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OLG Jena zur Ladungssicherung #3479 06.12.2005 12:55
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TDamm Offline OP
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Hallo Gefahrgutexperten,



nach dem in der Gela 11/05 Herr Helmke im Klartext eine Richterschellte zum Beschluss des OLG Jena vom 14.10.05 veröffentlichte, möchte ich das Forum hier nutzen, um diesen Beschluss allgemein zu diskutieren.

Nach diesem Beschluss (siehe Anhang) ist der Verlader auch dann mit für die Ladungssicherung und für die vollständige Ausrüstung des Fahrzeuges verantwortlich, wenn der Fahrer eigenständig verlädt

Die Kernaussage des OLG liegt meines Erachtens darin, dass der Verlader von Gefahrgut eine hohe Verantwortung trägt, wem er das Gefahrgut übergibt. Es kann doch nicht angehen, dass ein im Gefahrgut nichtgeschulter Fahrer (un)bewusst Gefahrgut auf seinen LKW verlädt und der Verlader schaut dabei zu. Das Problem der Ladungssicherung insbesondere im Stückgutverkehr ist sehr kompliziert, da kann man selbst den geschulten ADR - Fahrer nicht alleine lassen.



Über eine rege sach- und fachliche Diskussion würde ich mich sehr freuen.



Mit freundlichen Grüßen

Thomas Damm


Anhänge
3540-1Ss34-05.pdf.pdf (0 Bytes, 1092 Downloads)

Freundliche Grüße
Thomas Damm
Re: OLG Jena zur Ladungssicherung [Re: TDamm] #3480 06.12.2005 13:58
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G. Homann Offline
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Hallo Herr Damm,
eines ist mir noch nicht ganz klar:
Auf Seite 4 (1.Absatz) wird ausgeführt, dass der Betroffene als Disponent automatisch die Aufgaben eines "Gefahrgutbeauftragten" gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 GbV übernommen hat und als solcher im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 2 OWiG ausdrücklich beauftragt ist, in eigener Verantwortung Aufgaben des Inhabers des Betriebes wahrzunehmen.
Hier kann doch nur ein Fehler vorliegen!
Der zitierte § 1 Abs 1 Satz 1 GbV besagt doch lediglich, dass Unternehmer min. einen Gb schriftlich bestellen müssen.
Gem. § 1a 3. GbV haben Gb Aufgaben nach § 1c wahrzunehmen!
Die Übernahme von Pflichten des Betriebsinhabers/Unternehmers ist doch nach § 1a 5. Gbv den "beauftragten Personen" zugeordnet!
Wurden hier also die Begriffe "Gefahrgutbeauftragter" und "beauftragte Person" verwechselt oder ist der "Gefahrgutbeauftragte" automatisch auch "beauftragte Person" (was ich mir eigentlich nicht vorstellen kann) oder bin ich da auf dem völlig falschen Dampfer???

Gruß aus München
Günther Homann

Re: OLG Jena zur Ladungssicherung [Re: G. Homann] #3481 06.12.2005 15:26
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TDamm Offline OP
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Hallo Herr Homann,

laut Einlassung des Niederlassungsleiters ist der Disponent zur beauftragten Person für Gefahrgut schriftlich bestellt wurden. Somit wurden die Unternehmerpflichten aus § 9 Abs. 13 GGVSE in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Nr. 2 OwiG rechtswirksam auf diese Person übertragen.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Damm


Freundliche Grüße
Thomas Damm
Re: OLG Jena zur Ladungssicherung [Re: TDamm] #3482 07.12.2005 10:55
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G. Homann Offline
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Hallo Herr Damm,

"Es kann doch nicht angehen, dass ein im Gefahrgut nichtgeschulter Fahrer (un)bewusst Gefahrgut auf seinen LKW verlädt und der Verlader schaut dabei zu."

Das ist genau der Punkt, hier hat der Verlader offensichtlich ein Problem, wenn er (un)bewusst nicht hinschaut!

Aus meiner Sicht werden folgende wichtige Feststellungen getroffen:

Der Verlader - und damit auch der von der Firma Beauftragte (beauftragte Person) ist zu einer Sichtprüfung in jedem einzelnen Fall verpflichtet, sporadische Kontrollen sind nicht ausreichend (Seite 4).

Die Pflicht des Verladers zur Überprüfung der vorschriftsmäßigen Beladung entfällt nicht, wenn sich das Beförderungsunternehmen gegenüber dem Verlader verpflichtet hat, den Fahrzeugführer zur Beachtung der Pflichten nach dem Gefahrguttransportrecht anzuhalten und der Fahrzeugführer die Beladung tatsächlich eigenständig vornimmt (Seite 5).

Die Möglichkeit einer vollständigen Befreiung von den Pflichten nach § 9 GGVSE durch vertragliche Überbürdung auf den jeweils anderen Normadressaten wird nicht durch die RSE des BMVBW eröffnet. Die in Nr. 9.6 der RSE vom 20.01.2005 getroffene Feststellung, dass nur derjenige, der die Pflichten tatsächlich erfüllt, für seine Tätigkeit verantwortlich ist, bindet die Gerichte nicht bei der Auslegung der Gesetze, da es sich bei der RSE um eine Verwaltungsvorschrift handelt (Seite 6).

Die Anwendung der RSE ist für das jeweilige Bundesland zu prüfen (Seite 6).

Der Beschluss dürfte wohl einige Betroffene (auch in meinem Zuständigkeitsbereich) nachdenklich machen.

Gruß aus München
Günther Homann

Re: OLG Jena zur Ladungssicherung [Re: G. Homann] #3483 07.12.2005 11:45
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Rupert Offline
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Hallo !
Ich muss mich hier als Össi auch mal zu diesen Thema outen - da unsere Betrieb auch immer mehr nach und in Deutschland liefert.
Zuerst einmal dies ist ja nur ein Gerichtsbeschluss - ist also nur auf diesen konkreten Fall anwendbar. Also leitet bitte daraus keinen Gesetzescharakter ab.
(in Deutschland gibt es ja kein "cases-law", oder ?)

Zur Sichtprüfung:
Hier ist auch immer auf den konkreten Fall abzustellen, hat man eine kleine Firma mit nur 2-3 An/Ablieferung pro Tag so sehe ich als zumutbar, dass dort eine gute 100% Kontrolle gemacht werden kann oder könnte.
Ist dies aber schon ein größerer Betrieb mit 10-30 An/Ablieferung pro Tag, dann kann man sich ausrechnen dass man hier nur wenige Minuten für ein Sichtprüfung zur Verfügung hat.
Im Sinne einer Qualitätssicherung (was leider nur ganz klein im ADR erwähnt wird) sind hier sporadische - aber intensivere Sichtprüfungen für mich effizienter, denn man kennt ja seine schwarze Schäfchen.

Lieben Gruß
Rupert


Have a nice day!
Re: OLG Jena zur Ladungssicherung [Re: Rupert] #3484 08.12.2005 08:47
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TDamm Offline OP
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Hallo Herr Rupert,



auch auf die Gefahr hin, dass ich nun als ein die Össis übertreffender Bußgeldbearbeiter in die Gefahrgutgeschichte eingehe, bin ich auf Grund meiner Erfahrungen nicht Ihrer Meinung das intensive Stichproben besser sind. Laut Aussagen mehrerer Fahrer kommt man bei namhaften Gefahrgutherstellern mit dem LKW auch nicht vom Hof, wenn das ADR nicht eingehalten wird. Wenn dann das gleiche Gefahrgut im Stückgutverkehr umgeschlagen wird, kontrolliert den nächsten Fahrer keiner mehr.



Ca. 80 % aller Gefahrgutanzeigen der letzten drei Jahre betrafen den Stückgutverkehr. Ca. 50 % davon die ungenügende (besser gesagt keine, da zu geringe Vorspannkräfte bis dato nie angezeigt wurden) Ladungssicherung, ca. 25 % die Ausrüstungen, gefolgt von unrichtigen Beförderungspapieren. Da Transportaufträge auch an Subis weitergegeben werden, wissen m.e. die Verlader teilweise nicht einmal, wer tatsächlich die Beförderung durchführt. Somit sind die schwarzen Schafe im Dunkeln. Ein weiteres Problem sind die Informationspflichten. Ohne einem Verlader / Absender zu nahe zu treten, der Beförderer wird in der Regel nicht über den Inhalt der schriftlichen Weisungen und bezüglich der Gefahrgutangaben informiert, wie es in Deutschland die GGVSE vorschreibt. In aller Regel erhält der Fahrer die Papiere kurz vor dem Beladen und soll in einem kurzen Zeitfenster seinen LKW selbst beladen. Da bleibt überhaupt keine Zeit die Ausrüstung erst noch zu besorgen. Des weiteren sind Stückgüter auch nicht immer rechteckig verpackt, so dass die in den ADR - Schulungen vorgeführten Ladungssicherungsbeispiele kaum anwendbar sind. Eine richtige Ladungssicherung im Sinne der VDI - Vorschriften ist schon eine Wissenschaft für sich.

Solange im Stückgutverkehr das Gefahrgut, welches nur einen Anteil von ca. 20 % einnimmt, untergemischt wird (ich meine, im technologischen Ablauf wird nicht unterscheiden), können die Pflichten nach dem Gefahrgutrecht durch die nachfolgenden in der Beförderungskette nie eingehalten werden.



Gruß

Thomas Damm



Freundliche Grüße
Thomas Damm
Re: OLG Jena zur Ladungssicherung [Re: TDamm] #3485 16.01.2006 13:19
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Rupert Offline
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Hallo !
In Österreich gibt es nun auch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof zum Thema Ladungssicherung/Unterweisung/Kontrolle. ( Zl.: 2004/03/0166)
Demnach müßte man ein wirksames Kontrollsystem einführen, wo man unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit guten Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten kann.

Die Tauglichkeit des Kontrollsystem müßte dann im Anlassfall verifiziert werden.
(( Ich wollte mich darauf berufen das der Befördere seine Pflichten nachgekommen sei ))
Für mich bedeutet dies nun, dass man ohne Qualitätsmangment im Gefahrgutbereich kaum mehr auskommt. Bzw. man kommt in einen Beweisnotstand wenn man seinen Gefahrgutprozess verfizieren soll.

Liebe Grüße
Rupert

Gruß Rupert


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