabhängig davon, ob der Champus die Kriterien der Klasse 3 in Bezug auf die Entzündbarkeit überhaupt erfüllt, gilt hier bereits eine Freistellung gemäß Abs. 1.1.3.4.1 ADR (SV 144).
  • Sollte anstelle des Champus nächstes Jahr italienischer Edelgrappa an die Kunden in Behältnissen < 250 l verschenkt werden, dann gilt wiederum eine Freistellung gemäß Abs. 1.1.3.4.1 ADR (SV 145). Der Alkoholgehalt von Grappa liegt lt. italienischem Recht zwischen 37,5% und 70%.
  • Falls die Klientel des Handelsvertreters mit hochprozentigem Melissengeist (79 Vol.-% Alkohol) ruhig gestellt werden muss, dann kann die bereits erwähnte Freistellung gemäß Absatz 1.1.3.4.2 ADR für begrenzte Mengen in Anspruch genommen werden.
Schöne Grüße.


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