Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
#2336
01.12.2004 18:59
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Anonym
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Mal wieder eine Frage an die Gefahrgutspezialisten:
Ist Calciumhydroxid nun als Gefahrgut eingestuft oder nicht? Also folgendes habe ich schon heraus gefunden: - namentlich ist es nicht gelistet - BIA GESTIS Datenbank sagt: den Transportvorschriften nicht unterstellt - die Datenbank der BAM ('Gefahrgut-Schnellinformation) sagt: UN 3262, Ätzender basischer anorganischer fester Stoff, 8 / II - in den MSDS verschiedener Hersteller findet man entweder das eine oder das andere (der Hersteller von dem wir Ca(OH)2 beziehen z.B. schickt uns das Zeug regelmäßig als Nicht-Gefahrgut)
Was ist es denn nun? Wie sieht es aus mit einer Zubereitung, die ca. 25% Ca(OH)2 und ansonsten inerte Stoffe, wie Silicagel enthält.
Würde mich freuen, wenn mir jemand weiterhelfen könnte. Tests bzgl. der Ätzwirkung auf die Haut würde ich nämlich gerne umgehen.
Viele Grüße, ABa
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
#2337
02.12.2004 10:13
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Rupert
Großmeister
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Ich gehe nach meiner Faustregel vor: Chemikalienrechtlich eingestuft mit R35 (verursacht schwere Verätzungen) -> Klasse 8, VP II Mit R 34 (verursacht Verätzungen) -> Klasse 8, VP III.
ABER: Ich überprüfe immer ob der Stoff auch nicht korrosive gegenüber Aluminum oder Stahl sein könnte. (2.2.8.1.6 lit c zweiter Absatz ADR) Es gibt viele Stoffe die zwar nicht ätzend auf der Haut aber korrosiv gegenüber Metallen sind. Die Prüfung ist relativ einfach und billig, und du bist somit auf der sicheren Seite.
lg Rupert
Have a nice day!
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
[Re: Rupert]
#2338
02.12.2004 11:26
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Anonym
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Danke für den Tip.
Laut MSDS ist Calciumhydroxid gefahrstoffrechtlich lediglich als reizend Xi (R41), nicht jedoch als ätzend eingestuft. Kann ich davon ausgehen, dass das dann auch im Gefahrgutrecht so zutrifft? Klar, Metallkorrosion ist natürlich noch ein Punkt, der seperat betrachtet werden muß (spielt ja im Gefahrstoffrecht keine Rolle)
Ich meine, Calciumhydroxid (gelöschter Kalk) ist ja jetzt keine exotische Chemikalie, sondern wird in Deutschland tagtäglich tonnenweise auf den Straßen herumkutschiert. Und gängige Praxis ist offensichtlich, daß es nicht als Gefahrgut eingestuft wird. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das auch rechtens ist.
Grüße, ABa
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
[Re: Rupert]
#2339
02.12.2004 14:13
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Anonym
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Hallo Rupert,
was meinst Du mit einfach und billig. Der Test muss gem. Handbuch of Man. Test and Cr. gemacht werden an ganz bestimmten Stahl und Alutypen. Oder machst Du de Test anders ??
Gruss
Anso
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
#2340
02.12.2004 16:35
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Claudi
Held der Gefahrgutwelt
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Hallo.
Ich denke, Calciumhydroxid ist kein Gefahrgut. Man kann nicht einfach von gefahrstoffrechtlichen Aussagen auf das Gefahrgutrecht schließen - manchmal klappts, manchmal aber auch nicht. Diverse Sicherheitsdatenblätter (hab bloß mal gegoogelt) sagen: kein Gefahrgut. Im ADR sind andere Hydroxide (z. B. Natriumhydroxid) explizit als Gefahrgut genannt. Wäre Calciumhydroxid Gefahrgut, würde es sicher in der GG-Liste stehen.
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
[Re: Rupert]
#2341
02.12.2004 16:38
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Anderl
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Hallo zusammen,
habe etwas Bauchschmerzen mit der Faustregel.
R35 entspricht eindeutig der PG I (Klassifizierungskriterien sind identisch) und hier würde ich nur davon abweichen, wenn die Gefahrstoff-Einstufung überzogen ist und vergleichbare Stoffe mit R34 bewertet werden oder der Stoff namentlich in PG II genannt ist.
R34 kann sowohl PG II oder PG III sein. Wenn man nichts weis, würde ich PG II empfehlen. Wenn erkennbar ist (Analogie oder RS mit anderen Herstellern), dass es sich um einen schwach ätzenden oder nur metallkorrosiven Stoff handelt, dann PG III.
Freundliche Grüße Josef Anderl
Absolute Sicherheit gibt es nie - auch nicht mit Security!
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
[Re: Anderl]
#2342
02.12.2004 18:08
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Gandalf
Held der Gefahrgutwelt
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Hallo zusammen,
zunächst einmal ist nach meiner Kenntnis weder Calciumhydroxid noch Calciumoxid gefahrstoffrechtlich als ätzend oder sonstwie eingestuft, denn sie sind in der Stoffliste (67/548/EWG) nicht gelistet.
Auch gefahrgutrechtlich sind diese Stoffe nicht genannt und eben kein Gefahrgut. (s. für CaO die Bem. unter 2.2.8.1.9 ADR)
Das ist einfach starke Lobbyarbeit denke ich (denken wir nur mal an Zement). Die Angabe reizend im MSDS ist denke ich reine Vorsorgemassnahme der Hersteller.
Problematischer wird es dann schon bei Zubereitungen/Gemischen. Wir hatten den Fall, dass im Rahmen eines Entsorgungsnachweises eine Gemisch mit Calciumhydroxid wegen des hohen pH-Wertes (> 11,5) seitens der Behörden als ätzend, mit R 34 eingestuft wurde. (Anhang VI 3.2.5 der RL 67/548/EWG). Da somit ein Gefahrgut wegen 2.2.8.1.9 ADR nicht ausgeschlossen werden kann, (Untersuchungsdaten zum Gemisch haben wir nicht, sind wahrscheinlich auch nicht billig) befördern wir nun das Gemisch als Gefahrgut.
Das Dilemma ist ja nun, dass man keine Ergebnisse hat, die eine Beurteilung nach 2.2.8.1.6 zulassen, gleichzeitig aber in irgenwelchen Papieren was von "ätzend" steht, unabhängig erst einmal davon ob Gefahrstoff oder Gefahrgut.
Das Problem solcher Gemische (spez. Stäube aus der Rauchgasreinigung) kennen auch die Behörden (zumindest unsere). Mit unserer zuständigen Überwachungsbehörde haben wir uns dann für unseren Stoff auf Klasse 8, VP III verständigt.
Gruß Gandalf
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
#2343
18.12.2004 20:50
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Anonym
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Anonym
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Hallo...
Auf dem Sicherheitsdatenblatt von Trasskalk HL 5 (hydraulischer Kalk zur Mörtelherstellung) ist Calciumhydroxid als gefährlicher Inhaltsstoff ausgewiesen. Mit dem Kennbuchbuchstabe Xi, reizend und den R-Sätzen R38 und 41.
R 38 reizt die Haut R 41 Gefahr ernster Augenschäden
und der Unterpunkt 14 Angaben zum Transport sagt aus kein Gefahrgut.
Allerdings auf der International Chemical Safety Card ist es als Gefahrgut angegeben: Gefahrklassen 8 und Verpackungsgruppe II.
Aber was zählt jetzt??
David
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
#2344
22.12.2004 08:58
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Beiträge: 1,086
Gandalf
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Hallo David,
bzgl. der Gefahrgutbeförderung gelten in Deutschland die Vorschriften des ADR. Dort ist Calciumhydroxid nun einmal namentlich nicht zu finden und demzufolge bislang kein Gefahrgut. Außerhalb des ADR Geltungsbereiches ist das vielleicht anders.
Wenn man sonst keine weiteren Informationen hat oder keine Möglichkeit bzw. die Kenntnis über Einstufungen etc. (und ich denke das gibt es viele kleine Betriebe, die vor diesem Problem stehen), dann sollte man sich an das halten was man hat. In diesem Fall das Sicherheitsdatenblatt, denn für solche Fälle ist es ja gemacht.
Hier denke ich, sollte man ruhig einen Ausflug in das Gefahrstoffrecht machen (auch wenn das einige hier im Forum nicht gerne tun).
Im § 16 (1) GefStoffV heisst es nämlich unter anderem:
" Der Arbeitgeber, der nicht über andere Erkenntnisse verfügt, kann davon ausgehen, dass ... Angaben, die in ... einem Sicherheitsdatenblatt enthalten sind, zutreffend sind."
Gruß Gandalf
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Re: Calciumhydroxid, Gefahrgut oder nicht
[Re: Gandalf]
#2345
02.01.2005 10:37
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Carsten Klee
Vollmitglied
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Hallo Gangalf,
das Calciumhydroxid kein Gefahrgut ist, weil es namentlich im ADR nicht genannt ist, kann ich so nicht stehen lassen. Was ist mit den 557 (Stand ADR 2003) n.a.g.-Eintragungen? Güter, die unter diesen Positionen befördert werden (weil namentlich im ADR nicht genannt), wären Ihrer Aussage zufolge kein Gefahrgut. Kann so nicht sein.
Wenn ich mir die Beiträge so anschaue, haben wir lauter Halb- bis Vollchemiker unter uns (gut zu wissen!).
Ich überlasse die Klassifizierung eines Stoffes immer den Damen und Herren in den firmeneigenen Laboren und helfe lediglich bei der Interpretation des Handbuches über Prüfungen und Kriterien der BAM (leider ist hier der Teil III Ziffer 37 (Prüfungskriterien für die Klasse 8) noch nicht belegt). Somit haben die studierten Chemiker hier noch viel Ermessensspielraum.
Letztendlich gilt: Calciumhydroxid ist nicht gleich Calciumhydroxid und somit ist vorstellbar, dass die widersprüchlichen Aussagen aus den verschiedenen Medien alle oder zumindest zum größten Teil stimmen. Ich maße mir hier nicht an, als Gefahrgutbeauftragter Aussagen eines Chemikers anzuzweifeln. Was er in Punkt 14 eines jeden EG-Sicherheitsdatenblattes hineinschreibt, ist für mich die geltende Klassifizierung für genau den Stoff, der dort auf Seite 1 beschrieben ist. Das muss jedoch für einen aus Gb-Sicht vermeintlich vergleichbaren Stoff nicht zwingend gültig sein.
Schöne Grüße und ein interessantes Forenjahr 2005!
Carsten Klee
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