Vertrauensgrundsätze der ADR
#19618
09.12.2014 18:40
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ARK
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Hallo zusammen, habe da mal wieder eine "Nuss" zu knacken. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/grin.gif" alt="" />
Die ADR enthält in den Absätzen 1.4.2.1.2 Satz 2, 1.4.2.2.2 und 1.4.3.1.2 sogenannte "Vertrauensgrundsätze", nach denen bestimmte Beteiligte am Transport gefährlicher Güter sich auf die Angaben der anderen Beteiligten verlassen dürfen.
Irgendwann - im Juli oder August meine ich - stand in einem Artikel der GELA nun, dass diese Vertrauensgrundsätze ursprünglich in die GGVSEB übernommen, mit der neuesten Ausgabe der RSEB aber leider wieder gestrichen wurden. In Deutschland gälten laut Nr. 17.0 RSEB immer die Pflichten gemäß GGVSEB. Im Artikel wird behauptet, dass deshalb die "Vertrauensgrundsätze" nicht anwendbar wären.
Schaut man sich den Passus der RSEB an, dann steht dort: Zu § 17 bis 34a Pflichten 17.0 Sofern im ADR/RID/ADN Pflichten festgelegt sind, die in der GGVSEB abweichend geregelt sind, gelten in Deutschland immer die Pflichten nach der GGVSEB.
Hier ist aber eindeutig von einer ABWEICHENDEN REGELUNG die Rede. In der GGVSEB findet sich aber in den Pflichten keine ABWEICHUNG. Die entsprechenden Stellen der ADR werden einfach nicht genannt!
Wenn nun allein das FEHLEN einer Regelung der ADR in GGVSEB §§ 17 - 34a bedeuten würde, dass diese Regelung nicht gilt, dann würde das ja zwangsläufig auch bedeuten, dass z.B. nicht nur 1.4.2.2.2 (Vertrauensgrundsatz) wegfallen würde, sondern auch 1.4.2.2.3 + 4 (Anhaltegebot, Sondergenehmigung, Unterstützungsregelung). Das wiederum kann doch nicht im Sinn der GGVSEB/RSEB sein?
Also was nun: Vertrauenssätze der ADR in DE anwendbar oder nicht? <img src="/ubbthreads/images/graemlins/confused.gif" alt="" />
Mit freundlichen Grüßen ARK
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Re: Vertrauensgrundsätze der ADR
[Re: ARK]
#19619
20.12.2014 13:06
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Hallo zusammen, ja wie jetzt? Keiner? Der Artikel der GeLa, in der es stand, steht mir nicht mehr zur Verfügung. Aber ich habe im Internet etwas ähnliches gefunden. bwr-media - Fünfter Abschnitt des Artikels.
Mit freundlichen Grüßen ARK
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Re: Vertrauensgrundsätze der ADR
[Re: ARK]
#19620
20.12.2014 15:33
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King_Louie_21
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Mehr dazu findest Du in der Bundesrat-Drucksache 822/10. Die Vertrauensgrundsätze in §§ 18 (5), 19 (5) und 21 (5) der vorhergehenden Fassung der GGVSEB wurden durch die 1. GGVSEBÄndV vom 4. März 2011 ( BGBl. I S. 347) mit der Begründung aufgehoben, dass § 130 OWiG immer gilt. In derselben Änderungsverordnung wurde auch der frühere § 20 (4) GGVSEB mit Bezug auf § 130 OWiG aufgehoben. Schöne Grüße.
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Re: Vertrauensgrundsätze der ADR
[Re: King_Louie_21]
#19621
03.01.2015 20:28
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ARK
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Hallo King Louie, vielen Dank erst mal für die Antwort, die - wie gewohnt - sehr weiterhilft.
Dennoch schlägt mein Rechtsverständnis hier mal wieder Purzelbäume. - Da wird also zunächst eine Regelung aus der ADR explizit in die GGVSEB übernommen. (2009) - 2011 überlegt man sich, dass das OWiG immer gilt und streicht deshalb die entsprechenden Passagen. - Nun FEHLEN die aber einfach nur in der GGVSEB, was aber keine ÄNDERUNG gegenüber der ADR darstellt. Denn für alles, was in der GGVSEB nicht abweichend geregelt ist, gilt ja gem. §1 Abs. 3 Nr. 1 a) (für die Straße) die ADR in der jeweils gültigen Fassung.
Im Fazit bedeutet das also: Die "Vertrauensgrundsätze" der ADR haben zwar innerhalb DE nach ADR weiterhin Gültigkeit. Wer sich auf diese verlässt, könnte aber über § 130 OWiG trotzdem eine "verbraten" bekommen? Andererseits erlauben die Vertrauensgrundsätze der ADR eindeutig, dass man sich in bestimmten Fällen auf die Angaben der vorherigen Stelle verlässt. Warum also sollte eine Ordnungswidrigkeit i. S. des § 130 OWiG vorliegen? Wenn es Absicht des Gesetzgebers war, die Vertrauensgrundsätze nicht zur Anwendung kommen zu lassen, hätte er dies an der entsprechenden Stelle besser klargestellt, statt die Passagen einfach zu streichen.
Dieser "Acker der Juristen" stellt für unsere Beratungstätigkeit als Gb jedenfalls mal wieder einen echten Stolperstein dar.
Kennst Du / kennt jemand der Mitleser eventuell diesbezügliche Urteile von Gerichten?
Mit freundlichen Grüßen ARK
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Re: Vertrauensgrundsätze der ADR
[Re: ARK]
#19622
04.01.2015 05:03
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Floridacargocat
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Mit den staendigen Veraenderungen im ADR (als auch in anderen Gesetzeswerken, z.B. IATA) bekomme ich den Eindruck, dass ein Defizit besteht an - gesundem Menschenverstand - logisch durchdachten und zuende gedachten Veraenderungen welches letztendlich zu weiteren "Vernesserungen und Amendments: fuehrt, welche eigentlich gar nicht notwendig waren; aber die deutsche Amtssprache (als auch europaeische)muss sich sehr umstaendlich ausdruecken (und macht es dadurch noch schwieriger, die Veraenderungen zu verstehen; oder sehe ich das falsch???)
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Re: Vertrauensgrundsätze der ADR
[Re: ARK]
#19623
04.01.2015 19:09
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King_Louie_21
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Wenn es Absicht des Gesetzgebers war, die Vertrauensgrundsätze nicht zur Anwendung kommen zu lassen, hätte er dies an der entsprechenden Stelle besser klargestellt, statt die Passagen einfach zu streichen. Ich bin kein Jurist, denke aber, dass man das vielleicht auch anders sehen kann: Alles, was nicht erlaubt ist, ist verboten. Die GGVSEB ist die Rechtsvorschrift, an die sich die Beteiligten in Deutschland zu halten haben. Wenn einem Beteiligten eine Pflicht zugeordnet ist, dann muss der Beteiligte sein Unternehmen so organisieren, dass er diese Pflicht auch korrekt umsetzt. Bußgeldbescheide basieren auf § 10 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b GGBefG in Verbindung mit § 37 GGVSEB. Im § 37 GGVSEB ist genau aufgeführt, was eine Ordnungswidrigkeit darstellt; da kommt kein Beteiligter dran vorbei. Aus meiner Sicht hebt das ADR eine deutsche Rechtvorschrift nicht auf, und zwar auch dann nicht, wenn die deutsche Vorschrift und das ADR in Nuancen unterschiedlich interpretiert werden können. Ein Urteil dazu kenne ich allerdings nicht. Um sich dem Thema etwas konkreter anzunähern, möchte ich ein Beispiel zur Diskussion stellen: Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 GGVSEB muss der Verlader im Straßenverkehr den Fahrzeugführer auf die Beachtung des § 35 hinweisen, wenn es sich um Stoffe handelt, die dem § 35 Absatz 1 unterliegen. Nehmen wir mal an, in einem deutschen Seehafen soll ein Tank mit UN 2015 WASSERSTOFFPEROXID, WÄSSRIGE LÖSUNG, STABLILISIERT für den Nachlauf von einem Schiff auf einen LKW umgeladen werden. Der Transport hat seinen Ursprung im Ausland und als Begleitpapier wird ein multimodales Beförderungspapier gemäß Abschnitt 5.4.5 ADR/IMDG-Code verwendet. Entgegen § 18 Abs. 1 Nr. 1 GGVSEB hat der Absender jedoch keinen Hinweis auf § 35 im Beförderungspapier vorgenommen, weil ihm als Ausländer diese Vorschrift nicht bekannt ist. Bis 2011 konnte sich der Verlader aufgrund des Vertrauensschutzes im früheren § 21 Absatz 5 GGVSEB darauf berufen, dass er im Beförderungspapier keinen entsprechenden Hinweis gefunden hat und dass er deshalb den Fahrzeugführer für den Nachlauf auf der Straße nicht auf den § 35 (schriftlich) hingewiesen hat. Das geht seit 2011 nicht mehr. Sicher bedeutet der Wegfall des Vertrauensschutzes, dass bestimmte Beteiligte mehr Verantwortung haben. Ob diese zusätzliche Verantwortung auch vergütet wird, lasse ich mal dahingestellt. Den Beteiligten kann man jedoch nur empfehlen, die ihnen zugeordneten Pflichten peinlichst genau zu beachten und nicht einfach nur die Papiere zusammen mit der Ladung durchzureichen. Wo genau liegt denn Dein Problem mit dem Wegfall des Vertrauensschutzes? Um welchen Vorgang geht es konkret? Schöne Grüße.
Zuletzt bearbeitet von King_Louie_21; 04.01.2015 21:43.
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Re: Vertrauensgrundsätze der ADR
[Re: King_Louie_21]
#19624
06.01.2015 14:06
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TDamm
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Die Vertrauensgrundsätze aus dem ADR sind nicht entfallen. Sie mussten nur nicht explizit noch mal in der GGVSEB genannt werden, da nach deutschen Owi - Recht eine ahndbare Pflichtverletzung nur dann gegeben ist, wenn diese dem Betroffenen auch vorgeworfen werden kann (§ 1 OwiG). In welchem Umfang und unter welchen Bedingungen dieser Vertrauensschutz greift, kann man dann dort klären.
Freundliche Grüße Thomas Damm
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