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Gemüsesaft Gefahrgut? #3826 06.04.2006 20:08
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SafetyFirst Offline OP
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Hallo Allerseits,

letztens habe ich mit Kollegen über einen interessanten Fall sinniert, und wir kamen leider zu keiner befriedigenden Lösung:

Gegeben sei ein Gemüsesaft, der mit Zitronensäure stabilisiert ist. Das Produkt sei als Lebensmittel gedacht und aufgrund der Zitronensäure vielleicht ganz leicht hautreizend, wahrscheinlich nicht einmal genug, um eine Stoff-Einstufung zu bekommen.

Aber: Die Fruchtsäuren vertragen sich nicht mit Aluminium und der Korrosionstest mit Aluminium sei positiv.

Wenn ich nun in den Handlungsanweisungen spezifiziere, daß Aluminium ein unverträgliches Behältermaterial ist und ich ferner sicherstelle, daß der Saft nur in Edelstahl-Behältern gehandhabt wird, ist der Gemüsesaft dann ein Gefahrgut oder nicht?

Bisher war nicht in der Lage, im ADR eine Ausnahme zu finden, die hierauf anwendbar wäre. Aufgrund des Alu-Korrosionstests müßte ich Klasse 8, III klassifizieren.

Soll das wirklich so sein? <img src="http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads/images/graemlins/confused.gif" alt="" />

Viele Grüße, und

Safety First!

Re: Gemüsesaft Gefahrgut? [Re: SafetyFirst] #3827 07.04.2006 07:48
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Gandalf Offline
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Hallo SafetyFirst,

ich denke eine Einstufung als ätzend auf Grund der möglichen Hautreizung ist eher unwahrscheinlich. Ätzend ergibt sich auf Grund von Zerstörungen des unverletzten Hautgewebes (s. 2.2.8.1.6). Eine Einstufung nach den Gefahrstoffrichtlinien ergibt sich da sicherlich auch nicht. Legt man dann aber 2.2.8.1.9 zugrunde (kein Gefahrstoff gem. den beiden RL und nicht ätzend auf Stahl oder Aluminium) dann müsste der Gemüsesaft als Gefahrgut befördert werden, denn die zweite Bedingung wird ja nicht erfüllt.
Die Frage die sich mir stellt ist jedoch eher, ob der Gemüsesaft (unabhängig jetzt vom Korrosionstest) die Bedingungen des § 2 Abs. 1 GGBefG erfüllt, nämlich das von ihm eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung ... Leben und Gesundheit ... ausgeht. <img src="http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads/images/graemlins/grin.gif" alt="" /> Das würde ich doch eher verneinen, obwohl wenn sich der Saft auf die Autobahn ergießt, weil der Alu-Tank zerfressen ist, wirds für die anderen mit dem Bremsen möglicherweise schwierig (also doch eine Gefahr für Sicherheit und Ordnung?) <img src="http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads/images/graemlins/smirk.gif" alt="" />

Re: Gemüsesaft Gefahrgut? [Re: Gandalf] #3828 07.04.2006 08:10
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SafetyFirst Offline OP
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Hallo Gandalf,

ich glaube, dies ist eine wertvolle Anregung.
Sehe ich es richtig, daß das ADR erst durch das GGBefG nationale Gültigkeit bekommt, ähnlich wie die Stoff-Richtlinie erst durch die GefStoffV umgesetzt wird, und sei es durch gleitende Verweise?

Gut, aufgrund des geringen Risikos, daß vom Gemüsesaft ausgeht und durch die Verfahrensvorschriften (=> Verwendung von Stahlgebinden) könnhte man versuchen, sich über die Begriffsdefinition herauszuargumentieren. Dies ist zwar nicht ganz sauber, aber doch zumindest licht am Ende des Tunnels.

Gegenargument:
Ist nicht durch die Kriterien für die einzelnen Klassen definiert, was letztlich eine Gefahr darstellt? Zweifellos ist die Aufzählung der Bedingungen in der Begriffsdefinition eine ODER-Verknüpfung. Wenn leben und Gesundheit zwar nicht relevant ist, so doch vielleicht Sicherheit und Ordnung.

Andererseits:
Mein Gemüsesaft würde wahrscheinlich allenfalls in IBCs transportiert. Käme es an einer Stelle zu "Lochfraß", gäbe es wahrscheinlich allenfalls etwas Sauerei im LKW. Verwende ich zudem noch keine Alu-Tanks, kann ich da wohl ruhig schlafen.

Vielen Dank erstmal für diese gute Idee!

Grüße,

SF

Re: Gemüsesaft Gefahrgut? [Re: SafetyFirst] #3829 07.04.2006 08:15
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Thomas Lutz Offline
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Hallo Safety First,



mit dieser Frage steht Ihr nicht allein da, denn auch wir haben erst vor ein paar Tagen zur gleichen Problematik diskutiert und sind noch zu keinem Ergebnis gekommen. Weder im Kap. 2.1.3 noch im Kap. 2.2.8 findet man eine Lösung, die man sofort umsetzen kann.

Auch wir haben eine Zubereitung, die einen Inhaltsstoff enthält, welcher sowohl nach Chemikalienrecht mit C und dem R 34 als ätzend und nach dem ADR/RID mit der UN 2735 , Kl. 8 und der Verpackungsgruppe III klassifiziert ist. Im Gegensatz zu Eurem Produkt, welches in flüssiger Form vorliegt, handelt es sich bei uns um eine polymergebundene Zubereitung ( Granulat ), welche 5% dieses o.g. Stoffes enthält und somit nach den geltenden EG-Vorschriften nicht als ätzend, sondern nur als reizend einzustufen ist.

Aber im Kap. 2.2.8.1.9 wird geschrieben, dass …

„Stoffe, Lösungen oder Gemische, die

- nicht den Kriterien der Richtlinien 67/548/EWG oder 88/379/EWG in ihrer geltenden

Fassung entsprechen und daher nach diesen Richtlinien in ihrer geltenden Fassung

nicht als ätzend eingestuft sind und

- nicht ätzend auf Stahl oder Aluminium wirken

können als nicht zur Klasse 8 gehörige Stoffe angesehen werden.“

Ob unsere granulatförmige Zubereitung nicht ätzend auf Stahl oder Aluminium wirkt, wissen wir noch nicht und wird zur Zeit geprüft.

Da in Eurem Falle der Korrosionstest mit Aluminium als positiv festgestellt wurde, würde ich im Moment auch keine Möglichkeit erkennen, aus der Klasse 8 herauszukommen. Solltet Ihr jedoch dieses Produkt in einzelhandelsgerechten Kleinverpackungen transportieren, gibt es vielleicht doch eine Chance für eine Ausnahmeregelung. Da diese Variante aber bei unseren Produkte kein Thema ist, kann ich hierzu leider keine Erfahrungswerte beisteuern.

Überlegenswert wäre aber auch eine generelle Zuordnung als Lebensmittel, da ja Gemüsesaft. Könnte mir gut vorstellen, dass dann dieses Produkt überhaupt nicht mehr unter die Gefahrgutbestimmungen fällt. Wie man aber die Vielfalt an existierenden Gesetzen in so einem Fall richtig auslegen kann, bin ich überfragt. Vielleicht mal einen Lebensmittelbetrieb konsultieren, der z.B. Speiseessig herstellt.



Generell würde ich gern aus dem Forum weitere Informationen erhalten, welche Institutionen ( außer der BAM ) berechtigt sind, solche Prüfungen durchzuführen und was solche Prüfungen kosten. Bei der BAM werden nach meiner Kenntnis solche Prüfungen in einem mindestens 6-Wochen Test durchgeführt und für die Abprüfung einer Zubereitung ca. 1.500,-- Euro ( ohne evtl. erforderliche Folgeuntersuchungen ) berechnet.



Gruß aus Pinneberg,



Th. Lutz


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Re: Gemüsesaft Gefahrgut? [Re: SafetyFirst] #3830 18.04.2006 10:12
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Leute, nehmt das doch nicht so pragmatisch. Ich würde da analog ADR-Sondervorschrift 647 vorgehen. Damit ist doch alles erklärt!

Re: Gemüsesaft Gefahrgut? #3831 18.04.2006 11:40
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Rupert Offline
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Hallo !
Ich würde hier sogar analog zur SV 597 vorgehen, Lösungen mit weniger als 10% Essigsäure sind keine Gefahrgüter.
Jedoch macht seit kurzen eine neue Interpretation des Chemikalienrechts die Runde - es geht um die Thematik extremer pH-Wert.
Demnach müssen Zubereitungen als ätzend eingestuft werden wenn der pH-Wert kleiner 2 oder größer 11,5 ist, ausser man weißt durch in-Vitro Tests nach das diese Zubereitung nicht ätzend auf das Hautgewebe wirkt.
Bei Konzentraten mit ca. 10% Fruchtsäure-Anteil erreicht man durchaus einen pH-Wert von kleiner 2.
Hilfreich wäre eine Literatursuche vielleicht hat schon irgendwer entsprechende Tests durchführen lassen.

Gruß
Rupert


Have a nice day!
Re: Gemüsesaft Gefahrgut? [Re: Rupert] #3832 18.04.2006 12:40
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Dies ist ein leidiges Thema, bei dem sich die BaUA leider durchgesetzt hat. Das "Flußdiagramm" für die Vorgehensweise ist nun leider so, daß ich nach Berücksichtigung der sauren/alkalischen Reserve ggf. gute Gründe habe, einen Test auf Ätz-/Reizwirkung durchführen zu lassen. Allein aufgrund theoretischer Erwägungen oder "unfundierter" praktischer Erfahrungen habe ich eigentlich keine Möglichkeit mehr, der tzend-Einstufung zu entgehen, wenn mein pH entsprechend ist.

Diese Schlacht ist somit leider ein Sieg für die Fundamentalisten, fürchte ich.
Für andere Erkenntnisse wäre auch ich dankbar.

Grüße,

SF.


P.S.: Die SV werde ich mir jetzt erstmal durchlesen. Vielen Dank!

Re: Gemüsesaft Gefahrgut? [Re: SafetyFirst] #3833 19.04.2006 07:53
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Gandalf Offline
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Hallo zusammen,

da haben wir wieder die Verquickung Gefahrgut/Gefahrstoff. <img src="http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads/images/graemlins/wink.gif" alt="" />
Also das mit dem pH-Wert haben wir bei einer kalkhaltigen Zubereitung leider erfahren müssen, deren pH-Wert bei 12 lag. Kalk selbst ist ja nicht gelistet.
Hinsichtlich essigsäurehaltiger Zubereitungen sind in Anhang I der RL 67/548/EWG ja konkrete Gehaltsgrenzen angegeben. Danach ist erst ab einem Gehalt von 25% und mehr die Zubereitung als ätzend einzustufen. Darunter gilt sie lediglich als reizend.
Gruß Gandalf

Re: Gemüsesaft Gefahrgut? [Re: SafetyFirst] #3834 19.04.2006 07:59
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Hallo Allerseits,

die genannten Sondervorschriften beziehen sich leider explizit auf Essigsäure. Der böse Bube im Gemüsesaft ist dagegen die Zitronensäure.

Die Zitronensäure scheint mir die stärkere Säure zu sein, und ich habe ehrlich gesagt Zweifel, dass die Sondervorschriften hier übertragbar sind.

Meinungen?

Viele Grüße,

SF

Re: Gemüsesaft Gefahrgut? [Re: Gandalf] #3835 19.04.2006 08:10
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Hallo Gandalf,

Ist denn eine Verquickung von Gut- und Stoffrecht a priori zulässig? Zwar kann ich fachlich aus der Stoff-Einstufung in etwa abschätzen, daß verdünnte Essigsäure irgendwann nicht mehr gewebeschädigend ist. Aber hat diese "Abschätzung" wirkliche Relevanz für die GefGUT-Klassifizierung? Oder begebe ich mich nicht bei solch einem "Bridging" auf dünnes Eis?

Ich bin leider ziemlicher Neuling im GefGUT-Recht, darum wäre ich hier für einen Tipp aus der Praxis dankbar....

Darüber hinaus: Im Stoffrecht kann ich ja so lange konvetionell einstufen, bis mir mal ein valider Test in die Hände fällt. Ab diesem Zeitpunkt gilt für mich (bis auf Ausnahmen) das Testergebnis.

Dies ist ja nun auch bei dem gemüsesaft der Fall: Ich habe Kenntnis vom ungünstigen Alu-Test (der natürlich ohnehin nur im GefGUT interessant ist, nicht im Stoffrecht).

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