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UN3166 - flammable Liquid #28005 16.12.2019 17:05
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Moin Moin,
heute beschäftigt mich die Interpretation der SP961 und 962 für UN3166.

Wir transportieren große Yachten und haben bisher den Standpunkt vertreten, dass diese unter UN3166 nach SP962 (weil mehr als 450ltr Diesel enthalten) zu verschiffen sind.

Unser Kunde behauptet nun jedoch, dass die Yachten, sobald sie mit Diesel (Flammpunkt über 60,5°C cc) verschifft werden, nicht mehr unter diese Regelung fallen, weil nach 2.3.1.2 dann kein „flammable liquid“ mehr vorliegt.

Die Wasserschutzpolizei in Hamburg hat mit insofern geholfen, als dass sie darauf hinwies, dass SP961 von einem „flammable liquid fuel“ spricht, was also jeder Kraftstoff ist, der flüssig und entflammbar ist, unabhängig davon, was die Definition des „flammable liquid“ aus 2.3.1.2 ist.
In der SP962 wird jedoch nicht mehr von „flammable liquid fuel“ gesprochen, sondern nur noch von „flammable liquid“, was in meinen Augen inkonsistent ist, vor allem da sich die SP962 direkt auf die SP961 bezieht.

Unser Kunde hat nun Rücksprache mit Flaggenstaat (der Yacht) und Lloyd’s register gehalten, welche seine Sicht der Dinge (Diesel ist kein „flammable liquid“, daher muss gar nichts deklariert werden) bestätigt haben.

Kennt irgendwer diese Problematik und hat vielleicht ne amtliche Aussage dazu?

Unser Kunde glaubt seinem Flaggenstaat halt mehr, als dem deutschen Polizeibeamten...
Schöne Grüße,
Ben

Re: UN3166 - flammable Liquid [Re: GGC] #28006 16.12.2019 19:59
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Man könnte vom Schutzziel der Vorschrift her argumentieren: Wäre der Diesel, würde er in Gefäßen unabhängig von der Yacht befördert, Gefahrgut? Bei der Flammpunkteinstufung eher nicht (ok, MP ist möglich). Falls nicht, warum sollte es dann in der Yacht Gefahrgut sein?
M.A.T.

Re: UN3166 - flammable Liquid [Re: M.A.T.] #28007 17.12.2019 10:26
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Hallo zusammen,

meine erste Frage an den Kunden wäre, woher er weiss, dass der Diesel einen FP>60° hat. In mir bekannten SDB wird bei Diesel/Heizöl immer >55°C angegeben. Falls der Kunde ein SDB hat mit Eintrag >60°C wäre meine nächste Frage, ob er zweifelsfrei bestätigen kann, dass nur dieser Diesel gebunkert wurde (ich gehe davon aus es handelt sich um gebrauchte Yachten, da so viel Kraftstoff drin ist).

Da Diesel im ADR Gefahrgut ist (in Abweichung zu Absatz 2.2.3.1.1 gilt Dieselkraftstoff oder Gasöl oder Heizöl (leicht), einschließlich synthetisch hergestellter Produkte, mit einem Flammpunkt über 60 °C bis höchstens 100 °C als Stoff der Klasse 3 UN-Nummer 1202.) und namentlich im IMDG-Code genannt sowie grundsätzlich keine genaue Flammpunktangabe verfügbar ist, würde ich bei UN 3166 mit SP 961/962 beliben, nicht zuletzt wegen der angesprochenen "umweltgefährdend" Thematik (=UN 3082, wenn nicht in Klasse 3).

Wie sehen das die "Seefahrer"?

Re: UN3166 - flammable Liquid [Re: Spedi] #28008 17.12.2019 11:37
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Hallo, Spedi
Zu der Einstufung als umweltgefährdend sagt die RSEB in 2-19.2, daß für Diesel 1202 nach den CONCAWE-Empfehlungen der Baumfisch gilt. Damit wäre, falls wirklich der Flp. noch über der Grenze von Bem. 2. zu 2.2.3.1.1 ADR liegt (das wiederum halte ich für unwahrscheinlich), zumindest die 3082 argumentierbar. Falls aber der Flammpunkt max. 100 ist, bliebe es bei Diesel mit Baumfisch-Markierung, denke ich.
Gruß
M.A.T.

Re: UN3166 - flammable Liquid [Re: Spedi] #28010 17.12.2019 16:11
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Ursprünglich geschrieben von: Spedi
Da Diesel im ADR Gefahrgut ist (in Abweichung zu Absatz 2.2.3.1.1 gilt Dieselkraftstoff oder Gasöl oder Heizöl (leicht), einschließlich synthetisch hergestellter Produkte, mit einem Flammpunkt über 60 °C bis höchstens 100 °C als Stoff der Klasse 3 UN-Nummer 1202.) und namentlich im IMDG-Code genannt sowie grundsätzlich keine genaue Flammpunktangabe verfügbar ist, würde ich bei UN 3166 mit SP 961/962 beliben, nicht zuletzt wegen der angesprochenen "umweltgefährdend" Thematik (=UN 3082, wenn nicht in Klasse 3).



Hi Spedi, genau diese Bemerkung gibt es im IMDG-code leider nicht.... Das wäre ja auch zu einfach gewesen, aber Danke für den Hinweis.
Schlussendlich fällt aber alles auf die UN-Model-Regulations zurück und wenn dann im ADR eine solche Bemerkung auftaucht, kann man sie guten Gewissens auch im Seeverkehr argumentieren. Warum sollte Diesel im ADR anders behandelt werden, als im IMDG-Code?

Was die UN3082 angeht, bin ich mir nicht so sicher, schließlich sollen NAG Eintragungen doch nur genutzt werden, wenn keine andere UN-Nummer das Gefahrgut besser beschreibt und mit der UN1202 hätten wir doch die richtige UN-Nummer.

Und bei UN3082 wäre der Shipper dann in der misslichen Lage, dass er ja behauptet, dass es kein "flammable liquid" sei. Damit könnte oder wollte er die UN3166 nicht nutzen (die ja sonst alles Gefahrgut, das zum sicheren Betrieb notwendig ist mit einschließt, also rein theoretisch auch den als UN3082 anzusehenden Kraftstoff). Und dann könnte er das in der Yacht enthaltene Gefahrgut UN3082 eigentlich gar nicht verschiffen, weil die Yacht keine zugelassene Umschließung wäre und der Kunde selbst ja darauf besteht nicht nach UN3166 zu deklarieren.

Schöne grüße,
Ben

Re: UN3166 - flammable Liquid [Re: GGC] #28013 18.12.2019 16:30
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Moin Leute,
hatte gerade nochmal eine etwas längere Diskussion, sehr interessant.

UN3166 proper shipping name ist: "Vehicle, flammable liquid powered"

Da hat der Kunde nicht mehr so ganz unrecht wenn er sagt, dass sein Diesel mit FP über 60°C kein "flammable liquid" ist und deswegen die UN3166 nicht anzuwenden wäre. Im PSN steht ja nichts von "flammable liquid fuel", der erst in der SP961 genannt wird.
Also ist sein Boot ein vehicle, non-flammable liquid powered und als solches im Code nicht vorgesehen.

Hab mal zurückgefragt, was man dann zum Thema marine pollutant meint, muss man erstmal drüber nachdenken...

Gruß,
Ben

Re: UN3166 - flammable Liquid [Re: GGC] #28014 19.12.2019 07:51
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Claudi Offline
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Also wenn man partout aus der UN3166 raus will, gibt es aber leider noch die UN3530 ENGINE, INTERNAL COMBUSTION or MACHINERY, INTERNAL COMBUSTION, Klasse 9 - d.h. selbst wenn man argumentiert, dass der Kraftstoff nicht flammable ist, aber marine pollutant, müsste man in UN3530 landen.
Die Eintragung ist zwar nicht so spezifisch wie UN3166 (Fahrzeuge...) sondern spricht nur von "Maschine" aber was konkreteres kenne ich nicht.

Re: UN3166 - flammable Liquid [Re: Claudi] #28017 19.12.2019 11:20
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DJSMP Offline
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Mal sehen, wann die nächste Seite erreicht ist... wink

Meine Meinungen zum Thema:

Zunächst mal wäre die Frage, für welchen Verkehrsträger die Bewertung erfolgen soll. Auf der einen Seite ist der Beitrag im multimodalen Forum. Aber eigentlich unterhält man sich nur über Sondervorschriften des IMDG-Codes.

Wie schon angemerkt wurde, sollte im ADR der Fall klar sein. Dort ist Dieselkraftstoff bis 100 °C immer Gefahrgut. Somit wäre die Yacht zunächst auch als UN 3166 FAHRZEUG MIT ANTRIEB DURCH ENTZÜNDBARE FLÜSSIGKEIT einzustufen. Somit wären (nur) die Vorgaben der SV 666 zu erfüllen.


Wenn man nun über dem IMDG-Code philosophiert, dann ist für das Böötchen auch dort die 3166 VEHICLE, FLAMMABLE LIQUID POWERED, 9 die richtige Einstufung. Da es hier die Erweiterung der Klasse 3 auf alle Dieselkraftstoffe nicht gibt, ist auch für mich der zentrale Punkt, ob die Flüssigkeit, mit der der Motor der Yacht betrieben wird, Gefahrgut ist oder nicht, also ob sie entzündbar/flammable im Sinne der Vorschriften ist. Natürlich wird die ganze Yacht dann nur Gefahrgut, wenn auch Gefahrgut im Sinne der Vorschriften drin ist. Ansonsten kann man logischwerweise den IMDG-Code zuschlagen. Die Flüssigkeit (Diesel) müsste sich doch aber bewerten lassen. Dafür muss es doch eine exakte Spezifikation und ein Sicherheitsdatenblatt / Material safety data sheet für den Diesel geben. Daran würde ich die weitere Vorgehensweise festmachen. Allerdings sollte man hier nach der ganzen bereits geführten Diskussion wirklich kritisch prüfen.

Wie richtig geschrieben wurde, hat Normdiesel im PKW Bereich normalerweise einen Flammpunkt bis 60°C. Aber im Schiffsbau habe ich keine Ahnung, ob es da anderen Diesel gibt, der zumindest aus der Klasse 3 IMDG-Code raus wäre.

Die umweltgefährdende Komponente kommt mir insgesamt in der Diskussion zu kurz. Selbst wenn der Diesel aus der Klasse 3 ausgeschlossen würde, so bliebe immer noch die Umweltgefahr. Und ein Mineralölprodukt ohne Umweltgefahr gibt es auf diesem Planeten nicht. Schiffe herkömmlicher Art sind die größten Umweltverschmutzer ever! Eine UN-Nummer für ein Boot mit einer UN 3082 Flüssigkeit zu finden ist dann aber gar nicht so einfach.

Für mich wäre es die bessere Lösung, gleich über UN 3166 zu gehen und die 450 L Brennstoff nach SV 961 einzuhalten. Dann ist man sauber aus dem restlichen IMDG-Code raus. Dann muss eben der Herr Geiss mal tanken fahren, wenn er sein neues Boot bekommen hat. wink

Re: UN3166 - flammable Liquid [Re: DJSMP] #28030 23.12.2019 14:05
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GGC Offline OP
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Ursprünglich geschrieben von: DJSMP
Wie richtig geschrieben wurde, hat Normdiesel im PKW Bereich normalerweise einen Flammpunkt bis 60°C. Aber im Schiffsbau habe ich keine Ahnung, ob es da anderen Diesel gibt, der zumindest aus der Klasse 3 IMDG-Code raus wäre.

Die umweltgefährdende Komponente kommt mir insgesamt in der Diskussion zu kurz. Selbst wenn der Diesel aus der Klasse 3 ausgeschlossen würde, so bliebe immer noch die Umweltgefahr. Und ein Mineralölprodukt ohne Umweltgefahr gibt es auf diesem Planeten nicht. Schiffe herkömmlicher Art sind die größten Umweltverschmutzer ever! Eine UN-Nummer für ein Boot mit einer UN 3082 Flüssigkeit zu finden ist dann aber gar nicht so einfach.

Für mich wäre es die bessere Lösung, gleich über UN 3166 zu gehen und die 450 L Brennstoff nach SV 961 einzuhalten. Dann ist man sauber aus dem restlichen IMDG-Code raus. Dann muss eben der Herr Geiss mal tanken fahren, wenn er sein neues Boot bekommen hat. wink

Hi DJSMP,
was den Flammpunkt in der Schiffahrt angeht: Der gebräuchliche Schiffsdiesel hat einen Flammpunkt von über 60°C. Es gibt Destillate mit niedrigerem Flammpunkt, aber in der Regel ist über 60°C angesagt.

Es ist sogar so, dass das Schiff seine Klasse (Fahrerlaubnis) verliert, falls es Kraftstoff mit weniger als 60°C FP bunkert. Daraus ließe sich in der Tat ableiten, dass über 60°C in der Schifffahrt kein flammable liquid ist.

Aber wie du schreibst wäre es dann immer noch MP.

Die Diskussion beruht einfach auf dem Unwillen des Versenders, zu deklarieren ("haben wir noch nie so gemacht") und dem Problem, dass er auf jeden Fall jemanden findet, der seine Boote auch ohne DGD von A nach B bringt.
Da der Kunde aber mit der Aussage seines Flaggenstaats kam, würde ich gerne eine rechtsgültige Interpretation zu diesem Thema finden...

Dank und Gruß und schöne Weihnachten!

Ben


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