Hallo Gefahrgutkolleg(inn)en,
wenn wir jetzt schon gelandet sind und wieder festen Boden unter den Füßen haben, dann möchte ich mich auch an der Diskussion beteiligen. Dieses Thema unterlag anscheinend in den letzten Jahren einem Wandel in der Betrachtung durch die Vertragsstaaten. Betroffen sind sowohl Verpackungen für Explosivstoffe der Klasse 1 wie auch Verpackungen für organische Peroxide der Klasse 5.2 und Verpackungen für selbstzersetzliche Stoffe der Klasse 4.1.
Folgende Textstellen mit der Forderung, eine VGII-Verpackung zu verwenden, konnte ich in der aktuellen Ausgabe des ADR finden:
- 4.1.1.18 ADR (explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff, selbstzersetzliche Stoffe und organische Peroxide)
- 4.1.5.5 (explosive Stoffe)
- 4.1.7.1.1 (selbstzersetzliche Stoffe und organische Peroxide)
- 4.1.7.2.1 (bestimmte organische Peroxide)
Warum hier im Kapitel 4.1 an verschiedenen Stellen mantrahaft die immer gleiche Forderung erhoben wird, erschließt sich mir allerdings nicht. Unabhängig davon verweist die BAM in ihrem aktuellen Internet-Auftritt unter der Rubrik
"Behältnis für Peroxyessigsäure bis 15,2 %, UN 3109, Klasse: 5.2" auf eine alte Version des Unterabschnitts 4.1.7.1.1:
"Verpackungen für organische Peroxide und selbstzersetzliche Stoffe müssen den Vorschriften des Kapitels 6.1 oder 6.6 für die Verpackungsgruppe II entsprechen. Um eine übermäßige Verdämmung zu verhindern, dürfen Verpackungen aus Metall, die die Prüfkriterien der Verpackungsgruppe I erfüllen, nicht verwendet werden." In den Jahren 2007 und 2008 hat der Sachverständigenausschusses für den Transport gefährlicher Güter des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen eine intensive Diskussion darüber geführt, wie die Forderung nach VGII zu verstehen ist und was sich daraus im Laufe der Jahre entwickelt hat. Ein Argument in der Diskussion lautete, dass die Verpackungshersteller im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht dazu verpflichtet sind, Fallprüfungen aus 1,80 m Höhe durchzuführen, wenn sie die Verpackung lediglich für VGII zulassen wollen. Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass der Verpackungsverwender eine für VGII geprüfte Verpackung einsetzt, die nur auf Stürze aus 1,20 m Höhe getestet wurde, obwohl die Verpackung möglicherweise auch den Falltest aus 1,80 m Höhe bestehen würde. Darüber hinaus lässt der Falltest keine zuverlässige Aussage über die Verdämmungseigenschaften einer Verpackung zu. Zudem sind keine Unfälle bekannt, wonach VGI-Verpackungen eine gefährliche Verdämmung verursacht haben. Fundstelle:
UN/SCETDG/33/INF.44Auf der 34. Sitzung des Sachverständigenausschusses (
ST/SG/AC.10/C.3/68) wurde dann im Dezember 2008 folgender Beschluss gefasst:
- 15. The Sub-Committee adopted the proposal of the United Kingdom that metal packagings meeting the test requirements for packing group I may be used for the packing of explosives, for the following reasons:
(a) This is permitted for non-metal packagings;
(b) Drop tests are not representative of the degree of confinement of a package;
(c) Explosives are classified according to the results of the tests to which they are subjected as packaged.
16. Paragraph 4.1.5.5 was amended accordingly (see annex I).
17. As the same reasoning is applicable to organic peroxides and self-reactive substances, paragraph 4.1.7.1.1 was also amended accordingly (see annex I).
18. In the light of the Secretariat's observations, amendments were also made to paragraph 4.1.7.2.1 (see annex I).
Egal, ob es sich um eine Metallverpackung handelt oder nicht, es steht somit fest, dass das VGII-Niveau lediglich die Mindestanforderung an die Verpackung darstellt; die Verwendung von VGI-Verpackungen ist nicht ausgeschlossen. Diese geänderte Sichtweise zur Verdämmung wurde 2011 in das ADR übernommen. Ähnlich dürfte es sich bei den anderen verkehrsträgerspezifischen Regelwerken verhalten; das habe ich aber nicht geprüft.
Schöne Grüße.