Braucht ein "Makler" einen Gefahrgutbeauftragten?
#18906
30.06.2014 12:05
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ARK
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Hallo zusammen, wir kennen alle die sogenannten "Beteiligten" beim Transport gefährlicher Güter. Eine Spedition, die ein Umschlagslager betreibt und dort gefährliche Güter entgegen nimmt bzw. übergibt; oder einen Transport im "Selbsteintritt" durchführt, gehört unzweifelhaft dazu.
Wie aber ist es mit einer "reinen" Spedition? Also einem Unternehmen, welches lediglich Transportaufträge auf dem Markt sucht und an Transportdienstleister vermittelt? Wenn es also quasi als "Makler" lediglich den Auftraggeber und den Beförderer zusammen bringt, aber keinerlei eigene Transport- oder Lagerumschlagsleistungen erbringt?
Hier greift m.E. noch nicht mal die Begrifflichkeit des "Auftraggebers des Absenders". Denn die "reine Spedition" beauftragt ja nicht den Absender, sondern erhält im Gegenteil von diesem den Auftrag, für ihre Sendung einen passenden Transportdienstleister zu suchen. Auch der "Beförderer" scheint nicht zu passen. Denn "Beförderer" ist ja das Unternehmen, welches die Beförderung "durchführt" - also der Transportdienstleister. Auch die erweiterte Definition des "Absenders" passt nicht. Denn weder versendet der "reine Spediteur" selbst, noch ist er in einem eventuellen "Beförderungsvertrag" als Absender genannt; noch wird an irgend einer Stelle der Abwicklung das Gefahrgut unmittelbar an ihn oder von ihm "übergeben". Damit passen dann auch die anderen Definitionen (Empfänger, Verlader, Verpacker, Befüller, etc.) nicht.
Ist der "reine Spediteur" also ein Unternehmen (welches sich möglicherweise sogar auf die Vermittlung von Gefahrguttransporten spezialisiert hat und dazu natürlich über entsprechenden Sachverstand verfügen sollte), welches von den Vorschriften der ADR/GGVSEB/GbV nicht berücksichtigt wird?
Oder kennt jemand von Euch eine rechtliche Konstellation, welche es doch in die Pflicht nimmt?
Mit freundlichen Grüßen ARK
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Re: Braucht ein "Makler" einen Gefahrgutbeauftragten?
[Re: ARK]
#18907
30.06.2014 15:55
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aw_
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Hallo, solange der Makler zwischen den Beteiligten nur vermittelt braucht er keinen Gb, und die Verantwortlichkeiten bleiben bei den Beteiligten. Wird der Makler aber dahingehend aktiv, dass er z.B. Aufträge vergibt, kann er zum Auftraggeber des Absenders werden. Verstehe aber den Terminus 'reiner Spediteur als Vermittler' in Deinem Beitrag nicht. Ein reiner Spediteur befördert doch eigentlich, und ist somit Beförderer, oder? grüsse..aw
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Re: Braucht ein "Makler" einen Gefahrgutbeauftragten?
[Re: ARK]
#18908
30.06.2014 22:06
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Hallo ARK, sowohl der Auftraggeber des Absenders wie auch der Absender sind verpflichtet, einen Gefahrgutbeauftragten zu bestellen, außer sie fallen unter die Befreiungstatbestände des § 2 GbV. Aus meiner Sicht bestehen zwischen Speditionsgeschäften und der Tätigkeit als Handelsmakler folgende Unterschiede: a) Speditionsgeschäfte- Die RSEB beschäftigt sich in Randnr. 17.1 bis 17.4 mit dem Auftraggeber des Absenders und der Sachlage bei Speditionsverträgen. Liegt ein Speditionsvertrag zwischen dem Versender und einer Spedition vor, dann benötigt die Spedition in der Regel einen Gefahrgutbeauftragten.
Speditionsgeschäfte werden behandelt im Handelsgesetzbuch, Viertes Buch, Fünfter Abschnitt: - § 453 (1) HGB: «Durch den Speditionsvertrag wird der Spediteur verpflichtet, die Versendung des Gutes zu besorgen.»
- § 454 (1) HBG: «Die Pflicht, die Versendung zu besorgen, umfasst die Organisation der Beförderung, insbesondere
1. die Bestimmung des Beförderungsmittels und des Beförderungsweges, 2. die Auswahl ausführender Unternehmer, den Abschluss der für die Versendung erforderlichen Fracht-, Lager- und Speditionsverträge sowie die Erteilung von Informationen und Weisungen an die ausführenden Unternehmer [...]» - § 455 (1) HGB: «[...] Soll gefährliches Gut versendet werden, so hat der Versender dem Spediteur rechtzeitig in Textform die genaue Art der Gefahr und, soweit erforderlich, zu ergreifende Vorsichtsmaßnahmen mitzuteilen.»
Das HGB sieht somit ausdrücklich vor, dass der Spediteur mit dem Frachtführer einen Fracht-/Beförderungsvertrag oder mit einer weiteren Spedition einen Speditionsvertrag abschließt sowie entsprechende Informationen und Weisungen erteilt. Dazu gehören auch die Angaben nach Abschnitt 5.4.1 ADR, die der Versender vorab dem Spediteur mitzuteilen hat. b) Handelsmakler- Handelsmakler werden beschrieben im Handelsgesetzbuch, Erstes Buch, Achter Abschnitt:
- § 95 (1) HGB: «Wer gewerbsmäßig für andere Personen, ohne von ihnen auf Grund eines Vertragsverhältnisses ständig damit betraut zu sein, die Vermittlung von Verträgen über [...] Güterbeförderungen [...] übernimmt, hat die Rechte und Pflichten eines Handelsmaklers.»
- § 97 HGB: «Der Handelsmakler gilt nicht als ermächtigt, eine Zahlung oder eine andere im Vertrage bedungene Leistung in Empfang zu nehmen.»
- § 99 HGB: «Ist unter den Parteien nichts darüber vereinbart, wer den Maklerlohn bezahlen soll, so ist er in Ermangelung eines abweichenden Ortsgebrauchs von jeder Partei zur Hälfte zu entrichten.»
Wie ist bei einem Maklergeschäft sichergestellt, dass die gefahrgutrechtliche Informationskette zwischen dem Versender und dem Frachtführer/Beförderer nicht abreißt? Hier kommt es genau darauf an, wie die Pflichten zwischen den Parteien festgelegt sind. Wenn die Informationskette ohne Mithilfe des Handelsmaklers funktioniert, dann benötigt der Handelsmakler keinen Gefahrgutbeauftragten. Funktioniert die Informationskette jedoch nur dann, wenn auch der Handelsmakler Informationen an einen nachfolgenden Beteiligten weitergibt, dann ist der Handelsmakler aus meiner Sicht gefahrgutrechtlich entweder als Auftraggeber des Absenders oder als Absender tätig und er benötigt gegebenenfalls einen Gefahrgutbeauftragten.
Schöne Grüße.
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Re: Braucht ein "Makler" einen Gefahrgutbeauftragten?
[Re: aw_]
#18909
06.08.2014 18:19
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Hallo, Verstehe aber den Terminus 'reiner Spediteur als Vermittler' in Deinem Beitrag nicht. Ein reiner Spediteur befördert doch eigentlich, und ist somit Beförderer, oder? grüsse..aw Nein. Der "reine" Spediteur "besorgt" eine Transportdienstleistung. Transportiert er selbst, dann ist er "Spediteur im Selbsteintritt". Die Problematik liegt einer Unschärfe der Begriffsbestimmungen des ADR. Nach der Definition des ADR ist der "Beförderer" ja das "Unternehmen, das die Beförderung mit oder ohne Beförderungsvertrag durchführt". Da die ADR die Begrifflichkeit des "Frachtführers" nicht kennt/unterscheidet, dürfte mit der Definition des Beförderers seitens dem ADR also derjenige gemeint sein, der die tatsächliche Transportdienstleistung erbringt. Ein Spediteur kann aber z.B. im Rahmen eines "Beförderungsvertrages ohne Fixkosten" die Verbringung einer Ware von A nach B (oder für eine Teilstrecke) übernehmen, ohne je mit eigenem Equipment an der tatsächlichen Durchführung der Transportdienstleistung beteiligt zu sein. Er gilt dann gemäß Definition des HBG nicht als Frachtführer. Ergo wäre er dann auch nicht "Beförderer" im Sinne der ADR und bräuchte somit auch keinen Gefahrgutbeauftragten.
Mit freundlichen Grüßen ARK
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Re: Braucht ein "Makler" einen Gefahrgutbeauftragten?
[Re: King_Louie_21]
#18910
06.08.2014 18:44
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Hallo King Louie, Aus meiner Sicht bestehen zwischen Speditionsgeschäften und der Tätigkeit als Handelsmakler folgende Unterschiede: Soweit OK. Danach wäre also eine "Frachtenbörse", deren Tätigkeit einerseits in der Vermittlung von Frachten, andererseits in der Vermittlung von Transportraum besteht, als "Handelsmakler" anzusehen. Wenn diese "Frachtraumvermittlung" von einem Spediteur durchgeführt wird, wäre diese also für dieses Rechtsgeschäft ebenfalls als Handelsmakler zu betrachten. Beispiel: Ein Unternehmen (A) fragt für eine Ladung Gefahrgut Frachtraum über die ihr bekannten Kanäle an. Es meldet sich eine SPEDITION (S), die ein drittes Unternehmen als FRACHTFÜHRER (F) anbietet. S "vermittelt" also nur F an A. Zwar läuft die Abrechnung der Transportdienstleistung über S - schließlich will der ja auch was an der Vermittlung verdienen. Aber den eigentlichen "Beförderungsvertrag" schließt A mit F. Frage: Braucht S in einem solchen Fall einen Gefahrgutbeauftragten? Zwar ist es unzweifelhaft richtig, dass "S" über das notwendige Fachwissen verfügen sollte, um das passende Transportmittel anbieten zu können. Aber muss er deswegen einen Gefahrgutbeauftragten im Sinne der ADR bzw. GbV haben? Bin mir nicht sicher ob sich das an dem Funktionieren der Informationskette festmachen lässt. Denn der "Handelsmakler" ist ja kein "Beteiligter" im Sinne der ADR. Also treffen ihn auch keine diesbezüglichen Pflichten. Zum anderen scheint mir die Konstruktion der Beteiligung als Absender oder Auftraggeber des Absenders reichlich unsicher, da der "Makler" ja weder das Gefahrgut übergibt, noch das Unternehmen welches das Gefahrgut verschickt, beauftragt.
Zuletzt bearbeitet von ARK; 06.08.2014 19:08.
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Re: Braucht ein "Makler" einen Gefahrgutbeauftragten?
[Re: ARK]
#18911
06.08.2014 21:56
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King_Louie_21
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Frage: Braucht S in einem solchen Fall einen Gefahrgutbeauftragten? Hallo ARK, nur an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligte Unternehmen, denen Pflichten zugewiesen sind, müssen einen Gefahrgutbeauftragten bestellen, außer es gelten die Befreiungstatbestände des § 2 GbV. Die Definitionen im Gesetzestext müssen auf die Praxis runter gebrochen werden. Es hängt davon ab, ob ein Speditionsvertrag oder ein Maklervertrag geschlossen wird. - Fall 1: Speditionsgeschäft
Die Fa. Geizhals (G) findet über welche Kanäle auch immer die Spedition (S), die verspricht, dafür zu sorgen, dass die Ware zu einem Spottpreis vom Punkt A zum Punkt B befördert wird. Zwischen (G) und (S) wird ein Speditionsvertrag abgeschlossen. Die Spedition (S) beauftragt dann den Frachtführer (F), die Beförderung vorzunehmen und zu einem bestimmten Zeitpunkt die Ware am Punkt A abzuholen und zu Punkt B zu transportieren. Zwischen (S) und (F) wird ein Beförderungsvertrag abgeschlossen. (G) ist Auftraggeber des Absenders, (S) ist Absender, (F) ist Beförderer. - Fall 2: Handelsmakler
Die Fa. Geizhals (G) findet über die Frachtbörse des Maklers (M) einen passenden Frachtführer (F), der die Ware vom Punkt A zu Punkt B für einen Spottpreis befördert. Der Makler (M) bringt lediglich die beiden Parteien (G und F) miteinander in Kontakt und macht sonst nichts. (G) und (F) schließen miteinander einen Beförderungsvertrag ab und der Makler (M) kassiert nur für die erfolgreiche Kontaktvermittlung. (G) ist Absender, (F) ist Beförderer. In diesem Fall hat der Makler (M) aus meiner Sicht keine gefahrgutrechtlichen Pflichten.
Der idealtypische Handelsmakler ist nicht an der Beförderung beteiligt und hat keine gefahrgutrechtlichen Pflichten. Die Realität verhält sich allerdings nicht immer idealtypisch. Wenn der Makler mehr Service bieten will, als nur die Parteien in Kontakt zu bringen und zusätzlich auch teilweise oder ganz die Organisation des Transports übernimmt, dann kommt er je nach Fallkonstellation möglicherweise schnell in die Nähe gefahrgutrechtlicher Pflichten (Absender, Auftraggeber des Absenders).
Nun zu Deinem Beispiel, das auch nicht dem Idealtypus entspricht: Ein Unternehmen (A) fragt für eine Ladung Gefahrgut Frachtraum über die ihr bekannten Kanäle an. Es meldet sich eine SPEDITION (S), die ein drittes Unternehmen als FRACHTFÜHRER (F) anbietet. S "vermittelt" also nur F an A. Zwar läuft die Abrechnung der Transportdienstleistung über S - schließlich will der ja auch was an der Vermittlung verdienen. Aber den eigentlichen "Beförderungsvertrag" schließt A mit F. Ein echter Spediteur im Sinne von § 453 (1) HGB würde sich auch um die Organisation des Transports kümmern, hier vermittelt (S) nur zwischen (A) und (F). Andererseits würde ein reiner Handelsmakler im Sinne des § 97 HGB nur für die Vermittlung bezahlt werden und nicht gleich auch noch die Fracht kassieren. Gut, dass die Parteien untereinander geregelt haben, wer den Beförderungsvertrag abschließt. «Erfolgt die Beförderung auf Grund eines Beförderungsvertrages, gilt als Absender der Absender gemäß diesem Vertrag.» So steht es in Abschnitt 1.2.1 ADR. Wenn (A) direkt mit (F) den Beförderungsvertrag abschließt, dann kann ich keine gefahrgutrechtlichen Pflichten für (S) erkennen. Aber eine Spedition wird ja irgendwann auch mal echte Speditionsgeschäfte im Sinne des § 453 (1) HGB ausführen. Wenn die Spedition dann Beförderungs-/Frachtverträge mit den Beförderern/Frachtführern abschließt, muss sie in der Regel die gefahrgutrechtlichen Absenderpflichten beachten. Schöne Grüße.
Zuletzt bearbeitet von King_Louie_21; 07.08.2014 06:40.
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Re: Braucht ein "Makler" einen Gefahrgutbeauftragten?
[Re: King_Louie_21]
#18912
07.08.2014 14:46
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Hallo King Louie,
stimmt, mein Beispiel entspricht nicht dem "Idealtypus" - oder sagen wir besser - dem "Normalfall". Dennoch kam es mir in der Praxis letztlich unter und ich wollte eben wegen der "Ungewöhnlichkeit" meine Einschätzung hier im Forum überprüfen. Dein Beitrag hat diese weitestgehend bestätigt. Vielen Dank dafür.
Die Problematik liegt im Wesentlichen in der Abgrenzung zwischen "Makler" und "Spediteur". Es ist eben sehr ungewöhnlich, wenn ein Spediteur sich als Frachtmakler betätigt und die "Grenze" vom Makler zum Spediteur ist schnell überschritten; zumal die Rechtsverhältnisse in der Praxis selten so eindeutig und vor allem schriftlich geregelt werden, wie in dem Beispiel. Handelt es sich bei der vermittelten Transportdienstleistung um einen Gefahrguttransport, dann kann aus dem "Frachtmakler" ein "Beteiligter nach ADR oder GGVSEB" werden. Kommt das öfter vor, so dass die Mengengrenzen nach GbV überschritten werden, und der GB ist nicht bestellt, dann geht der "Spediteur als Frachtmakler" ein nicht unerhebliches Bußgeldrisiko ein.
Mit freundlichen Grüßen ARK
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