Hallo Jens,
die Frage berührt diverse Aspekte aus dem Gefahrgut- und Gefahrstoffrecht, die sich zwar überschneiden, jedoch nicht deckungsgleich sind. Es erscheint mir sinnvoll, diese Punkte auseinanderzuhalten.
1. GefahrgutrechtNachfolgend beschränke ich mich auf die Vorschriften für den Landtransport (ADR/RID); für andere Verkehrsträger gelten ggf. abweichende oder zusätzliche Anforderungen.
1.1. KlassifizierungDie beiden Kammern sind fest miteinander verbunden und sind in eine Kartusche eingebracht. Aus meiner Sicht stellen die Kammern keine Innenverpackungen dar und die Kartusche ist auch nicht als Außenverpackung anzusehen. Die gebrauchsfertige Kartusche, so wie sie in Verkehr gebracht wird, ist damit ein Gegenstand. Ein Gegenstand kann nur einer einzigen UN-Nummer zugeordnet werden. Gemäß Tabelle der überwiegenden Gefahr in Unterabschnitt 2.1.3.10 ADR/RID in Verbindung mit Unterabschnitt 2.1.3.8 ADR/RID wären die Kartuschen dann ein Gegenstand mit der UN-Nummer 2735 (AMINE, FLÜSSIG, ÄTZEND, N.A.G. oder POLYAMINE, FLÜSSIG, ÄTZEND, N.A.G.) mit zusätzlichen umweltgefährdenden Eigenschaften.
1.2. Verpackung, gefahrgutrechtliche Bezettelung und Kennzeichnung Die anzuwenden Vorschriften sind in der ADR-Zentraltabelle unter der Eintragung UN 2735 aufgeführt. UN 2735 darf nicht in loser Schüttung befördert werden, sondern muss verpackt werden und kann dann als Versandstück (Endprodukt des Verpackungsvorgangs) befördert werden.
Für VG II und VG III darf die Freistellung für begrenzte Mengen (LQ) gem. Abs. 1.1.3.4.2 bzw. Kapitel 3.4 ADR angewendet werden. Es handelt sich dann um Versandstücke in zusammengesetzten Verpackungen, bestehend aus mehreren Gegenständen (Kartuschen) in jeweils einer geeigneten Außenverpackung (z.B. Kisten aus Pappe). Die Versandstücke sind auf den Außenverpackungen mit der Kennzeichnung für begrenzte Mengen zu versehen; die Kennzeichnung ist ggf. auf einer Umverpackung (z.B. Palette mit Schrumpffolie) zusammen mit dem Schriftzug "UMVERPACKUNG" zu wiederholen. Für begrenzte Mengen mit starren Außenverpackungen gilt eine Obergrenze von 30 kg pro Versandstück.
Die IHK Schwaben hat die Vorschriften für Gefahrgut in "begrenzten Mengen" im
Merkblatt Straße/Schiene und im
Merkblatt See übersichtlich zusammengefasst. Gemäß Übergangsvorschrift in Unterabschnitt 1.6.1.20 ADR/RID dürfen bis 30.06.2015 auch noch die alten LQ-Rauten nach den Vorschriften des ADR/RID 2009 im Landverkehr verwendet werden.
Falls die Freistellung für begrenzte Mengen nicht in Anspruch genommen werden kann/soll, ist eine zusammengesetzte Verpackung dennoch möglich entsprechend Verpackungsanweisung P001 (VG I/II/III) bzw. LP01 (nur VG III); für VG II/III kämen (theoretisch) auch IBC's in Frage. Bei der Auswahl einer zusammengesetzten Verpackung nach P001 bzw. LP01 wäre ggf. die
Auskunft der BAM zu beachten. Wie bereits von Gerald beschrieben, sind die Versandstücke in diesem Fall auf den Außenverpackungen jeweils mit dem Gefahrzettel und der UN-Nummer zu versehen. Als Gefahrzettel ist einzig der Zettel Nr. 8 (ätzend) zu verwenden; außerdem ist der Schriftzug "UN 2735" auf der Außenverpackung erforderlich. Die gefahrgutrechtliche Kennzeichnung als umweltgefährdend (Fisch/Baum) entfällt gemäß Abs. 5.2.1.8.1 ADR/RID. Auch hier gilt, dass diese Angaben auf einer eventuellen Umverpackung zusammen mit dem Schriftzug "UMVERPACKUNG" zu wiederholen sind, wenn die Umverpackung nicht ausreichend transparent ist.
2. Kennzeichnungsetikett nach GefahrstoffrechtFür die gefahrstoffrechtliche Kennzeichnung der einzelnen Kartuschen sowie eventueller Zwischenverpackungen (z.B. Blisterverpackungen oder kleine Schachteln mit jeweils einer Kartusche) gelten die
CLP-Verordnung bzw. die
TRGS 200; das Gefahrgutrecht ist nicht anzuwenden.
Die Gefahrenpiktogramme GHS05 (Ätzwirkung) und GHS09 (Umwelt) in der Raute mit dem roten Rand sind gefahrstoffrechtlich für die einzelnen Kartuschen erforderlich, jedoch nicht auf der Außenverpackung des Versandstücks. Zum Unterschied zwischen gefahrgutrechtlicher und gefahrstoffrechtlicher Kennzeichnung finden sich nützliche Informationen im Kapitel 5.4 der
Leitlinien zur Kennzeichnung und Verpackung gemäß Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 sowie eine Übersicht der relevanten Vorschriften im
Kompendium "Einstufung und Kennzeichnung" des REACH-CLP Helpdesks der Bundesbehörden.
Das Gefahrenpiktogramm GHS09 (Umwelt) darf zusätzlich auch auf der Außenverpackung eines Versandstücks angebracht werden. Dazu besteht jedoch keinerlei Verpflichtung.
Schöne Grüße.
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(Die Hinweise auf das Merkblatt See und auf die Auskunft der BAM wurden nachträglich eingefügt.)