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UN 3373: Wer ist Verpacker und Verlader? #28002 16.12.2019 12:37
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Bergmannsheil Offline OP
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Mahlzeit,

mich interessiert eure Meinung zu eine im Gesundheitswesen häufige Konstellation.
Im Labor einer Arztpraxis oder Krankenhauses werden Blut-, Serum- oder Sputumröhrchen in z.B. flüssigkeitsdichte Beutel zusammen mit saugfähigem Material verpackt. Diesen Beutel holt ein Kurierdienst (meist des externen Labors, das die Laboruntersuchungen durchführen soll) vor Ort ab und verpackt ihn in eine starre Außenverpackung mit Raute und UN 3373 sowie der Aufschrift BIOLOGISCHER STOFF KATEGORIE B. Die Profis merken, dass ingesamt eine Verpackung, die der Verpackungsanweisung P 650 entspricht, entstanden ist.
Das Schöne ist, dass dann, wenn diese Verpackungsanweisung erfüllt ist, weitere Auflagen des ADR nicht zutreffen (Freistellungserklärung in Abs. 11 P 650 sowie in SV 319).

Bei der Erstellung der Verpackung sind also zwei Unternehmen beteiligt. Wer ist in diesem Fall der Verpacker im Sinne des GGVSEB?
Wenn erst der Fahrer des Fahrdienstes die endgültige Verpackung erstellt, sollte auch ausschließlich der Externe der Verlader sein?.

Wie seht ihr das?

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P650 2017.pdf (140.7 KB, 293 Downloads)

Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf während der Arbeitszeit.
Re: UN 3373: Wer ist Verpacker und Verlader? [Re: Bergmannsheil] #28003 16.12.2019 13:15
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Spedi Offline
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Hallo Bergmannsheil,

ich traue mich mal hier meine Meinung kundzutun, denn ob jetzt Gesundheitswesen oder Industrie/Handel ist für diese Frage unerheblich. Verlader ist das Unternehmen, das verpackt oder verpacken lässt. Somit ist die Praxis/das Labor Verpacker und auch der Kurierdienst. Fahrer ist da meiner Ansicht der Erfüllungsgehilfe des Kurierdienstes (=Beförderer und Verpacker).
Da die Bereitstellung als Erkennungsmerkmal für den Verlader ausreicht, ist und bleibt die Praxis/Labor "Verlader"

Re: UN 3373: Wer ist Verpacker und Verlader? [Re: Spedi] #28004 16.12.2019 13:55
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Bergmannsheil Offline OP
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Hallo Spedi,

ich denke, dass der Denkansatz richtig ist. Hier kann man (wahrscheinlich) wieder mit der cui-bono-Frage arbeiten: In diesem Fall ist das Labor der Verpacker, weil es in dessen Interesse ist, dass eine (vollständige) Verpackung erbracht wird. Diesem Denkansatz kann ich folgen.
Im speziellen Fall der UN 3373 stellt sich die Frage nach dem Verlader dann nicht mehr, weil im Falle der Verpackung nach P 650 ja keine weiteren Auflagen des ADR mehr zu beachten sind. Ladungssicherung regelt sich dann nur nach StVO.


Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf während der Arbeitszeit.
Re: UN 3373: Wer ist Verpacker und Verlader? [Re: Bergmannsheil] #28009 17.12.2019 15:38
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cmkurier Offline
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Hallo,

eine Frage mit der ich mich schon geraume Zeit beschäftige und hoffentlich beantworten kann.

Die Arztpraxis übergibt dem Laborkurier die befüllten Primargefäße (i. d. R. in einem Beutel mit UN 3373 Kennzeichnung), damit dieser am Fahrzeug die Verpackung nach P650 herstellt. Der Beutel selbst stellt, selbst wenn er flüssigkeitsdicht ausgeführt ist, nicht die Sekundärverpackung gem. P650 dar; diese ist nämlich innerhalb der Transportkiste (also der Außenverpackung gem. P650) im Fahrzeug.
Das Probenmaterial verlässt die Praxis also unverpackt, was auch zulässig ist, da der Fußweg zwischen Praxis und Fahrzeug als "zulässige Vorbereitungshandlung im Rahmen des Verpackens" (BLFA-GG) und nicht bereits als Teil der Ortsveränderung bewertet wird. Wenn der Fußweg aber nur eine Vorbereitungshandlung darstellt, ist klar, dass die Praxis zunächst nichts mit dem Verpacken zu tun hat, sondern der Fahrer diese Funktion übernimmt.
Die Praxis "befüllt" aber die Primärgefäße; das reine Befüllen dieser Primärgefäße bringt die Praxis zunächst ebenfalls nicht in die Haftung. Oder doch? Wie war das noch mit dem "flüssigkeitsdicht" und dem Standhalten eines Innendrucks von 0,95kpa ohne Flüssigkeitsaustritt in der P650? Es muss also Klarheit bestehen, wer für die Einhaltung dieser Vorgabe verantwortlich ist. Kann sich der Fahrer in seiner Funktion als Verpacker blind darauf verlassen, dass die Praxis nur Primärgefäße verwendet, die diese Anforderungen der P650 erfüllen? In der Regel ja, da das Empfängerlabor, diese der einsendenden Praxis mit der Maßgabe zur Verfügung stellt, dass diese zu verwenden sind. Somit kommen alle Verpackungsbestandteile vom Empfängerlabor, für das der Fahrer als Laborkurier tätig ist. Die Verantwortung für die Verpackungsauswahl und den Verpackungsvorgang liegt somit in einer Hand - dem Empfängerlabor. Das Empfängerlabor ist somit alleiniger Verpacker.

Nun fährt das Empfängerlabor nicht immer selbst, sondern beauftragt Unternehmen mit der Durchführung der Abholungen. Was dann? Sind die Verträge ordnungsgemäß und richtig erstellt, dann wird das befördernde Unternehmen formal nicht nur als Beförderer sondern auch als Verpacker beauftragt und es kommt zu einer geteilten Verantwortung zwischen dem auftraggebenden Labor (für die Verpackungsbestandteile) und dem Beförderer (für den Verpackungsvorgang).

Unter diesen Umständen (die Betonung liegt auf "diesen Umständen") kann die Praxis auch nicht Verlader sein, sondern nur der Fahrzeugführer.

Zwischenzeitlich werden diese Fragen zunehmend auch zwischen Einsendern, Laboren und Beförderern vertraglich bzw. mit entsprechenden Übernahmeregelungen klar gestellt. Dies ist auch sinnvoll und geht soweit, dass das Empfängerlabor als Absender definiert wird und die Praxis somit zum Auftraggeber des Absenders (wegen der Verantwortung für die Klassifizierung als UN3373) wird.
Im Frühjahr wurden im Rahmen einer Fahrzeugkontrolle massive Verstöße gegen die P650 festgestellt. Das für eine P650-konforme Verpackung erforderliche Material befand sich im Fahrzeug, die Rolle der Beteiligten war im Vorfeld fixiert worden und so wurde der nachgewiesenermaßen geschulte Fahrzeugführer zum alleinigen Bußgeldzahler (Fahrzeugführer, Verpacker und Verlader).

Grüße
Thomas


Ruhig Blut...kommt sicher an
Re: UN 3373: Wer ist Verpacker und Verlader? [Re: cmkurier] #28026 20.12.2019 12:00
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Bergmannsheil Offline OP
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Methusalem
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Hallo Thomas,

die von dir beschriebene Praxis ist die allgemein gebräuchliche.

Als Verpacker würde ich das Labor ansehen, selbst wenn der Kurierfahrer erst die starre Außenverpackung mitbringt, wie üblich.
Verpacker ist nach § 2 Nr. 4 GGVSEB "das Unternehmen, das die gefährlichen Güter in Verpackungen ... einfüllt oder die Versandstücke zur Beförderung vorbereitet. Verpacker ist auch das Unternehmen, das gefährliche Güter verpacken lässt...".
Das gefährliche Gut ist in diesem Fall die Probe, die in der ersten Verpackung (Monovette, Braunüle oder Sputumbecher) und der zweiten Verpackung (ZIP-Beutel) verpackt ist.
Das Labor lässt dann das Kurierunternehmen das Ganze in die Außenverpackung verpacken.
Ab der Sekunde, wenn die Gesamtverpackung nach P 650 fertig ist, gilt SV 319: "Stoffe, die in Übereinstimmung mit der Verpackungsanweisung P650 verpackt bzw. gekennzeichnet sind, unterliegen keinen weiteren Vorschriften des ADR."
Die Frage nach Verlader, Absender und Auftraggeber des Absenders stellt sich daher nicht mehr.

Bei Kontrollen wird fälschlicherweise gerne von der Kennzeichnung als UN3373 geschlossen auf die Anwendung des Gefahrgutrechts. Ich habe auch bereits ein Krankenhaus bei der Anhörung begleiten dürfen.
Meist fehlt es bei den Transporten an Ladungssicherung. Hier greift dann aber nur § 22 Abs. 1 StVO.

Zuletzt bearbeitet von Bergmannsheil; 20.12.2019 12:01.

Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf während der Arbeitszeit.
Re: UN 3373: Wer ist Verpacker und Verlader? [Re: Bergmannsheil] #28486 05.03.2020 07:46
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cmkurier Offline
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Hallo,

nach dem Motto "lieber spät als nie" noch ein Satz zu dem Thema:

Wenn bei einer Fahrzeugkontrolle (siehe Bild im Anhang) Verstösse gegen die P650 festgestellt werden, fliegt einem die SV319 um die Ohren und schon stehen die Fragen nach Absender, Verlader usw. im Raum.

Anhänge img_9243.jpg
Zuletzt bearbeitet von cmkurier; 05.03.2020 07:47.

Ruhig Blut...kommt sicher an

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