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Entladerpflichten bei Tankfahrzeug #16381 02.02.2013 11:30
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sonnenblume85 Offline OP
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Hallo an alle,

Hat Jemand schon Erfahrung mit Anhörungs-/Bußgeldverfahren, bei welchen der Entlader mit zur Verantwortung gezogen wird.
Folgender Sachverhalt:
Es wurden 100 ml Tropfmenge (UN 1866 Harzlösung (viskose Flüssigkeit) 3, III) in der Tropfschale des Schlauchkastens gefunden. Den Entladeschlauch hat der Fahrer dabei ohne Hilfe des Entladers in den Schlauchkasten verbracht. Der Schlauchkasten war auch verschlossen worden.

Der Entlader arbeitet mit Checklisten und prüft das Fahrzeug vor der Entladung und danach mittels Checkliste, auf welchen auch nach den sichtbaren Auslaufventile und Domdeckel etc.gefragt wird. Der für ihn nicht mehr sichtbare Entladeschlauch wurde aber nicht mehr überprüft, da dieser vorher wie immer mit einer Schlauchkappe vom Fahrzeugführer verschlossen wurde, bevor in den Schlauchkasten zurückgebracht wurde.

Die Entlader wurden nachweislich geschult im Sinne des § 23a GGVSEB.

Hat Jemand solch einen Fall schon einmal gehabt?
Ich finde, dass der Entlader nicht mehr hätte machen können.

Weiterhin sind 100ml im Schlauch nicht viel und bei der Viskosität von Harz kaum vermeidbar.

Vielen Dank für eure Meinung.

Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: sonnenblume85] #16382 03.02.2013 17:10
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King_Louie_21 Offline
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Hallo Sonnenblume,

irgendwie erinnert mich dies an die Kleinmengen-Diskussion im Thread «Auffangbehälter Gas-Luftgemisch in Tankfahrzeugen». Mit Erfahrung zu Entlader-Bußgeldern kann ich (eigentlich zum Glück, in diesem Fall jedoch leider) noch nicht aufwarten. Trotzdem schreibe ich mal, was mir dazu einfällt:

Ist der in der Tropfschale des Schlauchkastens gefundene Stoff nachweislich nur vom letzten Entladevorgang oder handelt es sich um eine Sammlung von Kleinmengen aus verschiedenen Befüll- bzw. Entladevorgängen? Weist der in der Tropfschale gefundene Stoff identische Eigenschaften wie die gelieferte Harzlösung auf oder ist der in der Tropfschale gefundene Stoff möglicherweise irgendwie verdünnt worden und somit nicht mehr gefährlich im Sinne der Gefahrgutvorschriften? Befand sich eventuell zusätzliches Aufsaugmaterial in der Tropfschale, so dass die chemisch-physikalischen Eigenschaften der Harzlösung verändert wurden? Wie flüssig war die in der Tropfschale gefunde Harzlösung zum Zeitpunkt der Kontrolle oder war die Harzlösung in der Zwischenzeit (bzw. beim Verlassen des Werksgeländes) möglicherweise schon so viskos, dass der Stoff nicht mehr als Flüssigkeit angesehen werden konnte? Wurde eine Probe des Materials gezogen und eine Analyse durch die Kontrollbehörden vorgenommen?

Gibt es hier nur einen Entlader oder waren zwei Unternehmen am Entladevorgang beteiligt? Wer war weisungsbefugt gegenüber dem Fahrer, der Empfänger oder der Beförderer? In Anlage 2 zur GGVSEB 2013 gibt es einen neuen Passus, der aus meiner Sicht interessant sein kann:
  • 3.2 Unterrichtung des Fahrpersonals durch Befüller und Entlader
    Übernimmt der Fahrzeugführer das Befüllen des Tanks, so hat der Befüller ihn in die Handhabung der Fülleinrichtung, soweit diese nicht Bestandteil des Fahrzeugs ist, einzuweisen. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Entleerungseinrichtung für das Beförderungsunternehmen, das als Entlader tätig wird. Diese Einweisung ist schriftlich zu dokumentieren. Hinsichtlich der Aufbewahrung dieser Dokumentation gilt Abschnitt 1.3.3 ADR in Verbindung mit § 27 Absatz 5 Nummer 2 GGVSEB entsprechend.
Wurde der Fahrer ggf. vom Beförderer entsprechend eingewiesen? Wo war denn die genaue Schnittstelle zwischen Beförderer und Empfänger in Bezug auf den Entladevorgang, vor oder nach der Schlauchkupplung?

Vielleicht nützt es ja auch, wenn der Empfänger darauf hinweist, dass er aus Sicherheitsgründen im Rahmen des Entladevorgangs am Fahrzeug keine Manipulationen vornimmt und die Handhabung der "fahrzeugnahen" Entleerungseinrichtung (also auch des Schlauchs) dem Beförderer und dessen Fahrer überlässt, so dann auch die Entlader-Verantwortung für diesen Part beim Beförderer liegt. Schließlich kennen Beförderer und Fahrer das Fahrzeug besser als der Empfänger.

Durfte der Fahrer den Transport nach der Kontrolle fortsetzen? Wurden am Kontrollort irgendwelche Maßnahmen zur Erhöhung der Transportsicherheit vorgenommen? Wenn es sich nach Meinung der Kontrollorgane um einen Verstoß der Kategorie I (mit den höchsten Bußgeldern) gehandelt hat, dann hätte ein solcher Transport normalerweise nicht fortgesetzt werden dürfen (GGKontrollV Anlage 2). Bei der Bemessung der Bußgelder habe ich den Eindruck, das manchmal eine zu hohe Gefahrenkategorie angesetzt wird.

Schöne Grüße.

Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: sonnenblume85] #16383 12.02.2013 20:31
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BayernCop Offline
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Hallo Sonnenblume,

schon mal an die 2.2.3.1.5 gedacht. Bei mir im ADR-Buch steht bei UN 1866 folgender Hinweis.

2.2.3.1.5

Nicht giftige und nicht ätzende Lösungen und homogene Gemische mit einem Flammpunkt von 23 °C oder darüber (viskose Stoffe wie Farbstoffe oder Lacke, ausgenommen Stoffe, die mehr als 20 % Nitrocellulose
enthalten) in Gefässen mit einem Fassungsraum von höchstens 450 Litern unterliegen nicht den Vorschriften des ADR, wenn bei der Lösemittel-Trennprüfung (siehe Handbuch Prüfungen und Kriterien Teil III Unterabschnitt
32.5.1) die Höhe der sich abtrennenden Schicht des Lösemittels weniger als 3 % der Gesamthöhe beträgt und wenn die Stoffe bei 23 °C im Auslaufbecher nach ISO-Norm 2431:1993 mit einer Auslaufdüse von 6 mm Durchmesser eine Auslaufzeit

a) von mindestens 60 Sekunden oder
b) von mindestens 40 Sekunden haben und nicht mehr als 60 % Stoffe der Klasse 3 enthalten.

Unterliegt der Transport überhaupt dem ADR?

Gruß

Michael

Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: sonnenblume85] #16384 21.02.2013 21:33
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King_Louie_21 Offline
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Hallo zusammen,

vielleicht ist in diesem Zusammenhang auch die folgende aktuelle Gefahrgut-Meldung interessant: Auffangbehälter für Tropfmengen sind Verpackungen in Verbindung mit dem IHK Schwaben - NEWSLETTER Gefahrgut 03/2013 vom 15.02.13

Die IHK Schwaben schreibt: «Wie wir aus dem BLFA erfahren haben, wurde bei der letzten Sitzung dieses Gremiums erneut festgestellt, dass die insbesondere bei Mineralöltankfahrzeugen üblichen Behälter zum Auffangen von Tropfmengen Verpackungen in Sinne des Gefahrgutrechts sind. Deshalb ist, außer bei Auslieferungsfahrten über sehr kurze Entfernungen, ein dichter Verschluss während der Beförderung erforderlich.»

Das stellt die hier von den Vollzugsorganen beanstandete Praxis, eine Tropfschale im Schlauchkasten zu verwenden, in ein anderes Licht, sofern das aufgefangene Material noch Gefahrguteigenschaften aufweist. Gibt es Alternativen zur Tropfschale, die in der Praxis auch umsetzbar sind?

Schöne Grüße.

Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: King_Louie_21] #16385 22.02.2013 08:57
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Gandalf Offline
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Hallo King_Louie_21,
also ich bin jetzt kein Experte für Tanktransporte, aber im zweiten Beitrag hast du meiner Meinung nach einen gangbaren Weg aufgezeigt. Nimm ein offenens Gefäß mit genügend Aufsaugmaterial, dass die Tropfmengen auffangen kann. Der Inhalt wäre ja dann als Gemisch zu sehen. Der Anteil Gefahrgut, nämlich die aufgefangenen Tropfmengen, am Gemisch dürfte nicht sehr hoch sein, wodurch höchstwahrscheinlich keine gefährlichen Eigenschaften mehr vorhanden sind. Wenn dies also so ist und das Gemisch kein Gefahrgut, dann ist der Auffangbehälter auch keine Verpackung mehr im Sinne der Gefahrgutvorschriften und braucht demnach auch nicht mehr verschlossen werden. Eventuell muss man bzgl. der gefährlichen Eigenschaften verschiedene Aufsaugmaterialien ausprobieren, bis man ein Geeignetes gefunden hat. Eine Dokumentation dazu könnte dann hilfreich sein.
Es besteht natürlich weiter die Möglichkeit, dass die offene Auffangschale als ungenügende Ladungssicherung nach StVO beanstandet wird. Aber gefahrgutrechtlich wäre man draußen.
Gruß Gandalf

Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: Gandalf] #16386 22.02.2013 11:31
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GG1 Offline
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Hallo Gandalf,

Vorsicht, da sind wir bei einem Produkt, welches einen Flammpunkt unter 60 Grad hat, ganz schnell bei UN 3175.

Grüße
GG1

Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: GG1] #16387 22.02.2013 16:06
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Gandalf Offline
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Hallo GG1,
danke. Natürlich ist mir klar, dass mein Vorschlag nicht durchweg gilt. Und wenn viele unterschiedliche Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften befördert werden, wird das Prozedere wohl sehr aufwendig und ein wenig praxisfremd (da kann man besser was verschließen). Ich wollte damit nur andeuten, dass ich mir, unter bestimmten Voraussetzungen, vorstellen kann, dass man eben auch mit einer offenen Schale befördern darf/kann ohne mit einem Bußgeld rechnen zu müssen.
Gruß Gandalf

Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: Gandalf] #16388 23.02.2013 18:12
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King_Louie_21 Offline
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Hallo zusammen,

zunächst muss erst mal nachgewiesen werden, dass der in der Tropfschale gefundene Stoff immer noch gefährliche Eigenschaften aufweist und sich beispielweise das Lösemittel nicht schon soweit verflüchtigt hat, dass das Aufsaugmaterial in der Tropfschale nicht mehr gut brennt. Das wäre mein Ansatz im Falle einer Kontrolle, aber letztendlich birgt eine solche Argumentation für die Beteiligten schon ein gewisses Risiko. Das kann daneben gehen.

Wenn ich mir das Ganze recht überlege, so sind hier insbesondere die Hersteller gefragt, die ihre Fahrzeuge/Tanks so konstruieren und bauen müssen, dass auch die Tropfschale ein gefahrgutkonformes Behältnis darstellt. Die Tropfschale lediglich durch ein Behältnis zu ersetzen, das während der Fahrt verschlossen wird, um die Tropfschale dann ggf. als LQ-Behältnis zu befördern, ist wohl nicht zielführend. Der Sinn der Tropfschale besteht ja genau darin, eventuell vorhandene Restmengen aufzufangen, falls diese (auch während der Fahrt) aus dem Schlauch tropfen.

Hat sich da bei den Herstellern schon was getan und können auf dem Markt befindliche Tankfahrzeuge entsprechend nachgerüstet werden? Ohne entsprechende Nachrüstsätze geht die Anforderung des BLFA eigentlich ins Leere. Ist Euch da was bekannt?

Schöne Grüße.

Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: King_Louie_21] #16389 23.02.2013 21:01
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Gerald Offline
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Hallo King_Louie_21,

Antwort auf
Hat sich da bei den Herstellern schon was getan und können auf dem Markt befindliche Tankfahrzeuge entsprechend nachgerüstet werden? Ohne entsprechende Nachrüstsätze geht die Anforderung des BLFA eigentlich ins Leere. Ist Euch da was bekannt?


Unter dem Link http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads...e=5&fpart=2 findest Du einen Beitrag von mit zur Nachbetrachtung der Petro Trans 2012, auf welcher die Hersteller gezeigt haben, wie sie das Problem lösen wollen bzw. gelöst haben.

In der Gefährlichen Ladung 11/2012 Seite 10 findest Du im Kasten ebenfalls einen Beitrag, wo die Lösungen der verschiedenen Hersteller zu diesem Problem dargestellt werden.

Im Anhang findest Du ein Bild, der Lösung von Rohr.

Anhänge
17123-Rohr2.JPG (0 Bytes, 535 Downloads)

Gruss aus Unterfranken

Gerald
Re: Entladerpflichten bei Tankfahrzeug [Re: Gerald] #16390 24.02.2013 20:36
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King_Louie_21 Offline
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Hallo Gerald,

Deinen sehr interessanten Beitrag zur Petro Trans 2012 und zu den Auffangbehältern für Gas-Luftgemische in Tankfahrzeugen hatte ich schon gelesen und deshalb weiter oben in meiner ersten Antwort erwähnt.

Allerdings war mir nicht klar, dass der Auffangbehälter für die Gas-Luftgemische aus dem Gasblasenverhüter bei Mineralöl-Tankfahrzeugen auch eine geeignete Alternative darstellt zur Tropfschale im Schlauchkasten eines Tanks/Tankfahrzeugs, mit dem andere Gefahrgüter der Klasse 3 oder anderer Klassen befördert werden. Wenn ich Deinen Beitrag richtig verstehe, dann gibt es bereits geschlossene Systeme für die Restmengen aus dem Schlauch, die bislang in der Tropfschale aufgefangen wurden.

Da kann man dem Empfänger/Entlader eigentlich nur empfehlen, darauf zu bestehen, dass der Absender/Beförderer ein Tankfahrzeug einsetzt, das im Schlauchkasten ein geschlossenes Verpackungssystem für die Tropfmengen aus dem Schlauch aufweist. Gibt oder gab es eventuell eine Übergangsfrist für die Umrüstung?

Schöne Grüße.

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