Re: Klassifizierung von Gemischen
[Re: Peter Müller]
#4742
08.03.2007 18:59
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Andreas_A
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"UN 3266 Ätzender basischer anorganischer flüssiger Stoff, n.a.g. (Natronlauge, Lösung 20%), 8, II"
Was bringt es mir aber, eine Sammelnummer zu nehmen und nur einen Gefahrenauslöser anzugeben?
Im Zweifel weiß man hier nur, dass neben NaOH ein weiterer Stoff drin ist. Welche Eigenschaften der hat und welche Gefahr er mit sich bringt, weiß man aus der Eintragung nicht und man ist letztendlich genau so schlau wie mit "UN1824 Natriumhydroxid ..."
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Re: Klassifizierung von Gemischen
[Re: Andreas_A]
#4743
09.03.2007 11:43
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Wie schon weiter oben von einem weisen Kollegen gesagt wurde: Dass die Cellulose nicht großartig synergistisch oder antagonistisch wirkt, traue ich mir Kraft meiner Ausbildung als Chemiker durchaus zu. <img src="http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads/images/graemlins/wink.gif" alt="" />
KLAR: Die Mischung von vertschiedenen Stoffen KANN zu ganz erstaunlichen Effekten führen, MUSS aber nicht zwangsläufig. Jeder gute Chemiker wird hier antworten, wie üblicherweise die Juristen: "Das kommt darauf an".
Zum unseligen Thema der Einstufung über pH-Wert: Die Industrie ist lange genug gegen diesen Blödsinn sturm gelaufen. Die Behörden haben in Deutschland inzwischen aber ein Machtwort gesprochen und demnach haben wir nun den pH zu berücksichtigen. Sagt uns die Abschätzung des sauren/alkalischen Puffers Anderes, dann haben wir immerhin einen guten Grund, ein paar Meerschweinchen zu opfern, ansonsten kommen wir aus der Falle nicht raus.
Trotz des Machtwortes wird von manchen Kollegen mit guten Rechtsabteilungen im Rücken die Regel etwas "interpretiert" (was mitunter durchaus sinnvoll sein mag); dies kommt halt auf den persönlichen "Mut" an.
Bezüglich der Hierarchie der Einstufungsmethoden (konventionell / Definitionsprinzip) im Bereich Ätz-/ Reizwirkung ist klar geregelt:
Nach Artikel 6 RL 1999/45/EG ist eine Einstufung nach Definitionsprinzip vorrangig, sofern Daten vorhanden sind. Eine pH-Wert-Messung ist praktisch immer vorhanden; ist dies nicht der Fall, wird es zumindest schwierig, hierfür eine gute Entschuldigung zu finden.
Somit: Ist der pH der Brühe > 2 und < 11,5, dann gilt die Einstufung nach konventioneller Methode, ggf. unter Verwendung der stoffspezifischen Grenzwerte nach Annex I. Liegen wir daneben, brauchen wir schon recht gute Argumente, um nicht mit C, R35 einzustufen.
Hoffe, mit diesem Post zur Beseitigung der letzten Klarheiten beigetragen zu haben. <img src="http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads/images/graemlins/wink.gif" alt="" />
Frohes Schaffen,
SF
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Re: Klassifizierung von Gemischen
[Re: SafetyFirst]
#4744
09.03.2007 12:03
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Andreas_A
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"Hoffe, mit diesem Post zur Beseitigung der letzten Klarheiten beigetragen zu haben."
Kommt drauf an ;-).
Der Anhang 1 von 67/548/EWG wird doch ohnehin regelmäßig aktualisiert. Da könnte man doch auch mal die Relevanz des pH-Werts einfließen lassen. Bei Säure-Wasser- oder Lauge-Wasser-Gemischen ist es kein Hexenwerk, den pH-Wert bei den relevanten Zusammensetzungen zu messen oder zur Not auch per Berechnung abzuschätzen. In den meisten Fällen, in denen in diesem Anhang Xi vorgesehen ist, müsste aufgrund des zu hohen oder zu niedrigen pH-Werts mit C gekennzeichnet werden.
Nebenbei ist es, auch wenn die Behörden es anders sehen, unlogisch, dass Säure-Wasser-und Lauge-Wasser-Gemische in der Stoffrichtlinie zu finden sind, die Einstufung aber nach den Kriterien der Zubereitungs-RL erfolgen soll.
Gibt es dieses "Machtwort", das du erwähnt hast, irgendwo zum Nachlesen?
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Re: Klassifizierung von Gemischen
[Re: Andreas_A]
#4745
09.03.2007 13:25
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Das Beknackte an der Regelung ist doch gerade, daß solche starke Säuren und Basen wie NaOH oder HCl aufgrund der vollständigen Dissoziation schon in sehr kleinen Mengen den pH so beeinflussen. Dabei kann es sein, daß die physiologische Wirkung halt gar nicht so schlimm ist. Die Messung oder Berechnung des pH-Wertes wäre in diesem Sinne eher noch kontraproduktiv, weil ja gemäß dem Satz: "Je blauer/roter, desto gefährlicher" gerade eine gefahr vorgegaukelt wird, die so gar nicht da ist. Das Machtwort findest Du in der 67/548/EWG, Anhang VI, Kap. 3.2.5. <img src="http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads/images/graemlins/laugh.gif" alt="" /> Nee, ernsthaft: Meine obigen Ausführungen sind die Übersetzung der Buschtrommeln. Mir ist bekannt, daß namhafte Experten gegen die sture Anwendung der pH-regel gekämpft haben. Hierzu gab es mehrere Sitzungen bei der BAuA, in denen diskutiert wurde, ob die Argumetation über eine fundierte Abschätzung der "Reserve" ausreicht, den C/R35 zu kippen. Ein VCI-Vertreter berichtete mir, er sei auf einer finalen Sitzung gewesen, in der im Wortsinne der Richtlinie entschieden worden sei, d.h. "Wird der Stoff oder die Zubereitung aufgrund der sauren/alkalischen Reserve für nicht ätzend gehalten, so ist diese Feststellung durch weitere Prüfungen zu bestätigen, wenn möglich durch eine validierte Invitro- Prüfung." Weil dies nun gerade so ziemlich eindeutig interpretierbar in der Richtlinie steht, sind nun die Messen gelesen. <img src="http://www.gefahrgut-foren.de/ubbthreads/images/graemlins/frown.gif" alt="" /> Wegen dieser eigentlich eindeutigen Formulierung erwartete ich keine weiteren Stellungnahmen; dies wäre wohl anders gewesen, hätte man sich entschieden, daß die RL-Formulierung interpretierbar sei. Naja, so ist das: Manchmal verliert man, und manchmal gewinnen dafür die Anderen. Viele Grüße, SF Edit: Nebenbei ist es, auch wenn die Behörden es anders sehen, unlogisch, dass Säure-Wasser-und Lauge-Wasser-Gemische in der Stoffrichtlinie zu finden sind, die Einstufung aber nach den Kriterien der Zubereitungs-RL erfolgen soll.
Naja, nicht ganz: Es kommt halt auf die pH-Bereiche des Produktes an. Nach Definitionsprinzip ist hal die eine Seite vom Grenzwert definiert, auf der anderen Seite herscht die Definitionslücke, in der dann die Zubereitungsrichtlinie zieht. Grüße, SF
Zuletzt bearbeitet von SafetyFirst; 09.03.2007 13:28.
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Re: Klassifizierung von Gemischen
[Re: SafetyFirst]
#4746
09.03.2007 13:32
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Andreas_A
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soweit Zustimmung :-).
Bevor ich mich aber mit in-vivo- oder in-vitro-tests rumschlagen muss, wenn ich 20 % Natriumhydroxid in Wasser klassifizieren muss, habe ich lieber eine Aussage anhand schnell messbarer/berechenbarer Kriterien. Wenn das pH-Wert sein soll, kann ich damit leben. Wenn das in Einzelfällen zu einer Überkennzeichnung führt, kann ich auch damit leben.
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Re: Klassifizierung von Gemischen
[Re: Andreas_A]
#4747
09.03.2007 13:48
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SafetyFirst
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So muß es dann wohl auch sein.
Amen!
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