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Abfall undeklariert #4244 23.08.2006 14:39
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Udo Leithold Offline OP
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Hallo ExpertInnen,
zu einem Problem welches zur Diskussion stand, benötige ich Hilfe.
Bei der Deponierung von Abfällen kommt es ab und zu zur Zurückweisung eines Transportes wegen Beimengungen, die nicht auf dieser Deponie eingelagert werden dürfen oder wegen anderen Unstimmigkeiten. Als Beispiel möchte ich hier einen Transport mit Bauschutt in loser Schüttung annehmen, der mit Bruchstücken von Asbestzementplatten vermischt ist und auf dem Deponiegelände durch den Beauftragten des Betreibers aufgehalten und zum Absender zurückgeschickt wird.
Asbest ist durch die SV 168 freigestellt. Eine Beförderung in loser Schüttung aber nicht zulässig.
Darf der Deponiebetreiber, in diesem Sinne Empfänger, das Fahrzeug einfach zurück auf die Straße schicken, oder ist vorher eine ADR-konforme Beförderung zu realisieren?
Wer trägt die Verantwortung, wenn der Fahrzeugführer vom Hof fährt?
Muss der Deponiebetreiber, der nur die Abfallklassen kennt die er einlagern darf, erkennen, dass hier ein gefahrgutrechtliches Problem vorliegt?

Viele Grüße
Udo Leithold

Re: Abfall undeklariert [Re: Udo Leithold] #4245 24.08.2006 10:54
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Ritchie Offline
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Hallo,

ich sehe das Problem weniger auf ADR-Seite.
Asbest das nach SV 168 freigestellt ist, wird nicht durch den Transport im looser Schüttung zum Gefahrgut. Der Deponiebetreiber ist also kein Empfänger i. S. des ADR, und kann zurückweisen soviel er will und mag.

Im Bezug aufs Abfallrecht kann der Anlieferer froh sein, dass ihn keiner anzeigt.

Asbest (egal in welcher Form) ist ein besonders überwachungsbedürftiger Abfall. Beim Transport sind diverse Vorschiften zu beachten. Z. B. muß ein gültiger Entsorgungsnachweis (oder Sammelentsorgungsnachweis) und Begleitschein mitgeführt werden. Der Transporteur muss für solche Transporte zugelassen sein, usw. usw..

Die Deponie muss für Asbestabfälle genehmigt sein, d. h. Anlieferungen, die nicht der genehmigten Zusammensetzung entsprechen müssen sogar zurückgewiesen werden.
Und hier kann man den Bogen zum Gefahrgut schlagen: Die Deponie kann für einen Anfall (selbst wenn Gefahrgut) der garnicht angenommen werden darf, auch nicht der Empfänger sein.

Die Verantwortung für den Transport trägt hier der Transporteur. Der Abfallerzeuger sitzt auch mit im Boot, weil der nicht Hinz und Kunz mit Asbestabfällen zur nächsten Bauschuttdeponie schicken kann. Die Erfahrung zeigt aber, dass leider solche Schwarzen Schafe nicht oft genug erwischt werden.

Gruß
R.


Re: Abfall undeklariert [Re: Udo Leithold] #4246 25.08.2006 12:12
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Bernd Gonschior Offline
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Hallo Udo,

im vorliegenden Fall liegt keine Freistellung nach SV168 vor.
Bei Bruchstücken von Asbestzementplatten muss man immer davon ausgehen, dass es zum Freiwerden gefährlicher Mengen lungengängiger Asbestfasern kommen kann. Somit ist der erste Teil von SV168 hier nicht zutreffend.
Der zweite Teil der SV168 trifft ebenfalls nicht zu, da die Bruchstücke nicht dieser Vorschrift entsprechend verpackt sind.

Gruß
Bernd Gonschior

Re: Abfall undeklariert [Re: Bernd Gonschior] #4247 25.08.2006 13:56
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Ritchie Offline
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Hallo,

Widerspruch!

ADR:
Nur weil die asbesthaltigen Abfälle als Bruchstücke vorliegen, ist die Freistellung nach SV 168 nicht aufgehoben.
Der Asbest kann durch geeignete Bindemittel (Bsp. s. SV 168) so gebunden werden, dass SV 168 (Satz 1) auch bei looser Schüttung nutzbar bleibt.
Fertigprodukte, bei denen Satz 1 nicht erfüllt wird, müssen, wie o. g., verpackt transportiert werden damit SV 168 nutzbar bleibt.

Abfall:
Mir sind allerdings keine Entsorgungsanlagen bekannt, die asbesthaltige Abfälle noch unverpackt in looser Schüttung annehmen, wie auch immer gebunden. Was die Diskussion zu SV 168, Satz 1 zur interpretatorischen Fleißaufgabe macht.

Der Deponiebetreiber kann in diesem Fall nicht als Empfänger i. S. der GGVSE/ADR in die Pflicht genommen werden.

Gruß
R.

Re: Abfall undeklariert [Re: Bernd Gonschior] #4248 25.08.2006 13:59
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Gandalf Offline
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Hallöchen,
ich sehe hier noch ein weiteres Problem. Wenn das Fahrzeug auf das Deponiegelände fährt, wird der Deponiebetreiber ja Besitzer des Abfalls. Wenn es sich um einen gefährlichen (bü) Abfall handelt. oder der Abfall durch die Beimengungen zum gefährlichen (bü) Abfall wird, dann sind für den Rücktransport auch entsprechende gültige Nachweispapiere (Entsorgungsnachweis, Begleitschein, Abfalltransportgenehmigung etc.) notwendig. Sind diese vorhanden? Meist wird das Fahrzeug ja einfach nur zurückgeschickt.

Gruß Gandalf

Re: Abfall undeklariert [Re: Gandalf] #4249 25.08.2006 16:09
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Ritchie Offline
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Hallo,

auch wenn ich Gefahr laufe als Querulant zu gelten, vertrete ich die Auffassung, dass der Deponiebetreiber erst Besitzer des Abfalls wird, wenn abgeladen / gekippt wird. Andernfalls bleibt der Abfall im Besitz des Transporteurs (s. unten „Sachherrschaft“ - leidige Erfahrung eines Transporteurs). Zuende gedacht hieße das sonst, dass derjenige Abfallbesitzer wird, dessen Gelände ein Transporteur mit einem Abfall betritt.
Ad Adsurdum gedacht: Die Kontrollorgane werden Besitzer (§ 3 Abs. 6 KrW/AbfG – Sachherrschaft) eines Abfalls auf einem Fahrzeug, das wegen Mängeln an der Weiterfahrt gehindert wird. Nö, nö, nö, so nicht.

Mir fehlt hier immer noch der schlüssige Nachweis, dass der Deponiebetreiber nach GGVSE/ADR in die Pflicht genommen werden kann.

Gruß
R.

Re: Abfall undeklariert [Re: Ritchie] #4250 28.08.2006 08:40
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Udo Leithold Offline OP
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Hallo,
Danke für die Auskunft. Mir ging es nicht um die Anwendung der SV 168, sondern eher, wie nach der Feststellung der Mängel weiter zu verfahren ist.
Meine neuesten Erkenntnisse liegen so:
- Der Deponiebetreiber muss dulden, dass das Fahrzeug bis zur endgültigen Klärung stehen bleibt.
- Der Beförderer darf nach § 9 Abs. 2 Nr. 6 GGVSE die Sendung so lange nicht befördern, bis die Vorschriften erfüllt sind (1.4.2.2.3 ADR).
- Der Fahrzeugführer hat nach § 9 Abs. 11 Nr. 4 GGVSE die Sendung nach 1.4.2.2.4 ADR möglichst rasch anzuhalten und evtl.
- nach § 9 Abs. 11 Nr. 2 GGVSE die nächsten zuständigen Behörden zu benachrichtigen oder benachrichtigen zu lassen.
Damit wäre der Kreis geschlossen und die weitere Beförderung läuft nach ADR, wenn einer der Beteiligten erkennt, das hier das Gefahrgutrecht anzuwenden ist.

Udo Leithold


Re: Abfall undeklariert [Re: Udo Leithold] #4251 28.08.2006 16:28
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UweM Offline
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Hallo Udo,

nun habe ich auch noch einige Anmerkungen.
1. Nach TRGS 519 müssen Asbestplatten (Eternitplatten) entsprechend verpackt werden (angefeuchtet in Kunststofffolien verpackt) = dann gilt somit die SV 168 als erfüllt und der Transport unterliegt nicht dem ADR. In der TRGS 519 wird ausdrücklich formuliert, dass die Asbestplatten nicht geschüttet werden sollen - wie es dann auf der Deponie aussieht ist die andere Sache.
Dem Empfänger einer solchen Lieferung würde ich folgendes empfehlen:
1. Fahrzeug die Weiterfahrt nicht erlauben und sofortigen Kontakt mit dem Vorgesetzten (Firma) aufnehmen - Abstellen der Mängel
2. Einschalten der Überwachungsbehörden androhen.
3. Überwachungsbehörden informieren.

Bei solchen offensichtlichen Mängel trägt m. E. auch der Empfänger eine Teilverantwortlung. Vorstellung: Fahrzeug verunfallt; Polizei fragt: Woher kam das Fahrzeug?; Fahrzeugführer: Auf der Rückfahrt von der Deponie XXX, die haben mich zurüch geschickt!!! Da klingelt es doch in den Ohren!
Gruß
Uwe

Re: Abfall undeklariert [Re: Udo Leithold] #4252 29.08.2006 08:08
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Gandalf Offline
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@ Udo Leitbold,
wenn ich dich richtig verstanden habe, wird doch erst auf der Deponie durch die dortigen Mitarbeiter die "Falschdeklarierung" festgestellt und nicht durch den Fahrer. Der hätte das dann ja schon vor Fahrtantritt erkennen können. Insoweit verstehe ich deine Schlussfolgerung nicht so ganz.
Antwort auf
- Der Fahrzeugführer hat nach § 9 Abs. 11 Nr. 4 GGVSE die Sendung nach 1.4.2.2.4 ADR möglichst rasch anzuhalten und evtl.
- nach § 9 Abs. 11 Nr. 2 GGVSE die nächsten zuständigen Behörden zu benachrichtigen oder benachrichtigen zu lassen.

Gruß Gandalf

Re: Abfall undeklariert [Re: Gandalf] #4253 29.08.2006 12:45
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Udo Leithold Offline OP
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Hallo Gandalf,

ist richtig, aber mein Szenario geht davon aus, dass der Fahrzeugführer bei Antritt der Fahrt nichts erkannt hat und erst durch den Deponiebetreiber die Mängel offensichtlich werden.

Gruß
Udo Leithold


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