Übertragung von Verladerpflichten
#35462
25.07.2023 17:40
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Jacob Madsen
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Liebe Mitstreiter im Gefahrgutrecht,
aus Gründen der Uneinigkeit mit einer Behörde interessiert es mich wie und an wen in Euren Betrieben (insbesondere in Betrieben mit geringerer Mitarbeiterzahl) die Übertragung der Verladerpflichten an die Mitarbeitenden mit praktischer Verladetätigkeit erfolgt ? In unserem Kleinbetrieb (15 MA) hat jeder seinen festen Aufgabenbereich, in dem er eigenständig verantwortlich arbeitet. Da gibt eben auch drei Verladearbeiter, die nach entsprechendem Auftrag eigenständig handelnd Lkz und Container beladen. Kann ich diesen Mitarbeitern mit einer schriftlichen Aufgabenübertragung die Verladerpflichten rechtlich wirksam übertragen ? Ist diese Übertragung auch sozialadäquat, d.h. entspricht sie der Stellung des Mitarbeiters im Betrieb ? Eine themenbezogene Schulung ist natürlich durchgeführt worden.
Ich freue m ich auf Eure Meinungen.
schöne Grüße aus dem Norden
Jacob Madsen
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Re: Übertragung von Verladerpflichten
[Re: Jacob Madsen]
#35463
26.07.2023 13:11
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M.A.T.
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Hallo, Herr Madsen juristisch kann ich das nicht bewerten, aber aus der Praxis zwei Punkte nennen. Einmal: haben die MA die tatsächliche Entscheidungsbefugnis, alles Relevante zu veranlassen (zB auch Beschaffung von Lasi-Material, Zurückhalten eines maroden Lkw oder Nichtbeladen eines defekten Containers, Weisungsbefugnis usw)? Sodann: sind sie in allen Aspekten so weit geschult, daß sie die Beurteilung alleine übernehmen können (ist die Lasi auch im Container für lange Strecken ausreichend; Begasung, Zulässigkeit Zusammenladung, ...) Nur wenn beide Punkte vollständig zutreffen kommt m.E. eine Aufgabenübertragung sachlich überhaupt infrage.
Bei einer Tagung habe ich einmal das Argument gehört, daß mögliche Bußgelder nicht einen bestimmten Prozentsatz des Einkommens der Mitarbeiter überschreiten dürfen; dazu habe ich aber keine Werte in Erinnerung. Im Arbeitsschutz werden m.W. nur Mitarbeiter der 1. Führungsebene berücksichtigt, also Meister, Vorarbeiter etc.
Hoffentlich hilft das etwas. Gruß M.A.T.
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Re: Übertragung von Verladerpflichten
[Re: M.A.T.]
#35470
27.07.2023 07:16
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Jacob Madsen
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Moin M.A.T.,
vielen Dank für die Einschätzung. Die genannten Punkte (Entscheidungsbefugnis und Schulung) treffen hier zu. So weit so gut. Nun stellt sich mir dennoch noch die Frage der Sozialadäquanz der Beauftragung. Wie weit darf ich die Verantwortung an den tatsächlich verladenden Mitarbeiter herunterbrechen?
schöne Grüße aus dem Norden
Jacob Madsen
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Re: Übertragung von Verladerpflichten
[Re: Jacob Madsen]
#35471
27.07.2023 08:00
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Claudi
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Hallo Jacob,
sie es mal so: ein "Chef" darf natürlich auch selbst die verantwortete Arbeit ausführen, aber deswegen muss ein auführender Arbeiter nicht auch zum "Chef" werden können. Als was sind die Leute eingestellt? Als Führungskräfte oder als "Arbeiter"? Wenn es mehrere sind, die das gleiche tun, tun sie das auch gleich?
Für mein Verständnis ist das bei einem so überschaubaren Unternehmen nicht sinnvoll, die Unternehmerpflichten zu deligieren, eben weil es über den Verlade-MA nicht noch eine Hierarchieebene gibt, sondern dann kommt der Unternehmer. Dann behält der die finale Verantwortung für die Pflichtenumsetzung, muss die Entscheidungen der Verlade-MA verantworten und diese kontrollieren. Dazu ist er Unternehmer/ Führungskraft, dass er Verantwortung trägt. Wenn er das nicht möchte, muss er über den Verlade-MA eine Ebene einziehen und einen Verlade-MA befördern zum "Verladeleiter" oder jemanden einstellen.
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Re: Übertragung von Verladerpflichten
[Re: Jacob Madsen]
#35472
27.07.2023 11:49
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M.A.T.
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... Nun stellt sich mir dennoch noch die Frage der Sozialadäquanz der Beauftragung. Wie weit darf ich die Verantwortung an den tatsächlich verladenden Mitarbeiter herunterbrechen? Grüß Sie, Kollege Madsen, wie gesagt, jur. kann ich es nicht bewerten.Ich denke aber: soweit die Befugnisse in dem Rahmen sind, den der MA laut Arbeitsvertrag hat, ist da kein Problem. Wenn sie darüber hinausgehen sollen, müßte wohl der Vertrag geändert werden. Besonders zu investiven Entscheidungen ist normalerweise ein nicht-Vorgesetzter nicht befugt. Eine BG hat hier etwas zusammengestellt zum Thema. Und eine IHK hat eine gute Präsentation hier im Netz. Dann noch die Frage der Außenwahrnehmung. Wenn an Bord der Ladungsoffizier den Stauern was sagte war das nur wirksam, wenn er auch den Helm mit "II. Mate" aufhatte. Ist im Prinzip übertragbar, denke ich. Viel Erfolg und schöner Gruß M.A.T.
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Re: Übertragung von Verladerpflichten
[Re: M.A.T.]
#35476
27.07.2023 14:01
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Jacob Madsen
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Liebe Claudi, lieber M.A.T.,
vielen Dank. Eure Einschätzungen sind mir hilfreich.
schöne Grüße aus dem Norden
Jacob Madsen
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Re: Übertragung von Verladerpflichten
[Re: Jacob Madsen]
#35546
09.08.2023 15:26
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DJSMP
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Da gibt eben auch drei Verladearbeiter, die nach entsprechendem Auftrag eigenständig handelnd Lkz und Container beladen. Darf man fragen, wie diese Mitarbeiter aktuell "beauftragt" sind? Ist der Aufgabenbereich nur im Arbeitsvertrag geregelt oder gibt es eine Stellenbeschreibung oder sogar eine schriftliche Beauftragung für diese Tätigkeit? Juristisch, ist das, wie bereits mehrfach ausgeführt wurde, ein sehr heißes Eisen. Wir haben solche Fälle auch häufig und können keine abschließende Rechtsberatung geben. Das kann nur ein Fachanwalt. Wenn alle drei Mitarbeiter die gleiche Aufgabe haben, könnte man alle drei zur beauftragten Person bestellen: § 9 OWiG Handeln für einen anderen (2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebes oder einem sonst dazu Befugten 1. beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder 2. ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen,--> Ob das sozialverträglich ist, sei hier erst einmal dahingestellt. Eine Frankfurter Behörde hat es dies bei einem meiner Kunden genau so gefordert und ich habe 1-2 Jahre gebraucht, bis wir das der Behörde wieder ausgeredet hatten. Bei drei Leuten ist es schrierig. Bei 4 Leuten könnte man 2 mit Aufsichtspflichten definieren (z.B. Schichtleiter), die dann als beauftragte Person laufen. Auch hier stellt sich natürlich die Frage der Sinnhaftigkeit und Sozialverträglichkeit. Aber das Problem ist eben immer die ohne Bestellung möglicherweise fehlende Aufsicht (z.B. durch den Geschäftsführer). Somit kann man immer eine nicht ausreichende Aufsicht nach §130 OWiG daher konstruieren, vor allem wenn irgendwann ein Gefahrgutverstoß begangen wird.
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Re: Übertragung von Verladerpflichten
[Re: DJSMP]
#35553
11.08.2023 11:15
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Jacob Madsen
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Darf man fragen, wie diese Mitarbeiter aktuell "beauftragt" sind? Ist der Aufgabenbereich nur im Arbeitsvertrag geregelt oder gibt es eine Stellenbeschreibung oder sogar eine schriftliche Beauftragung für diese Tätigkeit? Hallo DJSMP, es liegt tatsächlich eine schriftliche Beauftragung für jeden Mitarbeiter, in gegenseitiger Kenntnisnahme, unter Verweis auf auf seine Tätigkeiten und Pflichten und unter Verweis auf die einschlägigen nationalen und internationalen Ladungssicherungsregeln vor. Die Praxis in gut ausgelasteten Kleinbetrieben sieht doch so aus, dass man nicht jedem ständig über die Schulter schauen kann. Stichproben ja klar. Und dann muss in letzter Konsequenz, nach meinem Rechtsverständnis, jeder für seine Fehler (auch in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren) gerade stehen. Ich will hier nicht die Unternehmerverantwortung abstreiten oder abschaffen.
schöne Grüße aus dem Norden
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Re: Übertragung von Verladerpflichten
[Re: Jacob Madsen]
#35574
14.08.2023 15:12
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DJSMP
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Die Behörde, von der ich sprach, würde definitiv sagen: Bestell alle drei zur (ausdrücklich) beauftragten Person. Da aber die Verlader nun wahrscheinlich nicht in der höchsten Vergütungsgruppe sind, würde ich versuchen, die Aufsicht anders zu organisieren. Vielleicht können ja ein Versandleiter und ein Stellvertreter die Aufsicht sowohl über Büro als auch Ladebereich führen.
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