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Haftung bei Shipper's und IMO-Erklärungen #21567 01.02.2016 16:23
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tanner04 Offline OP
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Hallo zusammen,

könnte mir bitte jemand verbindlich sagen, wer im Schadensfall beim Luft- und Seeverkehr haftbar gehalten wird, wenn ich die Shipper's bzw. IMO unterschrieben habe? Ich war immer der Meinung, dass ich persönlich in die Haftung gezogen werden kann, wenn ich Shipper's und IMOs unterschreibe. Unser Betriebsrat meint aber, dass die Firma, für die ich tätig bin, hafte, es sei denn, ich hätte grob fahrlässig gehandelt.

Was ist denn nun richtig?

Vielen Dank im Voraus für Eure Infos & viele Grüße,

Tobi

Re: Haftung bei Shipper's und IMO-Erklärungen [Re: tanner04] #21568 04.02.2016 12:49
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Skypainter Offline
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Hallo Tobi,
beides ist richtig. Nehmen wir mal als Beispiel die Shipper's Declaration für Transporte im Luftverkehr.

8.1.4.1 Unterschrift

8.1.4.1.1 Der Vordruck der Versendererklärung muss vom Versender oder einem benannten Vertreter, wie unten beschrieben, unterschrieben und datiert werden....
...Die Versendererklärung für gefährliche Güter kann durch Personen oder Organisationen unterschrieben werden, wenn diese durch den Versender angestellt wurden, um die Verantwortung des Versenders bei der Bereitstellung der Sendung zu übernehmen, und gemäß Unterabschnitt 1.5 ausgebildet sind.


Der Versender, also hier die Firma bei der du angestellt bist, haftet insofern, als dass sie dir die entsprechenden korrekten Angaben zu dem zu transportierenden Gefahrgut machen muss. Du übernimmst allerdings die Verantwortung für die Richtigkeit dieser Angaben. Ein sehr problematischer Fall, wenn z.B. IATA Frachtagenten so ein Papier unterschreiben.

Denn mit der Unterschrift bestätigst du nach 8.1.6.12 die Konformität der Sendung. Also dass das Gefahrgut korrekt beschrieben, klassifiziert, verpackt, markiert und gekennzeichnet wurde. Dazu muss man sich das Packstück wenigstens anschauen.

Ich kenne also nur einen Fall aus den Staaten, wo der Unterzeichnende eine heftige Geldsumme zahlen musste, weil so gut wie nichts gestimmt hatte und bei der Landung in den Staaten diese Ungereimtheiten auffielen. ( Hier frage ich mich natürlich, wie das Ganze die Abflugkontrolle passieren konnte)

Also du stehst auf jeden Fall mit in der Verantwortung. Macht auch vom rechtlich/psychologischen Grundgedanke der Gefahrenminderung Sinn. Wenn du nicht verantwortlich bist, sondern dein Arbeitgeber, warum solltest du dann besondere Vorsicht walten lassen?

Diesen Spruch habe ich auch im Strassenbereich schon von vielen Richtern gehört...


ADR, ADN, RID, IMDG, IATA PK1
spez. Klasse 1 und 7
Strahlenschutzbeauftragter
25 Jahre Pyrotechniker
30 Jahre Gefahrgut sind voll....langsam sollte ich es können
Re: Haftung bei Shipper's und IMO-Erklärungen [Re: Skypainter] #21569 07.02.2016 20:57
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tanner04 Offline OP
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Hallo Skypainter,

vielen Dank erst einmal für Deine ausführliche Antwort! Ich muß mich ja schon ein bißchen wundern, wie leichtfertig offenbar Shipper's und IMOs unterschrieben werden. Es ist doch fahrlässig, als kleines Sachbearbeiterlichtchen die Verantwortung für die Richtigkeit von Daten zu übernehmen, die ich nicht wirklich überprüfen kann. Wer sagt mir denn, daß in den Dosen auch wirklich das benannte Gefahrgut drinnen ist? Was ist z. B., wenn ein frustrierter Packer mir oder der Firma eins auswischen will und statt des vorgegebenen Gefahrguts nicht ein anderes in die Dosen abfüllt? Ich könnte doch nur die Verantwortung für eine Sendung übernehmen, wenn ich das Gefahrgut selbst hergestellt und geprüft, abgefüllt sowie die Dosen in einen Karton mit der korrekten Etikettierung gelegt und an einen sicheren Spediteur übergeben hätte. Wie kann ich denn guten Gewissens sowohl für einen unbekannten Chemiker als auch für einen unbekannten Packer die Verantwortung übernehmen? Wer kann denn im Schadensfall - worst case: Das Passagierflugzeug, mit dem wir unsere Ware verschicken, stürzt ab - überhaupt noch feststellen, wer nun Schuld hat?

Ferner meintest Du, daß man sich das zu versendende Gefahrgutpackstück zumindest anschauen sollte. Nicht immer sind kleinere Defekte aber auf den ersten Blick zu erkennen, z. B. könnte eine der Dosen einen Haarriß aufweisen, der unter veränderten Druckbedingungen im Flieger aufbrechen und das Gefahrgut auslaufen könnte.

Den Richterspruch "wenn Du nicht verantwortlich bist, sondern Dein Arbeitgeber, warum solltest Du dann besondere Vorsicht walten lassen" finde ich auch etwas problematisch, da einem damit ja ziemlich direkt unterstellt wird, daß man nur dann korrekt und gewissenhaft arbeitet, wenn man selbst in die persönliche Haftung gezogen werden kann. Für mich macht es aber schon einen Unterschied, ob ich in der Akkreditivdokumentation einen Punkt falsch setze oder chemische und zum Teil "dual use"-Ware in Passagiermaschinen verschicke.

Weißt Du zufällig, ob die Firma oder mein Vorgesetzter mich dazu zwingen kann, die Shipper's und IMOs zu unterschreiben? Mein Arbeitgeber hat zwar die Direktionsbefugnis, aber die müsste doch spätestens dann enden, wenn ich persönlich in die Haftung genommen werden kann, oder liege ich da falsch?

Nochmals vielen Dank für Deine Bemühungen!

Re: Haftung bei Shipper's und IMO-Erklärungen [Re: tanner04] #21570 08.02.2016 13:46
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Skypainter Offline
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Hallo Skypainter,

vielen Dank erst einmal für Deine ausführliche Antwort! Ich muß mich ja schon ein bißchen wundern, wie leichtfertig offenbar Shipper's und IMOs unterschrieben werden. Es ist doch fahrlässig, als kleines Sachbearbeiterlichtchen die Verantwortung für die Richtigkeit von Daten zu übernehmen, die ich nicht wirklich überprüfen kann. Wer sagt mir denn, daß in den Dosen auch wirklich das benannte Gefahrgut drinnen ist? Was ist z. B., wenn ein frustrierter Packer mir oder der Firma eins auswischen will und statt des vorgegebenen Gefahrguts nicht ein anderes in die Dosen abfüllt? Ich könnte doch nur die Verantwortung für eine Sendung übernehmen, wenn ich das Gefahrgut selbst hergestellt und geprüft, abgefüllt sowie die Dosen in einen Karton mit der korrekten Etikettierung gelegt und an einen sicheren Spediteur übergeben hätte. Wie kann ich denn guten Gewissens sowohl für einen unbekannten Chemiker als auch für einen unbekannten Packer die Verantwortung übernehmen? Wer kann denn im Schadensfall - worst case: Das Passagierflugzeug, mit dem wir unsere Ware verschicken, stürzt ab - überhaupt noch feststellen, wer nun Schuld hat?



Hallo tanner04,
also so schlimm ist es nicht. Immerhin gibt es ja gewisse Verpflichtungen für alle Personen, die am Versand eines Gefahrgutes beteiligt sind. So muß, egal ob ADR, RID, IATA oder IMDG, der Verpacker geschult sein. Und diese Person übernimmt dann auch die Verantwortung der korrekten Verpackung. Damit bist du erstmal aussen vor, was die Verantwortung angeht. Der Versender, in dem angesprochenen Fall also dein Arbeitgeber, ist verpflichtet, die Leute zu schulen und entsprechende Arbeitsmaterialien zur Verfügung zu stellen. Du darfst natürlich dem Verpacker und seinen gemachten Angaben Vertrauen schenken. Das ist auch so in den Vorschriften geregelt. Also da kann dir keiner am Zeug flicken. Wenn aber der Verpacker dir mitteilt, dass du 50 Liter eines Gefahrstoffes in einem Packstück hast und du schreibst in die Deklaration 50 ml und aufgrund einer dadurch erfolgten anderen Stauung (z.B. im Luftverkehr)kommt es zu einem Unfall, dann solltest du für das folgende Verfahren gut vorbereitet sein.

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Ferner meintest Du, daß man sich das zu versendende Gefahrgutpackstück zumindest anschauen sollte. Nicht immer sind kleinere Defekte aber auf den ersten Blick zu erkennen, z. B. könnte eine der Dosen einen Haarriß aufweisen, der unter veränderten Druckbedingungen im Flieger aufbrechen und das Gefahrgut auslaufen könnte.



Richtig, sofern möglich. Aber für den beschriebenen Fall ist wiederum der Verpacker zuständig. Er hat dafür zu sorgen, dass sich das Versandstück in einem einwandfreien, zum Versand tauglichen Zustand findet. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass man bei einer schnellen visuellen Kontrolle oftmals Fehler (Labelung,Beschriftung etc)findet, die eine Ablehnung bei der Annahme bedeuten würden, was nur Stress und Kosten verursacht. Zum Beispiel habe ich schon Container gesehen, die sollten per Schiff auf Reise gehen. Alles war eigentlich perfekt, bis auf das Datum der wiederkehrenden Prüfung. Dies wäre während der Fahrt überschritten worden. Selbst wenn so ein Fehler bei der Ladekontrolle durchrutscht. Spätestens im Empfängerhafen fällt es auf. Und egal ob Shipper's oder IMO...durch seine Unterschrift bestätigt man erstmal die Korrektheit.
Natürlich kommt im Falle eines Unfalls, Ablehnung etc.. erst mal alles auf dich zu. Im weiteren Ablauf des Verfahrens wird, sofern du keinen Fehler gemacht hast, die Verantwortung an die real verantwortliche Person weitergegeben.

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Den Richterspruch "wenn Du nicht verantwortlich bist, sondern Dein Arbeitgeber, warum solltest Du dann besondere Vorsicht walten lassen" finde ich auch etwas problematisch, da einem damit ja ziemlich direkt unterstellt wird, daß man nur dann korrekt und gewissenhaft arbeitet, wenn man selbst in die persönliche Haftung gezogen werden kann. Für mich macht es aber schon einen Unterschied, ob ich in der Akkreditivdokumentation einen Punkt falsch setze oder chemische und zum Teil "dual use"-Ware in Passagiermaschinen verschicke.


Klingt hart, ist aber Realität. Der Mensch an sich tickt halt so. Du gibst ja den Grund im Prinzip selbst an. Wenn du also in einer Akkreditivdokumentation einen Punkt falsch setzt....Dumm gelaufen, aber ist so. Ist nur Papier. Wenn der falsch gesetzte Punkt in einer IMO oder Shippers's schwerwiegende Folgen haben kann, dann ist gewissenhaftes Arbeiten absolut notwendig. Das kann man nicht so einfach wegradieren. Anderes Beispiel. Du hast einen Firmenwagen. Du bist per Gesetz (Vorschriften) von jeder Verantwortung freigestellt, da beim Firmenwagen der Arbeitgeber verantwortlich ist. Was glaubst du, wie oft du gegen sämtliche Regeln der Strassenverkehrsordnung verstossen würdest, weil du ja einen "Persilschein" hast. Aus diesem Grund must du dich auch mit einem Firmenwagen in eigener Verantwortung an die Strassenverkehrsordnung halten und gewisse Stützzahlungen des staatlichen Haushalts (sprich Knöllchen) aus eigener Tasche zahlen. Dadurch fährst du zwangsweise gemäss der Verordnung. Aus gewisser Sicht ist der Bussgeldkatalog also auch eine Vorverurteilung. Da man weiss, dass der Mensch, an und für sich, sich nicht immer freiwillig an geltende Vorschriften hält, muss man ihn für die Vergehen bestrafen. Und damit das einfacher geht, wurden Strafen für "Standard- und Bagatellvergehen" vorab ausgesprochen und in o.a. Katalog schriftlich festgehalten.

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Weißt Du zufällig, ob die Firma oder mein Vorgesetzter mich dazu zwingen kann, die Shipper's und IMOs zu unterschreiben? Mein Arbeitgeber hat zwar die Direktionsbefugnis, aber die müsste doch spätestens dann enden, wenn ich persönlich in die Haftung genommen werden kann, oder liege ich da falsch?

Nochmals vielen Dank für Deine Bemühungen!


Ja und Nein. Wenn du als geschulte Person in deinem Betrieb dafür verantwortlich bist, die Shipper's oder IMO zu unterzeichnen, dann kann dich dein Arbeitgeber dazu zwingen. Solltest du aber, aufgrund deiner durch die Schulung erlangten Kenntnisse, aufgrund von Fehlern eine entsprechende nicht unterzeichnen können, dann kann dich dr Arbeitgeber dazu auch nicht zwingen. Da würde er sich selbst strafbar machen.

Was allerdings in der Realität, vor allem in kleinen Betrieben, abgeht, weiss ich selbst durch langjährige Erfahrung.

Gruss Skypainter


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