Hallo Martin,
gefahrgutrechtlich ist die Frage relativ einfach zu beantworten, da die Verstandstücke nur auf der Außenverpackung gekennzeichnet werden müssen. Nicht so einfach ist die Frage zu beantworten, wenn es um die Produktsicherheit und das Gefahrstoffrecht geht. Entsprechende Kennzeichnungsvorschriften gelten dann, wenn die Spraydosen auf dem Markt bereitgestellt werden bzw. in Verkehr gebracht werden. Dies ist unabhängig vom Endanwender zu beurteilen und müsste aus meiner Sicht eventuell noch genauer geklärt werden. Vorausschicken möchte ich noch, dass Spraydosen nicht direkt mein Fachgebiet sind; vielleicht haben andere Kolleg(inn)en hier im Forum bessere Informationen und Tipps.
1. Gefahrgutrechtliche Kennzeichnungsvorschriften für Versandstücke und UmverpackungenDas Gefahrgutrecht ist anzuwenden, wenn die Beförderung von Druckgaspackungen auf öffentlichen Straßen erfolgt (§ 1, Abs. 1 GGBefG). Dabei ist es gleichgültig, ob die Ware an einen Endanwender geliefert wird oder nicht.
Für UN 1950 DRUCKGASPACKUNGEN gilt immer, dass sie in eine
Außenverpackung einzusetzen sind, egal ob sie als begrenzte Menge oder "normal" befördert werden. Dies ergibt dann ein
Versandstück, bestehend aus den Spraydosen und der Außenverpackung. Als Außenverpackung werden häufig Kisten aus Pappe oder Trays in Dehn- oder Schrumpffolie verwendet.
Im Gefahrgutrecht sind lediglich die Versandstücke zu kennzeichnen und zu bezetteln, was bedeutet, dass Kennzeichnungen und Gefahrzettel auf der Außenverpackung anzubringen sind. Der Inhalt der Außenverpackung, in diesem Fall also die Spraydosen, muss gefahrgutrechtlich nicht gekennzeichnet und bezettelt werden.
In Abschnitt 1.2.1 ADR/RID wird das Versandstück als Endprodukt des Verpackungsvorgangs definiert, bestehend aus Verpackung (z.B. Kiste aus Pappe oder Tray in Dehn-/Schrumpffolie) und Inhalt (z.B. Gegenstände wie Spraydosen). Die Vorschriften für die Kennzeichnung der Versandstücke bei Inanspruchnahme der Freistellung für begrenzte Mengen finden sich in den Abschnitten 3.4.7 bis 3.4.9 ADR/RID. Die Vorschriften für die Kennzeichnung und Bezettelung von Versandstücken, die nicht als begrenzte Menge befördert werden, befinden sich in Kapitel 5.2 ADR/RID und in SV 625 des Abschnitts 3.3.1 ADR/RID (zusätzliche Aufschrift «UN 1950 AEROSOLE»).
Darüber hinaus gibt aus noch
Umverpackungen, bestehend aus mehreren Versandstücken, die auf z.B. auf einer Palette gebündelt sind. Die Umverpackungen müssen genauso gekennzeichnet und bezettelt werden wie die Versandstücke, wenn die Versandstücke nicht sichtbar/lesbar sind. Außerdem ist die Aufschrift «Umverpackung» erforderlich. Die Vorschriften für die Kennzeichnung von Umverpackungen befinden sich in Abschnitt 3.4.11 ADR/RID (begrenzte Menge) bzw. in Unterabschnitt 5.1.2.1 ADR/RID (ohne Freistellung).
Die
Übergangsvorschrift in Unterabschnitt 1.6.1.20 ADR/RID lässt es zu, Versandstücke mit begrenzten Mengen bis 30.06.2015 noch nach den Vorschriften des Abschnitts 3.4.3, lit. a) ADR/RID 2009 zu kennzeichnen (auf die Spitze gestelltes weißes oder kontrastierendes Quadrat mit schwarzem Rand und der Aufschrift «UN 1950» in der Mitte). Für die Umverpackung gilt dann außerdem die Kennzeichnungsvorschrift gem. Abschnitt 3.4.7 ADR/RID 2009.
2. Kennzeichnungsvorschriften für die einzelnen Aerosolpackungen gem. Bau- und PrüfvorschriftenDie SV 344 in Abschnitt 3.3.1 ADR/RID verweist auf die Bau- und Prüfvorschriften für Druckgaspackungen in Abschnitt 6.2.6 ADR/RID. In Unterabschnitt 6.2.6.4 ADR/RID wird dann der Anhang der
Richtlinie des Rates 75/324/EWG in der jeweils aktuellen Fassung als zu beachtende Norm genannt. Die
Richtlinie des Rates 75/324/EWG wird in Deutschland insbesondere durch die
Aerosolpackungsverordnung umgesetzt.
Darf man z.b. Aerosoldosen, welche als LQ verschickt werden ohne Etikettierung auf der Ware verschicken? Sprich also Blanko-Dosen mit gefährlichem Inhalt (UN1950).
Intern wurde mir gesagt, dass es wohl reicht (beim Versand an nicht-Endanwender) wenn man nur einen Hinweis auf den Inhalt der Dosen mit in das Paket gibt den der Empfänger gleich sieht sobald er das Paket öffnet.
Es spielt eigentlich keine Rolle, ob die Spraydose einem Endanwender ausgehändigt wird oder nicht. Sobald eine Spraydose auf dem Markt bereitgestellt wird, ist sie mit der in § 4
Aerosolpackungsverordnung vorgeschriebenen Kennzeichnung/einem Etikett zu versehen. Ein "Beipackzettel" genügt da aus meiner Sicht nicht. Die "Bereitstellung auf dem Markt" wird in § 2
Produktsicherheitsgesetz definiert als entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung.
3. Gefahrstoffrechtliche Kennzeichnungsvorschriften für AerosolpackungenEine gefahrstoffrechtliche Kennzeichnung der Außenverpackung/des Versandstücks ist nicht erforderlich (Artikel 33, Abs. 1
CLP-Verordnung).
§ 1, Abs. 2, in Verbindung mit § 4, Absätze 1 und 2 der
Gefahrstoffverordnung sehen vor, dass die
CLP-Verordnung oder deren Vorläufer (Richtlinie 67/548/EWG, Richtlinie 1999/45/EG) für die Kennzeichnung zu beachten sind, wenn Gefahrstoffe oder entsprechende Gemische in Verkehr gebracht werden. Das "Inverkehrbringen" ist definiert als entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe an Dritte oder Bereitstellung für Dritte (Artikel 2
CLP-Verordnung). Der Dritte kann, muss aber nicht der Endanwender sein. Teilweise befinden sich diese Kennzeichnungsvorschriften auch schon in der oben bereits genannten
Richtlinie des Rates 75/324/EWG. Praxisbezogene Informationen zur gefahrstoffrechtlichen Kennzeichnung der einzelnen Aerosolpackungen finden sich z.B. in den
Leitlinien zur Kennzeichnung und Verpackung gemäß CLP-Verordnung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Hilfreich ist auch Nr. 6.9 der
TRGS 200, in der die für Aerosolpackungen geltenden gefahrstoffrechtlichen Kennzeichnungen aufgeführt sind.
Das gefahrstoffrechtliche Kennzeichnungsetikett ist fest auf einer oder mehreren Flächen der Verpackung anzubringen, die den Stoff oder das Gemisch unmittelbar enthält (Art. 31, Abs. 1
CLP-Verordnung); mithin also auf jeder einzelnen Aerosolpackung. Ausnahmen von den gefahrstoffrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften sind in Artikel 29
CLP-Verordnung aufgeführt. Diese Ausnahmen gelten anscheinend primär für sehr kleine Verpackungen, die nicht über genügend Platz zum Aufbringen der Kennzeichnung verfügen. Ggf. müsste man die
CLP-Verordnung zu diesem Punkt noch genauer durchsuchen.
Schöne Grüße.