Organisch oder anorganisch?
#20219
07.04.2015 16:52
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SafetyFirst
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Hallo Allerseits,
Gegeben sei ein Gemisch z.B. aus irgendwelchen Pigmenten (anorganisch), Lösungsmitteln (organisch) oder, um die Verwirrung vollständiger zu machen, auf Wasser-Basis (anorganisch) mit ein paar organischen Zusätzen.
Das Gemisch sei giftig.
Oder wir nehmen gar ein festes, entzündbares Gemisch, auch wieder eine wilde Mischung von allem, was der Azubi im Lager so findet.
Das Packe ich jetzt auf einen LKW.
Wie finde ich eine angemessene UN-Nr?
Wäre das Gemisch Ätzend, wäre es einfach: Hier habe ich die z.B. UN 1760 ÄTZENDER FLÜSSIGER STOFF, N.A.G. als Auffang-Position, wenn ich nicht weiss, ob organisch oder anorganisch.
Klasse 3 ist auch kein Problem (auch nicht bei Nebengefahr 6.1).
Wenn aber Klasse 6.1 oder 4.1 als Hauptgefahr ins Spiel kommen, fehlt mir solch eine Auffang-Position. Was tu' ich, wenn ich ein Gemisch aus organischen UND anorganischen Inhaltsstoffen habe?
Viele Grüße,
SF
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: SafetyFirst]
#20220
07.04.2015 22:00
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King_Louie_21
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Oder wir nehmen gar ein festes, entzündbares Gemisch, auch wieder eine wilde Mischung von allem, was der Azubi im Lager so findet. Bietet Ihr eine Ausbildung zum Alchemisten an? Ich könnte noch ein bisschen Pikrinsäure oder Bariumazid in angefeuchtetem Zustand beisteuern, dann bleibt es immer noch bei Klasse 4.1. Sorry, aber wird hier nicht das Motto "Safety First" konterkariert, wenn der Azubi unbeaufsichtigt Giftcocktails mischen darf? Zur Lektüre empfehle ich den "Zauberlehrling" von Goethe. Sind Deine Fragen ernst gemeint? Bevor wild gemischt wird, sollte erst mal eine ordentliche Bestandsaufnahme und Klassifizierung der einzelnen Stoffe vorgenommen werden. Darüber hinaus gibt es auch hervorragende Fachbetriebe, die sich auf Beräumungen von Labors und Gefahrstofflägern spezialisiert haben. Jeder Unternehmer darf sich externer fachkundiger Hilfe bedienen, wenn er sich selbst überfordert fühlt. Entsprechende Tipps zu solchen Fachbetrieben stelle ich gerne auf Wunsch als private Nachricht zur Verfügung. Ansonsten kann ich noch auf die Absätze 2.1.3.5.2, 2.1.3.5.4 und 2.1.3.10 ADR verweisen. Sollte es sich um Abfälle handeln, dann käme, wenn entsprechende Erfahrung vorliegt, auch Abs. 2.1.3.5.5 ADR in Frage. Sollte eine vorschriftenkonforme Klassifizierung dennoch nicht möglich sein, bleibt evtl. ein Ausnahmeantrag gem. § 5 GGVSEB. Schöne Grüße.
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: King_Louie_21]
#20221
08.04.2015 09:43
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Gandalf
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Hallo SafetyFirst, hab erst mal geschaut, ob der Beitrag vom 01.04. war. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/grin.gif" alt="" /> Tja natürlich kann man alles spekulieren und gedanklich mal durchspielen, aber was bringt das theoretische Abhandeln igrendwelcher abstruser Möglichkeiten? Also zunächst mal, solltet ihr so einen Azubi haben, sucht euch besser einen Neuen. Darüber hinaus siehe GefStoffV und TRGS bezüglich Zugänglichkeit von Gefahrstofflägern. Und ansonsten werfe ich da mal ein paar Begriffe ein wie: - 2.1.3.10 Tabelle der Überwiegenden Gefahr - gefahrenauslösende Komponente - Hauptbestandteile Wenn Wasser als anorganischer Stoff der einzige anorganische Bestandteil in deinem Azubigemisch ist, dann dürfte kaum eine anorganische UN-Nummer rauskommen. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/wink.gif" alt="" /> Gruß Gandalf
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: Gandalf]
#20222
08.04.2015 10:38
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UHeins
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Leute, bitte zieht euch jetzt nicht an dem "Azubi" hoch - das war lediglich ein Bild.
Hypothesen sind als Diskussionsgrundlage spannend, wer sich damit überfordert fühlt, mag abwarten, was Andere dazu äußern.
----> Je geringer das Wissen, desto sicherer das Urteil <----
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: UHeins]
#20223
08.04.2015 11:59
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SafetyFirst
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Leute, bitte zieht euch jetzt nicht an dem "Azubi" hoch - das war lediglich ein Bild. Richtig. Um es klarzustellen: Gegeben sei also ein modernes High-Chem-Produkt in Form eines Gemisches aus organischen und anorganischen Komponenten, das von einem promovierten Chemiker in zertifiziertem Umfeld abgemischt wurde. [/Humor] Kommen wir nun aber zur Sache: Kern des Problems ist also, daß aufgrund der komplexen Rezeptur alleine nicht die Attribute ORGANISCH oder ANORGANISCH zuordbar sind. Wie komme ich nun zu einer entsprechenden UN-Nr. für den Fall 6.1 oder 4.1? Der Hinweis auf den Gefahrauslöser scheint mir in die richtige Richtung zu gehen. 2.1.3.5.2 erscheint mir zwar nicht ganz einschlägig, da die Rezeptur bekannt sei: Wenn diese Bestimmung nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand möglich ist (z.B. bei gewissen Abfällen), so ist der Stoff, die Lösung oder das Gemisch der Klasse der Komponente mit der überwiegenden Gefahr zuzuordnen. Die Vorgehensweise wäre aber zumindest in der gleichen Denk-Richtung. Was aber, wenn die Komponente mit der überwiegenden Gefahr tatsächlich mengenmäßig nur in geringem Maße vorhanden ist? Ich denke also wirklich z.B. an eine wässrige Lösung eines organischen, giftigen Stoffes (und ein paar anderen Zutaten, um den Bereich ...-LÖSUNG zu verlassen) schon im niedrigen Prozent-Bereich ebenfalls Klasse 6.1 sein kann. Wäre das Gut dann wirklich UN 2810 GIFTIGER ORGANISCHER FLÜSSIGER STOFF, N.A.G.? Nachtrag: Im Zweifelsfalle mag eine angemessene Worst-Case-Vorgehensweise praktikabel sein. Wenn ich aber nicht weiss, ob organisch oder anorganisch - was wäre dann eher angemessen?
Zuletzt bearbeitet von SafetyFirst; 08.04.2015 12:28.
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: SafetyFirst]
#20224
08.04.2015 13:04
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Gandalf
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Hallo zusammen, Hypothesen sind als Diskussionsgrundlage spannend, wer sich damit überfordert fühlt, mag abwarten, was Andere dazu äußern. Ja natürlich sind Hypothesen spannend, solche Diskussionen führen wir ja öfters hier. Den Rest lass ich jetzt mal unkommentiert! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smirk.gif" alt="" /> Mir ist schon klar, dass der Azubi nix dafür kann und nur ein Bild ist. Das eigentliche Problem wird aber durch den promovierten Chemiker auch nicht besser. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/wink.gif" alt="" /> Einstufung von Gemischen ist nicht immer eine einfache Sache und wenn man keine Tests durchführt sondern nur an Hand der Zusammensetzung vorgeht, dann wird es noch schwieriger, wenn mit Hypothesen gearbeitet wird. Denn es bedarf eigentlich konkreter Informationen wie bspw. %-Gehalt und Name (chemische Bezeichnung) von Bestandteilen, die bei geheimen Mischungen aber schon mal nicht bekannt gegeben werden wollen. Und was sind das nun genau für Komponenten, fest, flüssig oder beides? Welcher Bestandteil hat welche Eigenschaft und wie sieht das Gemisch dann konkret aus (fest, flüssig, pastös)? Wenn es nur um die Frage geht ist das ganze Gemisch (unabhängig von allen weiteren Eigenschaften) nun organisch oder anorganisch, dann würde ich im ersten Schritt sagen, wenn es nicht gerade ein 50/50 Gemisch ist, dann Zuordnung nach größtem Anteil (bei 50/50 freie Auswahl <img src="/ubbthreads/images/graemlins/laugh.gif" alt="" />). Allerdings sollten auch die weiteren Eigenschaften berücksichtigt werden im Hinblick auf die Anforderungen zur Beförderung (Verpackung etc.). Eventuell ist es dann nämlich doch besser dem geringeren Anteil zuzuordnen (z.B. wegen Materialverträglichkeit). Das ist letzlich eine konkrete Einzelfallentscheidung und kann nun einmal nicht einfach mit einer pauschalen Hypothese beantwortet werden. Gruß Gandalf
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: SafetyFirst]
#20225
01.05.2015 21:25
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Hallo Safety First,
für die unprofessionelle Polemik in meinem obigen Beitrag bitte ich um Entschuldigung. Der "Rüffel" des Admin ist bei mir angekommen.
Zu den fachlichen Aspekten habe ich mir nochmals Gedanken gemacht: Die Differenzierung organisch/anorganisch bei den n.a.g.-Nummern hat insbesondere Auswirkungen im Seeverkehr. Entsprechend der Trennvorschriften müssen im Seeverkehr bestimmte gefährliche Güter von brennbaren Gütern getrennt befördert werden. Allgemein wird davon ausgegangen, dass organische Stoffe grundsätzlich brennbar sind, und zwar auch dann, wenn sie die entzündlichen Merkmale der Klassen 3 oder 4.1 nicht erfüllen. Bei Anwendung des Vorsorgeprinzips wären Gemische organischer und anorganischer Stoffe aus meiner Sicht deshalb besser bei der organischen n.a.g.-Nummer aufgehoben, außer die Brennbarkeit kann definitv ausgeschlossen werden.
Schöne Grüße.
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: King_Louie_21]
#20226
02.05.2015 10:34
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GG1
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Hallo King Louie 21,
ich denke, daß bei komplexen Mischungen aus organischen und anorganischen Stoffen keine pauschale Aussage über die Klassifizierung möglich ist. Hier ist es immer eine Einzelfallentscheidung, die anhand der Zusammensetzung und in Hinblick auf den / die Verkehrsträger, für die sie gelten soll, erfolgen muß.
Grüße GG1
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: GG1]
#20227
02.05.2015 15:16
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Hallo GG1, SafetyFirst hat im Nachtrag zu seinem letzten Beitrag die Fragestellung präzisiert: - "Im Zweifelsfalle mag eine angemessene Worst-Case-Vorgehensweise praktikabel sein. Wenn ich aber nicht weiss, ob organisch oder anorganisch - was wäre dann eher angemessen?"
Vielleicht hätte ich ein paar Sätze mehr schreiben sollen, um meinen Standpunkt dazu deutlicher zu erklären. In der Ausgabe Mai 2012 der Fachzeitschrift «der gefahrgutbeauftragte» wurde der von Ingo Döring (BAM) verfasste Artikel «GGAV Änderungen der Ausnahme 20» veröffentlicht. In dem Artikel wird erwähnt, dass die früher praktizierte Differenzierung zwischen organisch/anorganisch für bestimmte Sortiergruppen in der Ausnahme 20 dadurch bedingt war, dass es im ADR entsprechende organische/anorganische n.a.g.-Nummern gibt. Auf die Differenzierung organisch/anorganisch konnte in den 2012 vorgenommenen Änderungen verzichtet werden, weil sie auf Beförderungsvorgänge im Binnenland keine Auswirkungen hat und nur im Seeverkehr wegen der Trenngruppen von Bedeutung ist. Zwischen brennbaren Stoffen und bestimmten anderen Gefahrgütern müssen im Seeverkehr teilweise Trennvorschriften beachtet werden, die jedoch im Binnenland nicht gelten. Organisches Material wird in der Regel als brennbar angesehen und deshalb wird in bestimmten Klassen zwischen organischer und anorganischer n.a.g.-Nummer unterschieden. Damit die Brennbarkeit nicht unter den Tisch fällt, hat mich dieser Artikel dazu verleitet, die organische n.a.g.-Nummer zu präferieren, wenn ein Gemisch sowohl organische wie auch anorganische Stoffe enthält und ansonsten keine Erkenntnisse vorhanden sind, wonach die Zuordnung zu der anorganischen n.a.g.-Nummer zwingend erforderlich wäre. Grundsätzlich gilt natürlich, dass konkrete analytische Ergebnisse, die beispielsweise auf Basis des Handbuchs über Prüfungen und Kriterien (ST/SG/AC.10/11/Rev.5) ermittelt wurden, immer Vorrang haben. Leider haben wir derzeit keine genauen Daten vorliegen und, wenn ich es richtig verstanden habe, dann soll in diesem Thread zunächst mal ein abstraktes, hypothetisches Szenario durchgespielt werden. Die Zuordnung eines solchen Gemisches zu unterschiedlichen UN-Nummern je nach Verkehrsträger halte ich nicht für sinnvoll, denn dann müsste bei einem Wechsel des Verkehrsträgers die gesamte Ladung ggf. mit neuen Labels versehen werden und ein multimodales Beförderungspapier könnte auch nicht verwendet werden. Unabhängig davon dürften die Klassifizierungskriterien für die hier in Rede stehenden n.a.g.-Nummern (UN 1325/3178, UN 2926/3179, UN 2810/3287, UN 2811/3288) verkehrsträgerübergreifend harmonisiert sein und dann müsste man eigentlich auch überall zum selben Ergebnis kommen. Ausschließen möchte ich nicht, dass es neben dem Kriterium "brennbar" noch weitere Argumente gibt, die für die Entscheidung organisch/anorganisch relevant sind, wenn es wie hier Spitz auf Knopf steht. Schöne Grüße.
Zuletzt bearbeitet von King_Louie_21; 03.05.2015 10:44.
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Re: Organisch oder anorganisch?
[Re: King_Louie_21]
#20228
04.05.2015 08:35
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Gandalf
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Hallo King_Louie_21, Ich kann deiner Argumentation grundsätzlich zwar folgen, sehe allerdings auch Schwierigkeiten für die Praxis. und zwar auch dann, wenn sie die entzündlichen Merkmale der Klassen 3 oder 4.1 nicht erfüllen. ... außer die Brennbarkeit kann definitv ausgeschlossen werden. Wenn die Prüfkriterien nicht greifen, wie will man denn dann "definitv ausschließen". Es gibt auch brennbare anorganische Substanzen. Bei Dioxinen/Furanen ist es meist immer organisch (GGAV Ausnahme 19). Ich stimme dir zu, dass bei der Beförderung keine Umdeklaration erfolgen sollte, sondern es muss einmalig festgelegt werden. Letzlich muss es also immer eine Einzelfallentscheidung sein. Diese sollte man begründet, an Hand der vorliegenden Informationen, fällen. Im Zweifesfalle immer die Einstufung mit den höheren Anforderungen an die Transportsicherheit nehmen (da macht man nix falsch denke ich). Gruß Gandalf
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LGA
von Gerald - 25.04.2025 12:52
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